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Weiberregiment

Weiberregiment

Titel: Weiberregiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Polly. Im Theater ihres Geistes brannte das Wirtshaus »Zur Herzogin« nieder, und ihr altes Leben bröckelte weg, schwarz wie Holzkohle, und sie flog ballistisch, zu schnell und zu hoch, ohne anhalten zu können. »Ich bin Soldat, General. Ich habe unterschrieben und die Herzogin geküsst. Ich glaube kaum, dass Generäle ihre Soldaten ›meine Liebe‹ nennen.«
    Schnitz hüstelte. Das Lächeln blieb, aber sie war anständig genug, etwas mehr Zurückhaltung zu üben. »Und einfache Soldaten sprechen nicht so mit ihren Generälen, junge Dame, also reden wir nicht mehr davon.«
    »Ich weiß nicht, worüber wir hier in diesem Raum reden sollten und worüber nicht, Herr«, sagte Polly. »Aber mir scheint, wenn du weiterhin General bist, so bin ich Korporal, Herr. Ich kann nicht für die anderen sprechen, doch der Grund, warum ich auf dieser Sache bestehe, General, ist dieser: Ich habe die Herzogin geküsst, und sie wusste, wer ich war, und sie… hat sich nicht abgewandt, wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Wohl gesprochen, Perks«, sagte Jackrum.
    Polly stieß noch weiter vor. »Herr, vor ein oder zwei Tagen hätte ich meinen Bruder gerettet und wäre mit ihm nach Hause zurückgekehrt, davon überzeugt, dass damit alles in Ordnung ist. Ich habe mir nur Sicherheit gewünscht. Aber jetzt weiß ich, dass niemand sicher ist, solange es diese… diese Dummheit gibt. Deshalb glaube ich, dass ich bleiben und ein Teil davon sein muss. Um zu versuchen, die Dummheit weniger dumm zu machen. Und ich möchte ich sein, nicht Oliver. Ich habe die Herzogin geküsst. Wir alle. Du kannst nicht das Gegenteil behaupten, und du kannst auch nicht sagen, es würde keine Rolle spielen, denn es ist eine Sache zwischen uns und ihr…«
    »Ihr alle habt die Herzogin geküsst«, ertönte eine Stimme. Sie hatte ein… Echo.
    Ihr alle habt die Herzogin geküsst…
    »Glaubt ihr etwa, es würde nichts bedeuten? Dass es einfach nur ein Kuss ist?«
    Glaubt ihr etwa, es würde nichts bedeuten…
    … nur ein Kuss…
    Die geflüsterten Worte spülten wie eine Brandung gegen die Wände und schwappten verstärkt zurück, voller Harmonien.
    Ihr habt Kuss nichts bedeuten nichts ein Kuss nur glaubt ein Kuss bedeuten ein Kuss…
    Reißer stand auf. Die Gruppe stand wie erstarrt, als sie an ihr vorbeiwankte und den Blick auf Polly richtete.
    »Wie schön, wieder einen Körper zu haben«, sagte sie. »Und zu atmen. Es ist wundervoll zu atmen…«
    Wie gut…
    Zu atmen wundervoll wieder einen Körper zu atmen…
    Etwas stand in Reißers Gesicht. Ihre Züge waren noch da und so beschaffen wie vorher, und ihre Nase war noch immer spitz und rot und die Wangen hohl, aber… es gab subtile Veränderungen. Reißer hob eine Hand und bewegte die Finger.
    »Ah«, sagte sie. »Nun…« Diesmal blieb das Echo aus, aber die Stimme war kräftiger und tiefer. Niemand hätte Reißers Stimme als attraktiv bezeichnet, aber diese war es. Sie drehte sich zu Jackrum um, der auf seine dicken Knie sank.
    »Feldwebel Jackrum, ich
weiß,
dass du weißt, wer ich bin. Du bist für mich durch Seen aus Blut gewatet. Vielleicht hätten wir Besseres mit deinem Leben anstellen sollen, aber wenigstens waren deine Sünden die eines Soldaten, und eigentlich nicht die schlimmsten, wenn man es genau nimmt. Du bist hiermit zum Hauptfeldwebel befördert, und nie habe ich einen besseren Kandidaten für diesen Rang gesehen. Du bist ein Meister in List, Schläue und kleiner Kriminalität, Feldwebel Jackrum. Es sollte dir weiterhin gut ergehen.«
    Jackrum hielt den Blick gesenkt und hob eine Hand zur Stirn. »Ich bin nicht würdig, Euer Hoheit«, murmelte er.
    »Natürlich bist du das nicht.« Die Herzogin sah sich um. »Wo ist mein Heer… ah.« Die Stimme war jetzt völlig ohne Echo, und nichts erinnerte mehr an Reißers Schüchternheit. Sie trat vor Schnitz, die mit offenem Mund starrte.
    »General Schnitz, du musst mir einen letzten Dienst erweisen.«
    Es blitzte in den Augen des Generals. »Wer zum Teufel bist du?«
    »Das musst du fragen? Jackrum denkt wie immer schneller als du. Du kennst mich. Ich bin Herzogin Annagowia.«
    »Aber du bist…«, begann einer der Offiziere, doch Schnitz hob die Hand.
    »Die Stimme klingt… vertraut«, sagte sie, und es klang wie ein fernes Flüstern.
    »Ja. Du erinnerst dich an den Ball. Auch ich erinnere mich daran. Vor vierzig Jahren. Du warst der jüngste Hauptmann, den es je im Militär gegeben hat. Wir tanzten, ich ziemlich steif. Ich habe dich gefragt,

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