Weiberregiment
keine verdammt gute Erklärung dafür hat, übergebe ich ihn dir mit dem Auftrag, ihn zu bestrafen«, sagte Schnitz. »Aber wenn es jemanden gibt, der ein Recht auf einen letzten wilden Angriff hat, dann er. Geh jetzt, sei ein braver Offizier, und halte den Krieg in Gang, bis wir zu euch kommen. Und nun, Feldwebel, was soll dieses Affentheater?«, fragte er, als die letzten Offiziere den Saal verließen.
»Nur noch eine Sache, Herr«, sagte Jackrum und stapfte zu den Wächtern. Sie standen bereits ziemlich stramm, aber es gelang ihnen, noch strammer zu stehen. »Ihr Jungs wartet auf der anderen Seite dieser Tür«, sagte der Feldwebel. »Niemand nähert sich ihr, klar? Und ich weiß, dass ihr nicht lauscht, wegen dem, was euch passieren würde, wenn ich dahinter käme. Geht jetzt, hopp, hopp, hopp!«
Er schloss die Tür hinter ihnen, und die Atmosphäre veränderte sich. Polly konnte nicht feststellen, wie es geschah. Vielleicht lag es an dem Klicken der Tür, das »Dies ist unser Geheimnis« sagte, und alle Anwesenden waren daran beteiligt.
Jackrum nahm seinen Tschako ab und legte ihn behutsam auf den Tisch vor dem General. Dann zog er die Jacke aus, reichte sie Polly und sagte: »Halt das, Perks. Es ist das Eigentum Ihrer Hoheit.« Er rollte die Ärmel hoch. Er streifte die riesigen roten Hosenträger ab. Und dann, zu Pollys Entsetzen, wenn nicht zu ihrem Erstaunen, holte er seinen Kautabak und das geschwärzte Taschenmesser hervor.
»Was soll das denn…«, begann ein Major, doch ein Kollege stieß ihn an und brachte ihn zum Schweigen. Nie zuvor war ein Mann, der ein Stück Kautabak abschnitt, das Zentrum so gespannter und entsetzter Aufmerksamkeit gewesen.
»Draußen entwickeln sich die Dinge gut«, sagte er. »Schade, dass ihr nicht daran teilnehmen könnt. Aber die Wahrheit ist wichtig, nicht wahr? Und darum geht es bei diesem Verfahren, kein Zweifel. Sie muss wichtig sein, die Wahrheit, denn sonst wärt ihr nicht hier, habe ich Recht? Natürlich habe ich das.«
Jackrum führte den Schnitt zu Ende, steckte das Zeug in den Mund und schob es an die eine Wange, während von draußen die Geräusche des Kampfes hereindrangen. Dann drehte er sich um und ging zu dem Major, der gerade gesprochen hatte. Der Mann duckte sich ein wenig auf seinem Stuhl.
»Was hast du über die Wahrheit zu sagen, Major Derbi?«, fragte Jackrum im Plauderton. »Nichts? Nun, was habe ich dann zu sagen? Was soll ich über einen Hauptmann sagen, der schluchzend davonlief, als wir auf eine zlobenische Kolonne stießen, der seine eigenen Männer im Stich ließ? Soll ich sagen, dass der alte Jackrum ihm ein Bein stellte, ihn ein wenig mit den Fäusten bearbeitete und ihm Furcht vor… Jackrum einflößte, woraufhin er zurückkehrte und an dem Tag einen berühmten Sieg über zwei Feinde errang, von dem einer in seinem Kopf steckte? Und er kehrte zu dem alten Jackrum zurück, trunken vom Sieg, und sagte mehr, als er hätte sagen sollen…«
»Mistkerl«, flüsterte der Major.
»Soll ich heute die Wahrheit sagen…
Janet
?«, fügte Jackrum hinzu.
Die Geräusche des Kampfes schienen plötzlich viel lauter zu werden. Sie strömten in den Saal wie Wasser, das sich anschickte, ein Loch im Meeresboden zu füllen, aber selbst alle Geräusche der Welt hätten nicht diese plötzliche, enorme Stille füllen können.
Jackrum schlenderte zu einem anderen Mann. »Freut mich, dich hier zu sehen, Oberst Kumabund!«, sagte er fröhlich. »Natürlich warst du nur Leutnant Kumabund, als ich unter deinem Befehl diente. Warst ein schneidiger Junge, als du uns gegen die Abteilung von Kopelies geführt hast. Und dann traf dich ein Schwert am Schniepel, oder dicht darüber, und ich habe dich mit Rum und Wasser am Leben erhalten und dabei festgestellt, dass du zwar schneidig warst, aber kein Junge. Oh, wie du im Fieberwahn vor dich hin geplappert hast… Ja, das hast du. Das ist die Wahrheit…
Olga
.«
Jackrum trat um den Tisch herum und ging
hinter
den Offizieren durch den Saal. Diejenigen, an denen er vorbeikam, blickten starr geradeaus und wagten es nicht, sich umzudrehen oder eine Bewegung zu machen, die Aufmerksamkeit erregte.
»Man könnte sagen, dass ich
etwas
über euch alle weiß«, sagte er. »Ziemlich viel über manche und genug über fast alle. Über einige von euch könnte ich ein Buch schreiben.« Er blieb hinter Schnitz stehen, der sich versteifte.
»Jackrum, ich…«, begann er.
Der Feldwebel legte die Hände auf Schnitz’ Schultern.
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