Wehrlos vor Verlangen
hatte das Gefühl, in den letzten sechs Monaten um zehn Jahre gealtert zu sein.
Nachdem er gezahlt hatte, führte er Tahlia aus dem Restaurant. Hand in Hand schlenderten sie am Hafen entlang. „Wir setzen mit meiner Jacht nach Santorin über. Ich treffe mich mit dem Manager des Astraea, aber das dürfte nicht allzu lange dauern. Danach haben wir den ganzen Tag für uns.“
Lies nicht zu viel hinein, mahnte Tahlia sich in Gedanken. Thanos war einfach nur nett und bot ihr eine Pause an. Trotzdem konnte sie die Aufregung bei der Vorstellung, einen ganzen Tag mit ihm zu verbringen, nicht unterdrücken. In den letzten beiden Wochen hatten sie nur abends ein paar Stunden miteinander verbracht, wenn sie zum Dinner ausgingen und danach wieder in die Suite zurückkehrten, um sich zu lieben, bis sie beide erschöpft waren.
„Möchtest du noch in einen Club gehen oder zurück zum Artemis?“, fragte er, als sie an einem der vielen Nachtclubs der Insel vorbeikamen.
Ob sie zügellos erschien, wenn sie ihm gestand, dass sie lieber in die private Abgeschiedenheit der Suite zurückkehren würde? Das Glitzern in seinen Augen sagte ihr, dass er ihre Gedanken gelesen hatte. Sie lächelte. „Ich würde lieber zum Hotel zurückgehen.“
„Bist du müde?“
„Nein, überhaupt nicht.“
Sein Lachen klang tief und kam von Herzen. „Dann sollten wir besser früh zu Bett gehen, agape mou . Komm, laufen wir am Strand entlang.“
Sie zogen sich die Schuhe aus. Thanos krempelte die Hosenbeine hoch. Arm in Arm wanderten sie unter dem nachtschwarzen Himmel am Wasser entlang. Nein, sie würde sich nicht von Mondschein und Sternen verführen lassen, nahm Tahlia sich fest vor. Thanos war ein charmanter Begleiter, sie hatten jedes Dinner miteinander genossen, und der Sex war großartig. Aber Thanos bedeutete ihr nichts.
Doch als er stehen blieb, sie in seine Arme zog und küsste, da wusste sie, dass sie sich nur etwas vormachte. In den letzten Wochen waren sie zu Freunden geworden und zu einem Paar. Sie hatten viele gemeinsame Interessen entdeckt, und sein trockener Humor brachte sie oft zum Lachen. Sein Verlangen nach ihr war ebenso groß wie ihres nach ihm.
„Heute Abend bist du meilenweit weg von mir“, murmelte er, als er den Kopf hob. „Woran denkst du?“
Wie leer mein Leben ohne dich sein wird. Und wie groß meine Angst ist, dass ich mich in dich verliebe . „Ich musste an Melina denken.“ Das war nicht komplett gelogen. Der Gedanke an Melina spukte in Tahlias Kopf, seit die junge Griechin sie und James zusammen in dem Hotelzimmer überrascht hatte. Sie spürte, wie Thanos sich versteifte, aber da er nichts sagte, fuhr sie fort: „Ich würde ihr gern schreiben, ihr erklären … Ich wollte sie niemals verletzen. Hätte ich von ihr gewusst, hätte ich mich nie mit James eingelassen. Er hat uns beide getäuscht. Ich würde alles tun, könnte ich die Ereignisse ändern. Ich möchte ihr gern sagen, wie leid mir alles tut.“ Kein Laut durchbrach die nächtliche Stille. „Habe ich dich verärgert?“, flüsterte sie, als sie sein Schweigen nicht mehr ertrug.
„Nein, ich bin nicht verärgert über dich.“ Seine Wut richtete sich einzig gegen sich selbst, weil er sie so falsch beurteilt hatte. Sie dagegen hatte ihn nicht verurteilt, verachtete ihn nicht für die Art und Weise, wie er sie behandelte. Ihr Großmut beschämte ihn. Irgendwie war sie durch seinen Schutzwall geschlüpft, und er hatte nicht die geringste Vorstellung, wie er damit umgehen sollte.
„Ich habe Melina schon alles erklärt, und ich glaube, sie würde gern von dir hören. Ich werde dir ihre Adresse in der Klinik geben.“
„Danke“, flüsterte sie an seinen Lippen, als er ihren Mund unendlich zärtlich in Besitz nahm.
Verlieb dich nicht in ihn, mahnte ihr Kopf. Doch ihr Herz wusste, dass die Warnung zu spät kam.
Die Leandros war eine Dreißig-Meter-Jacht und so luxuriös ausgestattet, dass es Tahlia die Sprache verschlug, als Thanos sie herumführte. Und dass er in der abgeschnittenen Jeans und dem schwarzem T-Shirt so unglaublich sexy aussah, ließ sie so oder so dahinschmelzen.
„Fährst du oft mit ihr raus?“, fragte sie mit einem strahlenden Lächeln.
„Nicht so oft, wie ich gern möchte. Meine Arbeit lässt mir leider nicht viel Zeit dazu.“ Er setzte sich und streckte die langen Beine vor sich aus. „In einer knappen halben Stunde erreichen wir Santorin. Hast du die griechischen Inseln schon einmal besucht?“
Sie schüttelte den
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