Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weichei: Roman (German Edition)

Weichei: Roman (German Edition)

Titel: Weichei: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Boltz
Vom Netzwerk:
einer unvergleichbaren Grazie trinkt sie einen Schluck und stellt das Glas wieder zurück. Schlau aus Erfahrung, scanne ich sie dabei vorsichtshalber nach Cashmereduft oder männlich wirkenden Händen ab.
    Nichts.
    Sie ist weder Nutte noch Transe.
    Dann sehen wir uns in die Augen, und ein Schweigen tritt ein, das mich verunsichert. Ich kenne mich in diesem Business einfach echt nicht mehr aus, und mein Alkoholspiegel sinkt durch das Tanzen auch wieder. Sofort versuche ich, unser Gespräch wieder aufzunehmen, um kein peinliches Vakuum aufkommen zu lassen.
    »Und was machst du so?«
    Super Frage, Robert, und auch so ausgefallen.
    »Ich bin als QFC tätig.«
    »Du arbeitest beim Verkaufsfernsehen?«
    »Nein, nicht QVC. QFC!« Jana lacht und zieht erneut an ihrer Zigarette. »Das bedeutet Qualified Financial Consultant. Hat was mit Bank zu tun. Und du?«
    Nicht dass ich noch immer dabei bin, die genannten Wörter zu einem schlüssigen oder zumindest mir bekannten Beruf zusammenzustellen. Bank. Das habe ich verstanden. Der Rest hörte sich darüber hinaus wichtig an. Und dann die berechtigte, aber für mich etwas blöde Frage nach mir und meinem Beruf.
    Und ich?
    Wer bin ich?
    Und noch viel wichtiger.
    Was bin ich?
    Ja, was eigentlich?
    Ich kann so einer Frau doch nicht sagen, dass ich eine immer noch andauernde Studienpause genommen habe und als Teilzeitkraft an der Tankstelle jobbe. Aber was soll ich ihr sagen? Auf welchen Beruf fahren Frauen ab?
    »Pilot«, höre ich meine eigene Antwort und zur eigenen Bestätigung wiederhole ich sie auch noch einmal. »Pilot, ich bin Pilot.«
    Dass mir ausgerechnet dieser Beruf, der mir nur Schmerz
und Qual gebracht hat, einfällt, ist zwar traurig, aber wirkungsvoll. Immerhin schaut mich Jana geradezu ehrfürchtig an.
    »Wow, das hätte ich jetzt nicht gedacht. Wobei man ja immer hört, dass Piloten gerne mal einen trinken.« Sie deutet auf mein Glas, was nicht nötig gewesen wäre, denn ich sehe bestimmt genau so aus, wie ich mich nach dem ganzen Alkohol auch fühle. »Muss ein spannender Job sein und nicht so langweilig wie meiner.«
    »Ach, geht so. Ist überbewertet.«
    »Aber die ganzen Länder. Stelle ich mir toll vor.«
    »Ja gut, man sieht schon viel von der Welt …«
    »Wo fliegst du denn als Nächstes hin?«
    Gute Frage, wo fliege ich denn als Nächstes hin? Dass ich bei so einer einfachen Frage schon strauchele, ist bedenklich für das Lügenkonstrukt, das ich mir gerade aufzubauen versuche. Hilfesuchend blicke ich mich um und bleibe bei der Band hängen, die gerade die Anfangsakkorde von Michael Holms »Mendocino« anstimmt.
    »Mexiko.«
    »Cool.« Jana greift wieder zu meinem Glas und trinkt es aus. »Kannst du mir einen Gefallen tun?«
    »Klar, wenn ich kann.«
    »Das klingt jetzt zwar echt bescheuert, aber… na ja, ich sammle Postkarten. Könntest du mir von deinen Zielen mal ’ne Karte schicken? Warte, ich schreib dir meine Adresse auf.«
    »Kein Problem.«
    Was soll ein Mann in solch einer Situation machen? Ich habe die Möglichkeit, die Adresse einer wunderschönen Frau zu bekommen. Dem Mexikoproblem stelle ich mich später.
    »Super. Hier hast du meine Telefonnummer und Adresse, Ist ’ne WG.«
    Unter der Nummer steht ihr Name: Jana Westhoff. Gefällt mir. »Hast du eine Visitenkarte oder so was?«
    »Eine Karte, äh, nee, die habe ich gerade nicht dabei. Kann dir aber so meine Nummer geben, wenn du magst.«
    »Okay. Du schreibst deine Nummer auf, und ich besorge uns in der Zeit was zu trinken.«
    Jana drückt ihre Zigarette aus und zwinkert mir zu, während sie aufsteht und zur Bar geht. Ich bin so nervös, dass mir meine Nummer zunächst nicht einfallen will. Dann kritzele ich sie auf eine Serviette und lege sie auf Janas Tischseite. Ich nehme die Serviette noch zweimal zurück und überprüfe sie, da es nicht sein darf, dass mein Sexleben von einem Zahlendreher abhängig ist. Dann kommt Jana auch schon wieder zurück an den Tisch. In der Hand zwei Gläser Wein.
    »Ich hoffe, du magst Wein.«
    »O ja, ich liebe Wein.«
    »Ein Fachmann also?«
    »Na ja, wenn man schon auf der ganzen Welt unterwegs ist, dann kann man das Angenehme auch mit dem Nützlichen verbinden und sich die besten Weine der Welt kaufen, oder?«
    Jetzt kenne ich kein Erbarmen mehr. Weder mit Jana noch mit mir und meiner Lügengeschichte. Jana ist toll, und tolle Frauen muss man beeindrucken, wenn man landen möchte. Und da ist ein Pilotenjob genau der richtige.
    »Kennst du dich also

Weitere Kostenlose Bücher