Weibliche Lust ohne Tabus
Leben. Und das ist nicht nur eine psychologische Frage. Auch unsere Hormone funktionieren so (siehe Kapitel 5). Sex kann ein Machtspiel sein. Das zeigt sich nicht nur darin, dass wir unterschiedliche Stellungen bevorzugen – als Frau zum Beispiel mal die devote Hündchenstellung, dann wieder die dominante Reiterstellung –, sondern auch darin, dass es uns manchmal antörnt, wenn wir vom Partner ans Bett gefesselt und »gevögelt« werden, und es ein anderes Mal genießen, wenn er uns beim »Blow Job« – hilflos seiner Erregung ausgeliefert – anfleht, weiterzumachen.
Das Ganze geht jedoch noch weiter: Nicht umsonst sind Fesseln, Augenbinden, Ketten und Peitschen die beliebtesten Sex-Toys. Studien gehen davon aus, dass 5 bis 25 % der Bevölkerung regelmäßig Sexualpraktiken ausüben, die mit der Lust an Schmerzen, bzw. mit Macht und Ohnmacht in Verbindung stehen. Die Dunkelziffer ist sehr viel höher, geschweige denn der Anteil an sadomasochistischen Fantasien. Wie hoch dieser offenbar ist, lässt sich unter anderem an den Verkaufszahlen des schon genannten Bestsellers Shades of Grey erahnen. Einvernehmlich gelebte oder auch heimliche sexuelle Vorlieben für sadomasochistische Praktiken erfüllen die Kriterien für eine medizinische Diagnose, die dieses Bedürfnis als »krankhaft« einstufen würde, in der Regel nicht. Letzteres allerdings ist der Fall, wenn beispielsweise der Sadismus eines Menschen kriminell wird oder sein Masochismus eine Bereitschaft zu Selbstverletzung bis hin zur körperlichen Verstümmelung aufweist.
In den meisten Fällen aber geht es um eine soziologisch andersartige, jedoch nicht unbedingt seltene Ausprägung der individuellen Sexualität. Oft sind es gerade Menschen, die in sehr konventionellen bürgerlichen Verhältnissen leben, die durch sadomasochistische Erlebnisse ihren herkömmlichen Lebensmustern entkommen möchten. Beispiele wie der als Moralapostel und Erzieher tätige Lehrer und der erfolgreiche, mächtige Börsenmakler, der sich insgeheim gern erniedrigen und auspeitschen lässt, oder die biedere Hausfrau und Mutter, die gern in Lack und Leder gekleidet in einem Paralleluniversum die strenge Domina mit Peitsche spielt, sind keine Seltenheit und viel mehr als nur Klischee. Solange es in gegenseitigem Einvernehmen geschieht, ist im Prinzip nichts dagegen zu sagen. Sexuelle Grenzgänge erfüllen die erotischen Sehnsüchte vieler Menschen, und ganze Wirtschaftszweige leben davon: Swingerclubs, SM-Studios, Shops für Fetische und Sex-Spielzeuge, Internet-Portale und Dienstleistungen wie Hostessen-Services. Der Vorteil des 21. Jahrhunderts ist dabei, dass es sehr viele legitime Möglichkeiten gibt, um solche oder andere erotische Fantasien auszuleben, ohne sich dabei in ein dubioses, gefährliches Niemandsland begeben zu müssen. Bei manchen Menschen mit dem Hang zu SM liegen die Wurzeln ihrer Neigungen sicherlich in der Kindheit, in dem Bewusststein, Lust nicht erleben zu dürfen, und bestrafen sich dafür. Manche finden darin die Hingabe an Sex und an das Leben, andere erleben im Schmerz eine gewisse Freiheit. So gibt es sicher viele Facetten von SM, und nicht jeder hat die gleichen Beweggründe dafür. Kritisch wird es, wenn man Lust nur auf diese Weise erleben kann oder sich bis zur Selbstverletzung mit bleibenden Folgen ausliefert und sein eigenes Ego völlig aufgibt.
Wer sich neue oder andere Erfahrungen mit der Lust wünscht, für den gibt es auch seriöse Telefonsprechstunden, bei denen man anonym Fragen stellen kann, die dann auch ehrlich und fundiert beantwortet werden. Erstaunlich ist, dass es selten »Vamps« sind, die anrufen, sondern meistens brave, eher biedere Frauen, die sich nach jahrelanger »Pflichtausübung« danach sehnen, Sex und Erotik endlich mal anders zu erleben. Ganz nach dem Motto von Karl Valentin: »Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen hab ich mich nicht getraut …!«
Aus meiner Sprechstunde
1. Auf Hygiene achten
Eine 40-jährige Patientin kam mit immer wiederkehrenden Scheideninfektionen in meine Praxis. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen, da sie monogam in einer Beziehung lebte. Als ich dann mehrmals nachfragte, gestand sie mir, regelmäßig Anal-Sex und anschließend Vaginal-Sex zu haben, ohne ein Kondom zu verwenden.
2. Lustvolle Nebenbeschäftigung
Eine 38-jährige Patientin arbeitet neben ihrem Beruf privat als Eskort-Dame und genießt es, Sex mit verschiedenen Männern zu haben. Angeblich gelingt es ihr, diese Eskapaden
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