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Wehe wenn der Wind weht

Wehe wenn der Wind weht

Titel: Wehe wenn der Wind weht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Kind. Geh nach oben und komme erst wieder hinunter, wenn dich jemand holt.«
    Christie rannte die Stiegen empor und war wie benommen von dem, was sie gerade gehört hatte.
    In der Kinderstube versuchte sie den Lärm der sich streitenden Frauen zu überhören, aber es war unmöglich. Zuerst hörte sie Dianas Stimme, die unverständlich schrie, und dann Miß Edna, deren Stimme leiser, aber irgendwie sogar noch erschreckender war.
    Christie steckte sich die Finger in die Ohren, doch der Lärm drang noch immer zu ihr. Sie legte sich auf das Bett und zog sich das Kissen über den Kopf. Doch das nützte auch nichts.
    Als die Auseinandersetzung zwei Etagen unter ihr weiter tobte, legte sie ihre Kleider ab und zog den Schlafanzug an. Sie ergriff den Teddybär, der an der Wand neben dem Bett lehnte und stieg in das Kinderbett.
    In dem Kinderbett fühlte sie sich besser, sicherer - gerade so, als ob ihr in dem winzigen Bett mit seinen vier zaungleichen Gitterwänden nichts passieren könnte.
    Sie lag sehr still da, den Bären gegen ihre Brust gedrückt und versuchte, den Lärm, der das Haus erfüllte, nicht zu hören.
    Ihre Mutter.
    Sie wollte an ihre Mutter denken.
    Wenn sie noch ein Baby wäre, dann würde ihre Mutter noch bei ihr sein, und nichts von all dem würde passieren.
    Sie steckte den Daumen in ihren Mund und begann, daran zu lutschen.
    Auch das spendete ihr einen gewissen Trost.
    Über ihr schwang ein schlaffer Papiervogel langsam am Ende einer Schnur.
    Irgendwo tief in ihrem Gedächtnis regte sich eine verschwommene Erinnerung. Als sie ein Baby war, hatte ein Vogelmobile über ihrer Wiege gehangen.
    Sie konnte sich erinnern, stundenlang den sich langsam in Kreisen drehenden Vögeln zugeschaut zu haben. Christie zog ihre Beine dichter an sich und drückte den Teddybären noch fester an ihre Brust.
    Während sie den über ihr schwebenden Vogel betrachtete, begann sie, die Gegenwart zu vergessen.
    Ja, die Dinge waren vor langer Zeit viel schöner gewesen, als sie noch ein Baby war.
    Ihre Mutter war damals bei ihr gewesen, und alles war gut gewesen.
    Wenn sie doch nur noch ein kleines Baby wäre ...
    Stunden später schlich sich Diana in die Kinderstube und blickte auf das schlafende Kind hinab.
    »Christie?« flüsterte sie.
    Christie bewegte sich im Schlaf und nahm den Daumen aus ihrem Mund.
    Diana berührte Christies Hand.
    Die Hand schloß sich um ihren Finger.
    »Baby? Bist du wach?«
    Wieder rührte sich Christie, doch diesmal öffnete sie ein wenig ihre Augen.
    »Mama?« fragte sie leise.
    »So ist es gut, Liebling«, summte Diana. »Es ist deine Mama.«
    Sie nahm Christie hoch und ging mit ihr dann zum Bett.
    Das Kind in ihren Armen haltend, setzte sie sich hin und wiegte es sanft.
    »Mama?« Christies Augen blinzelten zu ihr hoch. »Mama, geh nicht weg.«
    »Das werde ich nicht«, flüsterte Diana. »Deine Mama wird dich nie wieder allein lassen.«
    Christie noch immer in ihren Armen haltend, erhob sich Diana wieder und verließ die Kinderstube. Sie ging die Hintertreppe zum zweiten Stock hinunter und bewegte sich über den Korridor.
    Als sie vor dem Zimmer ihrer Mutter war, blieb sie stehen.
    »Kleine Mädchen verlassen ihre Mama doch nie, nicht wahr?« fragte sie, wobei sie die geschlossene Tür ansah. Dann beantwortete sie ihre eigene Frage. »Nein, das tun sie niemals. Sie bleiben für immer bei ihrer Mama, und sie werden nie erwachsen.«
    Sie ging über den Korridor zu ihrem eigenen Zimmer, schlüpfte hinein und schloß hinter sich die Tür.
    »Ihre Mamas lassen sie nämlich nicht weg«, flüsterte sie, während sie Christie auf ihr Bett legte und die Decken über das halb schlafende Kind breitete.
    Nachdem sie das getan hatte, stieg sie ebenfalls ins Bett, und Christie kuschelte sich an ihre Seite.
    Einen Augenblick darauf schlief sie.
    Am anderen Ende des Korridors öffnete sich Edna Ambers Tür, und sie schaute in den jetzt leeren Korridor.
    Draußen konnte sie den Wind heulen hören.
    Sie wußte, daß Diana vor einem Augenblick vor ihrer Tür gewesen war und etwas gesagt hatte.
    Aber was hatte sie gesagt?
    Der Wind hatte ihre Worte übertönt.

15
     
    »jeff?«
    Jeff Crowley blickte von seinem Frühstück auf. Der Gesichtsausdruck seines Vaters war seltsam. Es war ein Gesichtsausdruck, der Jeff nicht vertraut war, aber eine ältere Person hätte ihn als spöttisch erkannt.
    »War's gestern schön, draußen bei den Ambers?«
    Jeff nickte. »Es war wirklich nett. Miß Diana ist mit uns zum Bergwerk

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