Weiberregiment
Vater stand neben der Leiter und rief Anweisungen
auf seine typische Art: Er rief sie ein oder zwei Sekunden nachdem man
schon begonnen hatte, sie auszuführen. Und Knal er – nur Pol y nannte
sie noch so, und nur sie wusste warum – beobachtete sie mit Jack in
den Armen. Es war ein hübsches Bild. Für einen Moment wünschte
sich Polly ein Medaillon dafür.
Das Wirtshaus »Zur Herzogin« war kleiner, als sie gedacht hatte. Aber
wenn man es verteidigen musste, indem man mit dem Schwert in die
Tür trat, so kam man zu spät. Wenn man sich um kleine Dinge
kümmern wol te, musste man sich zuerst der großen annehmen, und
vielleicht war die Welt nicht groß genug.
Die Mitteilung, die sie auf der Frisierkommode zurückließ, lautete:
»Knaller, ich hoffe, du und Jack seid hier glücklich. Paul, kümmere dich
um sie. Vater, ich habe nie Arbeitslohn verlangt, aber ich brauche ein
Pferd. Ich werde versuchen, es zurückzuschicken. Ich liebe euch al e.
Wenn ich nicht zurückkehre, verbrennt diesen Brief und seht unterm
Stal dach nach.«
Pol y kletterte aus dem Fenster, sattelte im Stal ein Pferd und führte
es durchs hintere Tor. Sie stieg erst auf, als sie außer Hörweite war,
dann ritt sie zum Fluss hinunter.
Der neue Tag war ein großer dicker Fisch. Der Saft stieg. In den
Wäldern wuchs eine Tonne Holz pro Minute. Überal zwitscherten
Vögel.
Ein Wächter stand bei der Fähre. Er beobachtete Pol y nervös, als sie
das Pferd an Bord führte, lächelte dann und sagte munter: »Guten
Morgen, Fräulein.«
Na schön… Zeit anzufangen. Pol y trat vor den verwirrten Mann.
»Versuchst du, gescheit zu sein?«, fragte sie, ihr Gesicht dicht vor seinem.
»Nein, Fräulein…«
»Es heißt Feldwebel, mein Lieber!«, sagte Pol y. »Versuchen wir es
noch einmal. Ich habe gefragt: Versuchst du, gescheit zu sein?«
»Nein, Feldwebel!«
Pol y beugte sich vor, bis nur noch ein Zentimeter ihre Nase von der
seinen trennte. » Warum nicht? «
Das Lächeln verschwand. Dies war kein Soldat auf der Schnel straße
der Beförderung. »Hä?«, brachte er hervor.
»Wenn du nicht versuchst, gescheit zu sein, so gibst du dich mit
Dummheit zufrieden!«, rief Pol y. »Und die Dummheit steht mir bis
hier, verstanden?«
»Ja, aber…«
»Aber was, Soldat?«
»Ja, aber… äh… nichts, Feldwebel«, sagte der Soldat.
»Gut.« Polly nickte den Fährleuten zu. »Können wir los?«, fragte sie
im Tonfal eines Befehls.
»Zwei Personen kommen gerade die Straße herunter, Feldwebel«,
sagte einer von ihnen, der schnel er von Begriff war.
Sie warteten. Es waren nicht nur zwei Personen, sondern drei. Eine
von ihnen war Maladikta, in voller Uniform.
Polly schwieg, bis die Fähre die Flussmitte erreicht hatte. Maladikta
schenkte ihr die Art von Lächeln, die nur einem Vampir möglich ist. Es
wäre schüchtern gewesen, wenn Schüchternheit andere Zähne gehabt
hätte.
»Ich dachte, wir versuchen es noch einmal«, sagte sie.
»Wir suchen Bluse«, erwiderte Pol y.
»Er ist jetzt Major«, sagte Maladikta. »Und überglücklich, weil man
eine Art fingerlosen Handschuh nach ihm benannt hat, wie ich hörte.
Wozu brauchen wir ihn?«
»Er weiß über die Klacker Bescheid«, erwiderte Pol y. »Er kennt
andere Arten, einen Krieg zu führen. Und ich kenne… Leute«, sagte
Polly.
»Ah. Meinst du ›Ich bin kein Lügner, das kann ich beschwören, aber
ich kenne Leute‹-Leute?«
»An solche Leute habe ich gedacht, ja.« Der Fluss klatschte an die
Seite der Fähre.
»Gut«, sagte Maladikta.
»Aber ich weiß nicht, wohin es führen wird«, sagte Pol y.
»Ah. Noch besser.«
An dieser Stelle entschied Polly, dass sie genug von der Wahrheit
wusste, um weiterzumachen. Die Feinde waren keine Männer, Frauen,
Alte oder gar die Toten, sondern dumme Leute, und die gab es überal .
Und niemand hatte ein Recht darauf, dumm zu sein.
Sie sah zu den anderen beiden Passagieren, die an Bord gekommen
waren: Bauernjungen in zerlumpten, schlecht sitzenden Klamotten, die
sich von ihr fern hielten und zu Boden sahen. Doch ein Blick genügte.
Die Welt stellte sich auf den Kopf, und die Geschichte wiederholte
sich. Aus irgendeinem Grund stimmte sie das plötzlich sehr froh.
»Wollt ihr zum Militär, Jungs?«, fragte Polly.
Zwei Stimmen murmelten. Es klang nach einem »Ja«.
»Gut«, sagte Polly. »Dann steht gerade. Lasst euch mal ansehen. Das
Kinn nach oben. Aha. Bravo. Schade nur, dass ihr nicht geübt habt, in
einer
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