Weiberabend: Roman (German Edition)
undone« (jederzeit gern, Robbie).
»Wir haben vielleicht nicht alles unter Kontrolle«, sagt Fiona, »aber haben wir nicht die Verantwortung, uns zumindest zu bemühen, die bestmögliche Umgebung für unsere Kinder zu schaffen?«
Ich nicke. Tam ebenfalls. Verantwortung. Krebs ist das einzige andere Wort, bei dem ich innerlich so zusammenzucke. Verantwortung für das Wohl unserer Kinder. Ihre Sicherheit. Ihre seelische Gesundheit. Wenn unsere Kinder eine lebensbedrohliche Krankheit haben, sollten wir das lieber bemerken. Nein, noch besser ist es, sich einen Vorsprung zu verschaffen und schon die frühesten Anzeichen zu erkennen. Es liegt bei uns als Müttern, sich um die fiebrigen Infektionen, die Wut und die Verletzungen zu kümmern, mit der diese Welt unsere Kinder treffen wird. Wenn wir nicht achtsam genug sind, oder abgelenkt von allem möglichen, einem unhöflichen Bankangestellten oder der hässlichen Scheidung unserer besten Freundin, werden unsere Kinder leiden. Sie könnten sogar sterben. CJs Liam ist mit fünf Monaten beinahe erstickt, als sie ihn allein ließ, sicher auf dem Boden mit einem Baby-Gym über ihm. Sie stand unter der Dusche, als sie ein Würgen hörte, aus dem Bad stürzte und entdeckte, dass er ein Bein des Baby-Gyms hochgehoben und sich in den Mund gestopft hatte. Das Leben unserer Kinder und das Versprechen, das in ihrer Unschuld liegt, hängen von unserer niemals erlahmenden Wachsamkeit ab, von den Entscheidungen, die wir für sie treffen, und den Opfern, die wir um ihretwillen bringen.
Manchmal spüre ich einen beinahe erstickenden Schmerz in der Brust, wenn ich an die größten Entscheidungen denke, die wir je getroffen haben. Da war dieser Augenblick der Klarheit, der unser aller Schicksal eine neue Wendung gab und den Lauf unseres Lebens für immer veränderte. Jamie war damals erst 18 Monate alt. Uns war bewusst, dass Vergewaltigungen in Südafrika an der Tagesordnung sind, aber nicht, wie nah bei uns. Wenige Augenblicke, nachdem ich erfahren hatte, dass Leah, meine beste Freundin, überfallen und von mehreren Männern vergewaltigt worden war, stand ich vor Jamies Bettchen, von Schluchzen geschüttelt. Jedes Mal, wenn ich ihre Windel wechselte und ihre winzige Vulva abwischte, überwältigte mich die Trauer um das, was diese Männer geraubt hatten – nicht nur meiner wunderschönen Freundin, sondern auch der Unschuld und Reinheit meiner ganzen Welt. Drei Jahre später saßen Frank und ich im Flugzeug nach Australien, wie betäubt von unseren enttäuschten Hoffnungen, dass »sich in Südafrika alles bessern« würde. Frank war ein paarmal zu oft nach Hause gekommen und hatte mich dabei ertappt, wie ich weinte, weil die Zeitungen von einem weiteren vergewaltigten Baby berichtet hatten. »Du darfst das nicht so persönlich nehmen«, sagte er dann und versuchte, mich zu trösten. Spät in der Nacht, wenn die Angst am schlimmsten war, flüsterte ich Frank zu: »Bring uns hier raus.« Und das tat er auch.
Wir haben für unsere Kinder ein Leben gewählt, in dem Großeltern, Tanten, Cousins und Cousinen fehlen, weil ich nicht mit meiner Angst um ihre Sicherheit leben konnte. Sosehr wir das Land und seine Menschen liebten, die in Südafrika herrschende Gewalt war ein zu großes Risiko – ob für meine Kinder oder meine geistige Gesundheit, konnte ich nicht recht sagen. Erfüllt von einer Trauer, von der ich glaubte, ich würde sie nie überwinden, packten wir unser Leben ein, gaben unsere hoch bezahlten Jobs auf, unser fantastisches Kindermädchen (und ihre ganze Großfamilie, die wir mit unterstützten), unser Land, unsere Nationalhymne und unsere Heimat. Um der Kinder willen.
Niemand hat mich vor der Depression gewarnt, die mich als Immigrantin in einem fremden Land überkommen würde, das doch so tröstlich sicher war. Um hierherzukommen, opferte ich mein hart erarbeitetes Selbstgefühl als angesehene Anwältin auf meinem Fachgebiet, Gleichberechtigung und Frauenrechte, damit unsere Kinder im gelobten Land der niedrigen Gewaltverbrechensrate aufwachsen. Afrika war meine Heimat, mit all seinen Verheerungen, mit Aids, Armut und seiner qualvollen Geschichte der Apartheid. Und wie ein Kind, das aus den verheerenden Zuständen in seiner gewalttätigen Familie gerettet wird, sehnte ich mich immer noch nach der Vertrautheit meines gestörten Zuhauses. Meine wohlgeordnete, kultivierte Pflegefamilie unterstrich nur noch die brutale Fremdheit.
Ich war völlig reduziert (aber nicht im
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