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Weiberregiment

Weiberregiment

Titel: Weiberregiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Hast das Zeug zum Offizier. Gib ihm
    den Schilling, Korporal. Und natürlich auch das Bild.«
    »Ja, Feldwebel«, erwiderte Korporal Strappi und hob ein gerahmtes
    Bild an einem Griff wie einen Spiegel. »Spitz die Lippen, Soldat
    Pimmel.«
    »Ich heiße Perks, Herr«, sagte Polly.
    »Ja, in Ordnung. Und nun küss die Herzogin.«
    Es war keine gute Kopie des berühmten Bilds. Die Farben hinter dem
    Glas waren verblasst, und etwas, eine Art Moos oder so, wuchs an der
    Innenseite des gesprungenen Glases. Pol y stellte einen kurzen Kontakt
    mit den Lippen her und hielt dabei den Atem an.
    »Hier, nimm«, sagte Strappi und drückte ihr etwas in die Hand.
    »Was ist das?«, fragte Polly und blickte auf ein kleines Quadrat aus
    Pappe hinab.
    »Ein Schuldschein. Leider sind uns die Schillinge ausgegangen«,
    erklärte der Feldwebel, während der Korporal grinste. »Aber der Wirt
    spendiert dir ein Bier, im Namen der Herzogin.«
    Er drehte den Kopf und sah die anderen an. »Nun, ein Unglück
    kommt selten allein. Wollt ihr Jungs ebenfalls zum Militär? Ich kann
    beschwören, dass wir noch nicht einmal die Trommel geschlagen
    haben. Vermutlich liegt es an Korporal Strappis erstaunlichem
    Charisma. Nicht so schüchtern, kommt näher. Wer ist der Nächste?«
    Pol y musterte den nächsten Rekruten mit einem Entsetzen, von dem
    sie hoffte, dass man es ihr nicht ansah. Sie hatte ihn im Halbdunkel
    nicht bemerkt, denn er trug Schwarz – kein cooles, modisches Schwarz,
    sondern verstaubtes Schwarz, jene Art von Kleidung, in der man Leute
    bestattete. So wie er aussah… Er schien eine solche Bestattung hinter
    sich zu haben. Spinnweben klebten an den schwarzen Kleidern, und
    seine Stirn war voller Nähte.
    »Dein Name, Junge?«, fragte Jackrum.
    »Igor, Herr.«
    Jackrum zählte die Nähte.
    »Ich dachte mir schon, dass du so heißt«, sagte er. »Und du bist
    achtzehn, wie ich sehe.«

    »Erwacht!«
    »Oh, bei den Göttern…« Kommandeur Samuel Mumm hob die
    Hände vor die Augen.
    »Ich bitte um Entschuldigung, Euer Gnaden«, sagte der Konsul von
    Ankh-Morpork in Zlobenien. »Bist du krank, Euer Gnaden?«
    »Wie lautete noch dein Name, junger Mann?«, fragte Mumm. »Tut mir
    Leid, aber ich bin zwei Wochen unterwegs gewesen und hab nur wenig
    Schlaf bekommen. Außerdem hat man mir immer wieder Leute mit
    schwierigen Namen vorgestel t. Das ist schlecht fürs Gehirn.«
    »Ich heiße Clarence, Euer Gnaden. Clarence Kinn.«
    »Kinn?«, wiederholte Mumm, und Clarence konnte al es Weitere
    seinem Gesichtsausdruck entnehmen.
    »Ich fürchte ja, Euer Gnaden«, sagte er.
    »Warst du ein guter Kämpfer in der Schule?«, fragte Mumm.
    »Nein, Euer Gnaden. Aber niemand konnte mich im
    Hundertmeterlauf schlagen.«
    Mumm lachte. »Nun, Clarence, eine Nationalhymne, die mit
    ›Erwachet!‹ beginnt, fordert Schwierigkeiten geradezu heraus. Hat man
    dich im Büro des Patriziers nicht darauf hingewiesen?«
    »Äh… nein, Euer Gnaden«, sagte Kinn.
    »Du wirst es bald merken. Na schön, lass hören.«
    »Ja, Herr.« Kinn räusperte sich. »Die Nationalhymne von
    Borograwien«, kündigte er zum zweiten Mal an.

    »Erwachet, entschuldige, Euer Gnaden, ihr Söhne des Vaterlands!
    Kostet nicht mehr den Wein saurer Äpfel.
    Waldarbeiter, ergreift eure Beile!
    Bauern, tötet mit dem Werkzeug, das ihr zuvor zum Heben von
    Rüben benutzt habt!
    Macht die endlose List unserer Feinde zunichte.
    Singend marschieren wir in die Dunkelheit,
    Gegen die ganze Welt in Waffen.
    Doch seht das goldene Licht an den Berggipfeln!
    Der neue Tag ist ein großer dicker Fisch!«

    »Äh…«, sagte Mumm. »Das letzte Stück…«
    »Es ist eine wörtliche Übersetzung, Euer Gnaden«, erwiderte Clarence
    nervös. »Es bedeutete so viel wie ›eine gute Gelegenheit‹ oder ›eine
    glitzernde Trophäe‹, Euer Gnaden.«
    »Wenn wir unter uns sind, genügt ›Herr‹, Clarence. ›Euer Gnaden‹
    dient nur dazu, die Einheimischen zu beeindrucken.« Mumm lehnte
    sich auf dem unbequemen Stuhl zurück, das Kinn auf die Hand
    gestützt, und zuckte zusammen.
    »Zweitausenddreihundert Meilen«, sagte er und rutschte zur Seite.
    »Und es ist kalt auf einem Besen, ganz gleich, wie tief er fliegt. Und
    dann das Boot und dann die Kutsche…« Er verzog das Gesicht. »Ich
    habe deinen Bericht gelesen. Hältst du es für möglich, dass eine ganze
    Nation verrückt ist?«
    Clarence schluckte. Man hatte ihm gesagt, dass er mit dem
    zweitmächtigsten Mann von Ankh-Morpork sprach, obgleich

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