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Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Wehe Dem, Der Gnade Sucht

Titel: Wehe Dem, Der Gnade Sucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. E. Lawrence
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um seinen hilfsbedürftigen alten Vater. Und dann stand noch in der Akte, dass es in McNamaras Kindheit eine nicht näher beschriebene Tragödie gegeben hatte. Jetzt war Lees Aufmerksamkeit geweckt. Dr. Perkins war es nicht gelungen, der Sache auf den Grund zu gehen, aber es schien irgendetwas mit Wasser zu tun zu haben. Knapp erwähnt wurde auch ein Problem mit der Geschlechtsidentität. Vor zwei Wochen hatte Perkins sich nach einer Sitzung folgende Notiz gemacht:
     
    Hat transsexuelle Phantasien. Später nachhaken.
     
    Es gab noch jede Menge anderer Patienten, die in ihrer Phantasie Frauenkleider tragen wollten. Eric war aber nicht nur im richtigen Alter, sondern entsprach auch in allen anderen Punkten dem Täterprofil. In seiner Akte, genau wie in denen der anderen Patienten, waren Erinnerungen an frühere Leben dokumentiert. Hier allerdings wurde Perkins präziser und erwähnte eine Person namens Caleb, dessen Seele nun in Eric weiterleben sollte. Dieser Caleb sollte auf tragische Weise durch Wasser umgekommen sein. Wann genau er angeblich gelebt hatte und gestorben war, stand nicht in der Akte.
    »Hey, sehen Sie sich das mal an«, sagte Lee zu Butts und gab ihm McNamaras Akte.
    Butts sah sich die Akte an und reichte sie dann Lee zurück. »Caleb … war das nicht der Name auf der Rechnungsliste für Anas Töpfersachen?«
    »Sie haben recht!«, rief Lee. »Sie haben sich noch über den altmodischen Namen gewundert.«
    »Glauben Sie, das könnte unser Mann sein?«
    »Sehen Sie sich nur die Übereinstimmungen mit dem Täterprofil an. Das Alter stimmt, es gibt Hinweise auf transsexuelle Neigungen – und dann das hier …« Lee zeigte auf einen Eintrag von Perkins:
     
    Kindheitstrauma … Patient verweigert diesbezüglich jegliche Auskunft. Eine Tragödie, die so verstörend war, dass er sie komplett aus seiner Erinnerung ausgeblendet hat oder zumindest auf keinen Fall darüber sprechen will. Ist jemand ertrunken? Jemand, den er geliebt hat?
     
    Butts sah Lee an. »Interessant, interessant«, sagte er leise. »Leider musste der gute Doktor erst sterben, damit wir das hier finden konnten.«
    Officer Anderson hielt es nicht mehr aus. »Was gefunden?«, rief er und zappelte fast vor Aufregung. »Haben Sie den Mörder?«
    »Vielleicht«, sagte Lee.
    Anderson wollte sofort sehen, was sie entdeckt hatten. In seiner Eile verfing sich sein Fuß an der Kante des Perserteppichs. Der Officer stolperte.
    »Hey, aufgepasst! Verwischen Sie keine Sp–«, rief Butts, unterbrach sich aber mitten im Wort und starrte auf die Teppichkante. An einer Ecke war sie umgeschlagen und gab den Blick auf den darunter liegenden Boden frei. »Augenblick mal«, sagte Butts, als Anderson sich wieder gefangen hatte und den Teppich in Ordnung bringen wollte.
    »Was ist los?«, wollte Lee wissen.
    »Keine Ahnung, aber irgendwas an dem Boden ist merkwürdig«, antwortete Butts.
    Lee betrachtete die Stelle, die Anderson versehentlich freigelegt hatte. Die Maserung des Holzes wurde dort unterbrochen. Er ging hin, um die Stelle genauer zu untersuchen. Da war ein kleines Loch, in das man seinen Finger einhaken konnte – ein Geheimfach. Lee sah Butts an. Der grinste.
    »Denken Sie, was ich denke?«, fragte Lee.
    »Was ist denn da?« Anderson vibrierte vor Aufregung. »Ist dort was versteckt?«
    »Der gute Doktor hatte wohl ein paar Sachen, von denen niemand was wissen durfte«, sagte der Detective. Als er sich hinkniete, knackten seine Gelenke. Dann schob er einen knubbeligen Finger in das kleine Loch. Die Klappe ließ sich leicht öffnen.
    Die drei starrten in die Öffnung. Unter dem Boden befand sich ein quadratisches Fach. Darin lag eine Videokamera, ein Stapel Kassetten und ein Abspielgerät.
    »Treffer«, sagte Butts leise.
    Lee wurde mulmig. Welche Geheimnisse verbarg der exzentrische Martin Perkins hier vor der Welt – und vor seiner Schwester?
    Vorsichtig holte Butts, der noch immer Handschuhe trug, die Kassetten heraus. Jede einzelne Kassette war mit einem anderen Namen beschriftet. Zwei Bänder waren von besonderem Interesse: auf dem einen stand ANA, auf dem anderen CALEB.
    »Worauf zur Hölle warten Sie«, fuhr Butts Anderson an, der nur dastand und ihren Fund anstarrte. »Schließen Sie das Gerät an, damit wir uns die verdammten Dinger ansehen können.«
    »Womit sollen wir anfangen?«, fragte Lee, als das Gerät einsatzbereit war.
    »Ich bin gespannt auf diesen Caleb«, antwortete Butts. »Nehmen wir den zuerst?«
    Anderson drückte

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