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Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Titel: Wehe Dem, Der Gnade Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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Türgriff in der Hand.
    »Jetzt ist Gefahr im Verzug«, brummte der Detective und riss die Tür auf.
    Lee folgte Butts ins Haus. Nach drei, vier Schritten waren sie am Ende des Flurs angelangt. Vor ihnen lag der ausgemergelte Körper eines Mannes.
    Er war neben der Treppe zusammengebrochen, klammerte sich an den unteren Teil des Geländers und versuchte wieder auf die Beine zu kommen. Mit der freien Hand wedelte er wild durch die Luft, damit ihm jemand half.
    Vorsichtig richteten Butts und Lee ihn wieder auf. Die spindeldürren Beine des Mannes wirkten viel zu schwach, um selbst einen so mageren Körper zu tragen. Sie stützten ihn und brachten ihn zu einem Sessel. Der Mann sah alt aus, war vielleicht um die siebzig, obwohl das schwer zu sagen war. In seinem Zustand hätte er auch zwanzig Jahre jünger sein können. Lee war ziemlich sicher, dass dies Eric McNamaras Vater sein musste.
    »Ich bin Detective Butts von der New Yorker Polizei«, sagte Butts sanft. »Und das ist Dr. Lee Campbell. Können Sie uns sagen, wo Ihr Sohn ist?«
    Der Alte öffnete den Mund, aber es kamen nur unverständliche Laute heraus.
    Lee sah, dass der Mann keine Zunge mehr hatte.
    »Verdammt«, murmelte Butts und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Gott verdammt noch mal!«
    »Mr McNamara?«, fragte Lee. »Sind Sie Mr McNamara?«
    Der alte Mann nickte heftig und umklammerte Lees Hand. Seine Haut fühlte sich an, als würde sie gleich von den Knochen fallen, sie war so dünn wie Reispapier.
    »Wissen Sie, wo Ihr Sohn ist?«
    McNamara schüttelte entschieden den Kopf und versuchte wieder zu sprechen, brachte aber wieder nur ein jämmerlich klingendes Gurgeln zustande.
    »Lebt er hier bei Ihnen?«, wollte Lee wissen.
    Mr McNamara nickte, nahm Lees Hand mit beiden Händen und brabbelte unzusammenhängend vor sich hin. Lee sah sich Hilfe suchend nach Butts um.
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns hier mal umsehen?«, erkundigte sich Butts.
    Der Alte schüttelte den Kopf und lächelte ihnen zu, wobei er dunkles Zahnfleisch und zahlreiche Lücken entblößte.
    »Sind Sie hungrig?«, fragte Lee.
    McNamara nickte und drückte Lees Hand noch fester.
    »Schauen Sie sich schon mal um«, sagte Lee zu Butts. »Ich mache ihm etwas zu essen.«
    »Das soll Diesel übernehmen«, widersprach Butts. »Wir beide müssen schleunigst das Haus absuchen.«
    Lee rief Diesel herein und bat ihn, McNamara etwas zu essen zu machen. Diesel sagte nichts, er war offensichtlich schockiert darüber, in welch schlimmem körperlichem Zustand Mr McNamara sich befand. Behutsam führte er ihn in die Küche und begann beruhigend mit ihm zu sprechen, während Butts und Lee die Treppe hinaufstiegen.
    »Dieser Eric muss unser Mann sein«, murmelte Butts, als er hinter Lee die Stufen erklomm. »Anders ist das hier alles nicht zu erklären.«
    Lee war seiner Meinung. Oben im ersten Stock wandte er sich nach rechts, und Butts folgte ihm zum ersten Zimmer auf der linken Seite. Außen war ein Schloss angebracht, das aber aus dem morschen Holz des Türrahmens gebrochen war. Offensichtlich war jemand in diesem Raum eingesperrt gewesen und ausgebrochen. Lee und Butts schauten sich an.
    »Herrgott, er hat seinen Vater eingesperrt!«, rief Butts.
    In dem Zimmer standen ein Bett, eine Kommode und ein Bücherschrank. Es sah nicht ungemütlich aus – auf dem Bett lag ein roter Quilt, und an der Wand hing ein gesticktes Bild von einem Schaukelstuhl über dem Home Sweet Home stand.
    Lee und Butts liefen den Flur hinunter zum nächsten Raum. Die Tür war verschlossen. Butts zog eine Kreditkarte aus der Jackentasche und öffnete sie in Sekundenschnelle. Lee stieß die Tür auf und ging hinein. Auf jedem Möbelstück stand eine Kerze – auf der Kommode, den Bücherregalen und dem kleinen Tisch vor dem Fenster.
    Doch es war ein Glasgefäß auf dem Bücherregal, das Lees Aufmerksamkeit erregte. Zögernd trat er näher. Und dann wusste er endlich zweifelsfrei, dass sie ihren Täter gefunden hatten.
    In dem Glas schwammen mehrere Augenpaare. Bei der Flüssigkeit darin handelte es sich wahrscheinlich um Formaldehyd, wie Lee vermutete.
    Er sah hinüber zu Butts. Zur Abwechslung war der Detective einmal sprachlos. Er starrte fassungslos auf das Glas.
    Jetzt kannten sie den Mörder. Nun mussten sie ihn nur noch finden.

KAPITEL 59
    Im hinteren Teil des kleinen Ladens fand Caleb, wonach er gesucht hatte. Er ging zur Kasse, um die beiden großen Flaschen Mineralwasser zu bezahlen. Aus langer

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