Wehrlos vor Verlangen
konnte sich nicht konzentrieren. Unruhig legte sie das Buch zur Seite und starrte erwartungsvoll zur Terrassentür. Ihr Puls beschleunigte sich, als Thanos bei den Flügeltüren auftauchte. Stumm nickte er grüßend und ging zurück in die Suite. Ebenso stumm erhob sie sich und folgte ihm hinein – wie eine Marionette, die von unsichtbaren Fäden gezogen wurde.
Als Tahlia bei der Schlafzimmertür ankam, lag Thanos bereits nackt auf dem Bett, ausgestreckt wie ein Sultan, der seine Lieblingskurtisane erwartete. Und das war alles, was sie für ihn war, rief sie sich in Erinnerung. Doch seit er sie zu seiner Mätresse gemacht hatte, behandelte er sie respektvoll und aufmerksam, und mit jedem Tag geriet sie tiefer in seinen Bann.
Es war albern, dass sie noch immer Scheu vor ihm verspürte, obwohl er doch jeden Zentimeter von ihr genauestens kannte. Dennoch brachte sie es nicht über sich, den Bikini auszuziehen oder zu ihm zu gehen.
„Komm her“, forderte er sie auf, und seine samtene Stimme jagte ihr prickelnde Schauer über den Rücken.
Zusammen feierten sie ein Fest der Sinnlichkeit. Hinterher lag Tahlia matt in seinen Armen. Sie wusste, gleich würde er unter die Dusche steigen, sich wieder anziehen und zu einem weiteren seiner endlos dauernden Meetings gehen. Doch zu ihrer Überraschung stützte er sich auf einen Ellbogen auf und schaute auf sie herunter.
„Also, was hast du heute alles gemacht?“
Erstaunt über sein unerwartetes Interesse hob sie den Blick. „In der Sonne gesessen, gelesen, geschwommen, in den Schatten umgezogen, als es zu heiß wurde … das Gleiche wie jeden Tag.“ Die leichte Frustration in ihrer Stimme war nicht zu überhören.
„Du könntest auch einkaufen gehen. In der Stadt gibt es ein paar nette Designerboutiquen. Ich gebe dir so viel Geld, wie du brauchst. Das habe ich dir doch schon gesagt.“
„Und ich habe dir gesagt, dass ich dein Geld nicht annehme. Außerdem hast du mehr als genug für mich eingekauft. Ich brauche nichts.“
„Die meisten Frauen, die ich kenne, kaufen Kleidung nicht, weil sie sie brauchen“, erwiderte er trocken.
„Offensichtlich bin ich nicht so wie die meisten Frauen, die du kennst.“
Ihr schnippischer Kommentar amüsierte und frustrierte ihn zugleich. Er hatte sie jetzt jede Nacht geliebt – und die meisten Nachmittage –, er kannte jede Rundung und jedes versteckte Grübchen an ihrem Körper, doch ihre Gedanken hielt sie starrsinnig vor ihm verschlossen. Heute hatte er nicht mehr Ahnung, wer die echte Tahlia Reynolds war und was sie antrieb, als vor einer Woche.
Träge strich er mit den Fingerspitzen von ihrer Brust bis zu ihren Schenkeln und hörte zufrieden, wie sie den Atem einsog, als er die Hand zwischen ihren Schoß gleiten ließ. „Wenn dir langweilig ist, muss ich mir wohl mehr Zeit nehmen, um dich zu unterhalten, oder?“, meinte er feixend.
„Es ist menschlich unmöglich, noch mehr Sex zu haben als jetzt schon. Aber wenn ich weiter in der Sonne sitze, werde ich noch frittiert.“ Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht. „Gibt es denn keine Arbeit in deiner Firma, die ich erledigen könnte? Korrespondenz, Ablage, Telefondienst … Mir ist gleich, was es ist, solange ich nur etwas zu tun habe. Ich habe immer gearbeitet, ich bin nicht daran gewöhnt, den ganzen Tag untätig herumzusitzen.“
Tahlia war ganz anders als die Frau, die er für den Unfall seiner Schwester verantwortlich gemacht hatte. In den langen Stunden an Melinas Krankenbett hatte er Tahlia und die herzlose zweite Frau seines Vaters zu einer Person verschmelzen lassen, und sein Hass auf Tahlia war täglich mehr gewachsen. Doch in der vergangenen Woche hatte er entdeckt, dass Tahlia nichts mit jener kalten, hartherzigen Frau gemein hatte. Unter dem sanften Äußeren verbarg sich ein ungemein heißblütiges Temperament, sie behandelte sein Personal mit ausgewählter Höflichkeit, war freundlich und nett und die großzügigste Liebhaberin, die er kannte.
Niemals hätte Thanos damit gerechnet, dass er sie mögen würde. Doch zu seiner eigenen Überraschung hatte er sich in den letzten Tagen mehrfach dabei ertappt, dass er an Tahlia dachte anstatt an Profitmargen, und zum ersten Mal in seinem Leben würde er die Arbeit lieber Arbeit sein lassen, um Zeit mit Tahlia zu verbringen.
Er stand auf, sammelte seine Sachen zusammen, die er im Eifer achtlos auf den Boden geworfen hatte, und blieb auf dem Weg ins Bad noch einmal stehen, um sie anzusehen. Ihr Haar glänzte
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