Weibliche Lust ohne Tabus

Ende einer Ära, sondern oft auch eine veritable Chance, sein Leben in die richtigen Bahnen zu lenken oder einen neuen Anfang zu wagen. Außerdem sind die Frauen heute viel länger jung als früher – sowohl geistig als auch körperlich. Und selbst Frauen im höheren Alter können unglaublichen Sex-Appeal und Weiblichkeit ausstrahlen.

    Sex im Alter: Intimität jenseits aller Tabus
    »Alt werden ist nichts für Feiglinge«, hat Hollywood-Diva Bette Davis einmal gesagt. Recht hat sie. Viele Jahrzehnte lang galt Sex jenseits der 60 als gesellschaftliches Tabu. Erst in den letzten Jahren thematisieren die Medien immer wieder Liebesgeschichten, die sich erst im hohen Alter erfüllt haben – sowohl in emotionaler als auch in sexueller Hinsicht. Fakt ist: Wir bleiben unser Leben lang erotische Wesen, haben sexuelle Fantasien, Bedürfnisse und Sehnsüchte. Einer neueren Studie zufolge verspüren unter den 75-Jährigen noch 61 % der Frauen und 58 % der Männer regelmäßiges sexuelles Verlangen. Ob man dieses Verlangen auch ausleben kann, hängt unter anderem von der Lebenssituation, bestehenden oder nicht bestehenden Partnerschaften wie auch von gesundheitlichen Gegebenheiten ab.
    Männer haben es da leichter als Frauen. Sie können auch im höheren Alter noch Väter werden, wie beispielsweise Hollywood-Star Nick Nolte mit 66, der Maler Pablo Picasso mit 67, TV-Moderator Jean-Pütz mit 74 oder Filmstar Anthony Quinn mit 81 bewiesen haben. Diese Vaterfreuden werden Männern in diesem Alter in der Regel allerdings nur durch eine Beziehung mit jüngeren Frauen in gebärfähigem Alter beschert. Schön für sie. Aber als Frau jenseits der Wechseljahre ist man aus dieser Nummer gemeinhin komplett raus. Abgesehen davon hat man bereits erwachsene Kinder oder sogar Enkel und keineswegs die Absicht, das Ganze noch einmal ins Rollen zu bringen. Geschweige denn zu akzeptieren, dass die einstmals aufregende Sexualität mit dem Partner im Laufe der Jahre in Belanglosigkeiten zerflossen ist. Tatsächlich entscheiden sich viele Frauen nach einem langjährigen, unbefriedigten Eheleben, oft auch nach dem Tod des Mannes, jetzt für eine neue Partnerschaft und definieren auch ihre Bedürfnisse ganz neu. Jede Frau kann nun ihre Lebenssituation genau analysieren. Sie muss sich niemandem gegenüber rechtfertigen und wissen: Für einen Neubeginn ist es nie zu spät …
    Kennen Sie den? Ein jüdisches Ehepaar, das mit inzwischen 85 Jahren gut situiert in New York lebt, sucht den Rabbiner auf und sagt: »Wir würden uns gerne scheiden lassen.« Der antwortet entsetzt: »Warum nach so vielen Jahren?« Die Antwort: »Wir wollten warten, bis die Kinder tot sind.« Zugegeben: Ein wenig makaber, trotzdem zeigt das, wie lange man zögern kann, nur weil man glaubt, sich auch im Alter seinen Angehörigen gegenüber rechtfertigen zu müssen. Tatsächlich ist die Zahl der über 75-Jährigen, die sich vom Partner trennen – laut der Forschungsergebnisse von Matthias Horx –, heute doppelt so hoch wie noch vor zehn Jahren.
    Insbesondere Frauen, heißt es, gäben ihr unbefriedigendes Eheleben auf und entschieden sich für neue Freiheiten statt für die Goldene Hochzeit. Tatsächlich fühlen sich heute viele Senioren um Jahre jünger, als ihr tatsächliches Alter ihnen attestiert. Dieses Phänomen nennt man »Down-Aging«, und es hat einen massiven Einfluss auf Wirtschaft, Gesellschaft, Konsum und Kultur. Kein Wunder: Wir müssen viel länger im Arbeitsleben stehen als früher, haben sogar oft mehr Geld für Freizeit und Ferien zur Verfügung als unsere Kinder, sind frei von Existenzängsten und beruflichem Ehrgeiz. Wir halten uns fit mit Golfen, Wandern, Skifahren und Schwimmen, kleiden uns lieber in Chanel und Ralph Lauren als in Faltenröcke und Kittelschürzen und färben uns lieber die Haare, als unsere Köpfe mit tristem Grau zu umgeben – auch wenn die Statistik diese Entwicklung als »silberne« Sex-Revolution bezeichnet. Aber – wie heißt es so schön: »Auch im Silberhaar lässt sich’s noch jagen …!«
    Lange Zeit wurde Sex im Alter in unserer Gesellschaft tabuisiert. Das ist inzwischen nicht mehr so. Dazu tragen zum Beispiel Filme wie »Wolke 9« von Andreas Dresen bei, der mit seiner liebevollen Geschichte über Sex im Alter stehende Ovationen bei den Filmfestspielen in Cannes auslöste, aber auch, weil sich durch die genannten sozialen Bedingungen bei Frauen und Männern im höheren Alter eine Eigendynamik entwickelt hat, die das Recht auf