Weibliche Lust ohne Tabus
seelischen Vereinigung beim Sex für höchste Befriedigung. Weil es wahre Intimität zulässt, verdient Oxytocin das Prädikat, der einzige chemische Stoff mit emotionaler Intelligenz zu sein.
Dopamin und Prolaktin: Vollgas und Notbremse
Der biochemische Botenstoff Dopamin wird auf dem Gipfel der Lust in großen Mengen ausgeschüttet. Dopamin aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn massiv. Dadurch geraten wir in einen Rausch der Euphorie. Die Vorgänge, die sich dabei in unserem Oberstübchen abspielen, gleichen den Effekten von Heroin oder Kokain. Tatsächlich ist Dopamin wohl auch dafür verantwortlich, dass wir uns beim Schmusen mitunter wie Süchtige verhalten. Sobald wir sexuell erregt sind, erzeugt der Botenstoff nämlich einen unwiderstehlichen Drang zum Weitermachen – bis sich die Zärtlichkeiten zu erotischer Begierde steigern, und die maßlose Gier zu wildem Sex führt, der im Orgasmus gipfelt. Bei Vorfreude – egal ob auf Sex, auf das Erreichen des Gipfels beim Bergsteigen oder einfach auf eine Tafel Schokolade – produzieren Nervenzellen im Mittelhirn Dopamin, das am Ende einer Signalkette für Glücksgefühle sorgt. Es gelangt ins limbische System, in dem alle Sinneseindrücke gespeichert und in »gut« oder »schlecht« einsortiert werden, und erhöht die Aufmerksamkeit.
Dopamin ist der Stoff unserer sexuellen Triebkräfte, motiviert aber auch viele andere Süchte und Begierden. Es wird (zumindest bei uns Frauen) beim Power-Shopping freigesetzt, bei Teenies zum Beispiel bei Computerspielen, beim Rauchen, beim Zocken im Casino oder beim Heißhunger auf Essen. So steigt unser Dopamin-Level stärker an, wenn wir fette, kalorienreiche Speisen oder Süßigkeiten essen, als wenn wir Gemüse oder Magerjoghurt zu uns nehmen. Sie denken vielleicht »Ich liebe Eiscreme«, aber in Wirklichkeit lieben Sie wahrscheinlich den Dopamin-Kick. Ebenso sorgt Dopamin dafür, dass wir – sobald es ausgeschüttet wurde – Sex allen anderen Aktivitäten vorziehen (man muss schließlich Prioritäten setzen, oder?). Dieser biochemische Zustand bringt uns dazu, uns in Zeugungsaktivitäten zu stürzen, um Babys zu machen. Er verleitet uns zu verhängnisvollen Affären, sorgt dafür, dass wir uns Pornos anschauen oder schon beim Blick auf einen knackigen Po sexuell stimuliert sind. Ein hoher Dopamin-Spiegel erhöht die sexuelle Begierde, verleitet uns unter Umständen aber auch zu rücksichtslosem, sprunghaftem und unberechenbarem Verhalten und fördert die Lust auf Promiskuität.
Das gilt vor allem für Männer (aber nicht nur). In wissenschaftlichen Tierversuchen wurde nachgewiesen, dass Rattenmännchen nach wiederholtem Geschlechtsverkehr mit immer denselben Weibchen der sexuelle Appetit vergeht. Wurden immer andere weibliche Tiere angeboten, blieb die sexuelle Aktivität gleichbleibend und die Männchen paarten sich mit jedem neuen »Angebot« bis zur Erschöpfung. Dieser Effekt beruht auf einem so beständig erhöhten Dopamin-Level und gilt vermutlich auch für menschliche »Männchen«. Besonders amüsant ist aber, warum dieses Phänomen – der wachsende Widerwille von männlichen Individuen einer Spezies, ohne Abwechslung immer wieder Geschlechtsverkehr mit derselben »Partnerin« zu haben – in der Wissenschaft »Coolidge-Effekt« genannt wird. Dazu gibt es nämlich eine Anekdote über den US-Präsidenten Calvin Coolidge (1872–1933) und seine Gattin Grace. Sie besuchten eine Musterfarm und wurden getrennt geführt. Als sie darüber staunte, dass es im Hühnerstall nur einen einzigen Hahn gab, erklärte man ihr, der Hahn vollziehe den Paarungsakt bis zu zwölfmal pro Tag. Darauf soll Mrs Coolidge gesagt haben: »Das erzählen Sie doch bitte mal meinem Mann!« Als der später davon erfuhr, hakte er nach: »Jedesmal dieselbe Henne?« und man klärte ihn auf: »Nein, jedes Mal eine andere.« Darauf der Präsident: »Sagen Sie das mal meiner Frau!«
Der Idealfall wäre ein ausgeglichener Dopamin-Haushalt. Der würde uns nämlich ein beständiges Wohlgefühl bescheren und auch seelische Ausgeglichenheit. Vielleicht darum schworen schon die alten Taoisten auf Sex ohne Orgasmus, um den Ball bzw. die »Glückskurve« möglichst flach zu halten. Tatsächlich aber wechseln Höchstwerte und Tiefstwerte im Dopamin-Spiegel sich beständig ab. Das ist dann auch eine Art Achterbahnfahrt der Gefühle, bei der sich die Partner wie Magnetfelder im ständigen Wechsel von Anziehungskraft und Abstoßung befinden. Nach dem Sex
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