Weiberregiment
hätte sie das Getränk »süßer Milchtee« genannt, aber auch wenn sie noch nicht richtig marschieren konnten: Sie waren entschlossen, so bald wie möglich richtig zu reden.
»Was passiert?«, fragte Polly.
»Keine Ahnung«, erwiderte Knaller. »Der Feldwebel und der Rupert sind mit dem Gefangenen
dorthin
gegangen, aber uns Stiefelbürgern sagt niemand was.«
»Ich glaube, du meinst ›Fußvolk‹«, sagte Reißer und nahm den Tee entgegen.
»Ich habe zwei Becher für sie vorbereitet. Vielleicht kannst du was herausfinden.«
Polly trank ihren Tee, nahm die Becher und eilte davon.
Am Rand der Mulde lehnte Maladikt an einem Baum. Eins musste man Vampiren lassen: Sie sahen nie schmuddelig aus. Stattdessen waren sie… wie lautete das Wort…
déshabillé.
Es bedeutete unordentlich, aber mit Stil. Maladikts Jacke war offen, und er hatte ein Päckchen Zigaretten hinter das Band seines Tschakos geklemmt. Er grüßte mit der Armbrust, als Polly vorbeikam.
»Schnieke?«, fragte er.
»Ja, Korporal?«
»Habt ihr Kaffee in ihren Rucksäcken gefunden?«
»Tut mir Leid, Korporal. Nur Tee.«
»Verdammt!« Maladikt schlug den Baum. »He, du bist direkt zu dem Mann gelaufen, der das Codebuch essen wollte. Direkt zu ihm. Wieso?«
»Reiner Zufall«, sagte Polly.
»Von wegen. Denk dran, dass ich im Dunkeln gut sehen kann.«
»Na schön. Der Mann auf der linken Seite begann zu laufen, und der in der Mitte ließ das Klackerrohr fallen und griff nach seinem Schwert, aber der auf der rechten Seite steckte sich etwas in den Mund. Er hielt das für wichtiger, als zu kämpfen oder zu fliehen. Zufrieden?«
»Das hast du dir innerhalb weniger Sekunden überlegt? Nicht schlecht.«
»Ja, ja, in Ordnung. Und jetzt
vergiss
es bitte. Ich möchte nicht auffallen. Eigentlich möchte ich auch nicht hier sein. Ich will nur meinen Bruder finden, klar?«
»Na schön. Ich wollte dich nur darauf hinweisen, dass dich jemand gesehen hat. Und du solltest ihnen besser den Tee bringen, bevor sie versuchen, sich gegenseitig zu töten.«
Ich war wenigstens jemand, der den Feind beobachtet hat, dachte Polly wütend. Ich habe keinen anderen Soldaten beobachtet. Für wen hält er sich? Oder für wen hält sie sich?
Sie hörte die Stimmen, als sie sich durch ein Gebüsch schob.
»Du darfst einen unbewaffneten Mann nicht foltern!« Diese Worte stammten von Bluse.
»Ich warte nicht darauf, dass er sich bewaffnet, Herr! Er weiß etwas! Und er ist ein Spion!«
»Wag es nicht, ihn noch einmal in die Rippen zu treten! Das ist ein
Befehl,
Feldwebel!«
»Es hat nichts genützt, ihn höflich zu fragen, Herr. ›Bitte, bitte, sei so lieb‹ ist keine anerkannte Verhörmethode! Du solltest gar nicht hier sein, Herr! Du solltest sagen ›Sprich mit dem Gefangenen und finde möglichst viel heraus, Feldwebel!‹ und dann weggehen, bis ich dir mitteile, was ich herausgefunden habe, Herr!«
»Du hast es erneut getan!«
»Was?«
»Du hast ihn wieder getreten!«
»Nein, habe ich nicht!«
»Ich habe dir einen Befehl erteilt, Feldwebel!«
»
Und?
«
»Tee ist fertig!«, rief Polly fröhlich.
Beide Männer drehten sich um. Ihre Gesichter veränderten sich. Wären sie Vögel gewesen, hätte sich jetzt ihr Gefieder geglättet.
»Ah, Perks«, sagte Bluse. »Das ist… nett von dir.«
»Ja… guter Junge«, sagte Feldwebel Jackrum.
Pollys Anwesenheit schien die Temperatur zu senken. Die beiden Männer tranken ihren Tee und beäugten sich wachsam.
»Dir ist sicher aufgefallen, dass die Männer die dunkelgrüne Uniform des Ersten Bataillons der zlobenischen Neunundfünfzigsten Bogenschützen tragen, Feldwebel«, sagte Bluse mit kalter Höflichkeit. »Ein Plänkler-Bataillon. Dies ist nicht die Uniform eines Spions, Feldwebel.«
»Jaherr! Aber sie haben ihre Uniformen sehr schmutzig gemacht. Die Knöpfe glänzen gar nicht mehr,
Herr
.«
»Hinter feindlichen Linien zu patrouillieren ist kein Spionieren, Feldwebel. Sicher hast du das ebenfalls gemacht zu deiner Zeit.«
»Öfter, als du zählen kannst, Herr«, erwiderte Jackrum. »Und ich wusste genau, dass ich bei einer Gefangennahme damit rechnen musste, Tritte in die Weichteile zu bekommen. Plänkler sind besonders schlimm, Herr. Man glaubt, in den eigenen Linien sicher zu sein, aber dann stellt sich heraus, dass ein Mistkerl, der sich im Gebüsch auf dem nächsten Hügel versteckt hält, Wind und Entfernung genau abgeschätzt hat, und plötzlich steckt ein Pfeil im Kopf des Soldaten neben dir.« Er nahm
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