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Weiberabend: Roman (German Edition)

Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
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angerichtet.«
    »Ja, Handys sind wirklich nicht gut für das Gehirn, all diese elektromagnetische Strahlung«, bestätigt Tam.
    »Das ist immer noch umstritten«, wirft Liz ein.
    »Was sind der zweite und dritte Faktor?«, frage ich.
    »Der zweite Faktor ist zu geringe Flüssigkeitszufuhr. Die Wissenschaftler sagen, man müsse reichlich Wasser trinken, um sicherzustellen, dass das Gehirn immer mit ausreichend Liquor umspült wird.« Das erklärt wohl Tams Ausflug in die Küche. Ich nehme an, im Lauf des Abends wird sie den Wasserhahn noch öfter aufsuchen. Vielleicht sollte ich mittrinken. Ich hoffe ja immer, dass irgendjemand mal einen motivierenderen Vorschlag macht, beispielsweise: Essen Sie mehr Pommes oder trinken Sie mehr Rotwein. Nehmen Sie mindestens einen Erdbeer-Daiquiri pro Tag zu sich. »Und Nummer drei?«, frage ich in der Hoffnung auf eine umwerfende Erkenntnis.
    »Künstlicher roter Farbstoff in Lebensmitteln.«
    »Du machst wohl Witze«, mischt Helen sich ein, mit einem hochbeladenen Teller in der einen und einer Gabel in der anderen Hand. »Wer nimmt denn so viel künstlichen roten Farbstoff auf, dass der sich überhaupt auswirken kann?«
    »Und warum nur rot?«, frage ich. »Was ist mit den blauen, gelben und grünen Smarties?«
    »Meine Kinder trinken dieses rote Sirupzeug eimerweise«, mischt sich Liz nun in die Unterhaltung ein.
    »Das ist nicht gut«, sagt Tam. »Dieses Zeug ist pures Gift.«
    »Du willst doch nicht ernsthaft behaupten, dass ich mir bei all den künstlichen Geschmacksverstärkern und Konservierungsmitteln, dem Passivrauchen, der Umweltverschmutzung, der UV-Strahlung und sonstigen Umweltgiften, mit denen unsere Kinder in Kontakt kommen, einzig und allein Sorgen darum machen muss, wie viel roten Sirup sie trinken?«, schnaubt Liz verächtlich.
    »Das ist wissenschaftlich erwiesen«, sagt Tam. »Und zumindest eine Sache, die du kontrollieren kannst.«
    »Das ist Blödsinn, Tam«, sagt Liz. »Wir können gar nichts kontrollieren. Kontrolle ist eine Illusion. Darüber solltest du vielleicht mal nachdenken. Und du auch, CJ«, sagt sie mit einem Nicken in CJs Richtung. »Migräne kommt oft von dem Zwang, alles kontrollieren zu wollen. Du musst dich nur mal entspannen. Unsere Kinder werden aufwachsen, so oder so, und auf diesen Prozess haben wir herzlich wenig Einfluss.«
    Liz’ Kommentar entstammt entweder einer tiefen Einsicht in die Beziehungen, die wir als Mütter zu unseren Kindern erschaffen, oder der Bequemlichkeit ihrer egozentrischen Denkweise. Sie lässt bei jeder Gelegenheit heraushängen, dass sie frei von ihren Kindern ist, indem sie »dem Problem mit viel Geld und einem Kindermädchen begegnet«, wie sie sich ausdrückt. Im Gegensatz zu uns anderen strahlt sie eine beneidenswerte Selbstsicherheit aus, sie trägt ihre Freiheit zur Schau als jemand, der nicht von den wenig glamourösen Bedürfnissen kleiner Menschen versklavt wird. Während wir anderen kleine Körper in Kindersitze schnallen und wieder herausheben, aufräumen und hinterhertragen, in der Vorschule Obstmahlzeiten schnippeln, Disziplin und ab und zu eine kleine Umarmung fordern, etwas vom Grinch vorlesen, der Weihnachten gestohlen hat, leitet sie wichtige Meetings und entwirft Werbekampagnen, die Leute dazu bringen sollen, mehr Geld für Badezimmerfliesen, Strumpfhosen und Einweg-Rasierer auszugeben. Sie behauptet, der Schlüssel zum Erfolg sei einzig und allein, den richtigen Menschen zu finden, an den man etwas delegieren kann.
    Einmal hat sie sogar ihren Narzissmus in das ohnehin schon überfüllte Schaufenster von mütterlicher Großmut und Opferbereitschaft hineingequetscht. »Wenn ich nicht meinem Herzen und meiner Leidenschaft folgen würde«, hat sie mal zu mir gesagt, »wäre ich ein deprimierter, unerfüllter Mensch. Was für eine Mutter wäre ich denn dann?« Wir anderen beneiden sie insgeheim für diese Entscheidung. Diesen Neid schwingen wir als Waffe von unserem moralischen hohen Ross aus. Wir sind richtige Mütter. Sie bezahlt Lily dafür, dass sie einen Partyservice und professionelle Entertainer für die Geburtstage der Kinder engagiert. Sie selbst könnte eine Backform oder eine selbst gekochte Mahlzeit nicht mal erkennen, wenn sie ihr vor die Haustür scheißen würden.
    Aber ihre Logik ist stringent, Liz ist so absolut rational, was all das angeht – Mutterschaft ist das Gegenmittel für jegliche Illusion von Kontrolle. Wie Robbie Williams es so drängend ausdrückt: »Watch me come

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