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Wehrlos: Thriller

Wehrlos: Thriller

Titel: Wehrlos: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elena Sender
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zu vermeiden. Und das alles nur aus dem einzigen Grund, weil diese neuen Normwerte eine Fortsetzung der Warenproduktion auf Erdölbasis verhindern würden.
    Rachel überflog das sechzig Seiten starke Dokument. Sie vertiefte sich in das Universum von Reed Industries, der Tochterfirmen, der Organisationen, Stiftungen und der Politiker, die von der Firma mehr oder weniger direkt finanziert wurden und Gegenwahrheiten zur Klimawissenschaft und zur Entwicklung erneuerbarer Energien verbreiteten. Ihr Bericht enthielt ein Kapitel über Vater und Sohn Reed, die auf der Liste der zehn reichsten Amerikaner standen und die Ausgaben der Firmengruppe im politischen Bereich kontrollierten.
    Wenn ein solches Dokument im richtigen Augenblick lanciert würde, das heißt an dem Tag, an dem über die Vergabe des amerikanischen Solargeschäfts entschieden wurde, bestünden gute Aussichten, den Zuschlag zum Scheitern zu bringen. Welche Regierungskommission würde schon einen Scheck in gewaltiger Höhe zugunsten eines Konzerns ausstellen, der öffentlich als Anführer der Antiökobewegung angeprangert wurde?
    Im Einzelnen erfuhr man in dem Papier, dass Reed Industries zwischen 2004 und 2009 den klimaskeptischen Gruppierungen finanzielle Unterstützung von zwanzig Millionen Dollar hatte zukommen lassen. Oberstes Ziel all dieser Manöver war es, einen echten Gegenangriff auf die Klimaschützer zu starten, die auch als »Klimahysteriker« bezeichnet wurden, um die politische Debatte anzuheizen.
    Rachel beendete die Lektüre des Berichts – eine medienwirksame Bombe, wenn er im richtigen Augenblick veröffentlicht wurde. Der richtige Augenblick würde exakt in zehn Tagen kommen, am 2 . September 2010 , denn an diesem Tag würde die Sola ï a-Kommission den Auftrag für das Superprojekt eines Sonnenenergiekraftwerks vergeben, den Reed über die soeben übernommene Tochterfirma Solar Konsortium an Land ziehen wollte. Mit einem Volumen von 1 , 9 Milliarden Dollar handelte es sich um den größten Auftrag, den das amerikanische Energieministerium je vergeben hatte. Geplant war der Bau des weltweit bedeutendsten Sonnenenergiekomplexes mit einer Produktion von bis zu eintausend Megawatt – eine Energiemenge, die ausreichen würde, um damit dreihunderttausend bis siebenhundertfünfzigtausend Haushalte zu versorgen!
    Aber Rachel und Peter würden das Verhalten von Hannibal und Henry Reed entlarven und somit verhindern, dass sie sich diesen Vertrag an Land zögen. Sie würden dafür sorgen, dass sich die Großindustriellen nicht einerseits ein ökologisches Image verschafften, während sie andererseits gegen die Umweltgesetze verstießen.
    Rachel faltete das letzte Blatt ihres Ordners auseinander, ein Papier im DIN -A 3 -Format, und heftete es mit einem Klebestreifen in die Mitte der Wand. Sie hatte darauf ein riesiges Organigramm des Einflussbereichs von Reed Industries, seinen Firmen, Lobbyinggruppen und politischen Unterstützern in aller Welt gezeichnet. In der Mitte des Netzes befanden sich Vater und Sohn, Hannibal und Henry Reed.
    Sie betrachtete die komplexen Verzweigungen und versuchte, sich an jedes Wort der Frau im Bella Center zu erinnern. Diese hatte gesagt, sie habe einen Chef, einen Dänen, der für Reed arbeite. Wer könnte das sein? Mehrere Minuten prüfte Rachel jedes Element der Verzweigung. Es gab keine dänische Tochterfirma, keinen Kontakt nach Dänemark. Sie ging ins Internet. Jeden Zentimeter des Netzes würde sie erforschen, um die Verbindung herauszufinden. Du wirst mir jetzt sagen, wer dein Kontakt hier bei uns ist.

KAPITEL NEUN
    24. August. 6.45 Uhr
    Als der Radiowecker ertönte, wurde Rachel aus einem unruhigen Schlaf gerissen. Sie ging duschen, ehe Sacha aufwachte. Der heiße Wasserstrahl stach wie mit tausend Nadeln in ihren Rücken. Nach einer Weile drehte sie die Mischbatterie auf »kalt« und stieß erst einen Schrei und dann einen Laut des Wohlbehagens aus.
    Nachdem sie sich abgetrocknet hatte, stand sie lange unschlüssig vor ihrem Schrank und entschied sich schließlich für ein der Jahreszeit angemessenes Outfit. Ein leichtes weißes Kleid mit kleinen blauen Blümchen. Der Kontakt mit dem luftigen Stoff verschaffte ihr sofort ein angenehmes Gefühl. Eine marineblaue Strickjacke und Stoffturnschuhe, die zum Radfahren praktisch waren, würden das Ganze komplettieren. Die Sonne schien in das Wohnzimmer und vertrieb die letzten Spuren der Müdigkeit. Ein schöner Tag begann, und sie würde sich nicht einschüchtern

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