Weichei: Roman (German Edition)
auf dem Weg ins Hotel. Wollte nur mein Versprechen einlösen und dich lieb grüßen.
Alles Liebe, Robert.
Ja, das ist gut.
Zur Sicherheit lese ich mir aber die Zeilen erneut durch.
Doch, das passt.
Nicht zu schwulstig, auf den Punkt und doch nett.
Ich stecke die anderen Karten wieder ein, gehe zurück in
den Shop und kaufe eine Briefmarke. Zurück in meinem Auto finde ich meine Idee so dermaßen gut, dass ich überlege, ob man sich so was patentieren lassen könnte. Im Anschluss fahre ich weiter an das sogenannte Drehkreuz. Das ist der Platz, an dem ich Steffi nach ihren Flügen immer abgeholt habe. Hier gehen fast alle Flugbegleiter rein oder raus, wenn sie arbeiten müssen. Und genau das mache ich mir zunutze. Nach nicht einmal zwei Minuten taucht schon der erste Flugbegleiter auf, den ich ansprechen kann. Dunkle Haare, junger Typ, könnte passen.
»Tschuldigung …« Ich winke ihn zu mir. »Ich hätte eine Bitte. Klingt zwar blöd, aber könntest du mir einen großen Gefallen tun?«
»Um was geht’s denn?«
»Um eine Frau, wie immer.« Ich lache einnehmend.
»Fast immer. Manchmal geht’s auch um Männer.« Er erwidert das Lächeln, und ich bemerke seine exakt gezupften Augenbrauen und das leichte Lipgloss. Schwul steht unübersehbar in pink leuchtender Schrift auf seiner Stirn, nur habe ich es vor lauter Übereifer nicht lesen können.
»Äh, ja. Richtig. Fast immer. Auf jeden Fall habe ich einer Frau gesagt, dass ich nach Mexiko fliege und ihr eine Karte von dort schicke.«
»Bist du ein Kollege?«
»Nein, das ist ja das Problem.«
»Also ein Fremdgeher, oder was?«
»Nein, nein.«
»Und warum überhaupt so ’ne blöde Karte mit einer 747 drauf?«
Okay, es wird doch etwas schwieriger als vermutet. Wusste ja nicht, dass ich mir ausgerechnet einen schwulen Moralapostel aussuche.
Scheiß drauf, denke ich und packe meine unsagbar blöde Lügengeschichte in vier Sätzen zusammen. Erstaunlicherweise ergreift der Flugbegleiter nicht sofort die Flucht, sondern hört sich alles an.
»Und du willst jetzt, dass ich die Karte mit an mein Reiseziel nehme und sie dort einwerfe.«
»Genau.«
Er schüttelt kurz den Kopf, nimmt mir jedoch die Karte aus der Hand und nickt schließlich.
»Dann sollte sie aber auch in Mexiko abgestempelt werden und nicht in München. Da flieg ich nämlich hin. Aber ich hab was für so Spinner wie dich übrig. Ich schau mal, wann die nächste Crew nach Mexiko fliegt und lege sie einem Kollegen ins Postfach. Versprechen kann ich aber nichts.«
»Das würdest du wirklich tun? Super, das ist echt nett von dir. Kann ich mich irgendwie dafür bei dir bedanken?«
Da klingen auch schon meine Alarmglocken. Das könnte im wahrsten Sinne des Wortes in die Hose gehen .
»Nein, passt schon. Vielleicht sieht man sich ja mal. Bist du aus Frankfurt?«
»Ja.«
»Ich auch. Bin übrigens der Oliver.«
»Robert.« Wir schütteln uns die Hände, und Oliver verschwindet durch das Drehkreuz.
Mein Plan muss also für die nächste Postkarte noch etwas verbessert werden. Es gibt noch kleine Lücken, aber Jana wird in den nächsten Tagen Post von mir erhalten. Von Robert Süßemilch. Pilot einer Boeing 747.
17
Der MuscleMaster X 2000
A ufgrund meiner ausgefeilten Postkartentaktik lebe ich in den nächsten sechs Tagen auf einer Welle der Euphorie. Ich perfektioniere mein Vorgehen und frage die meist weiblichen Flugbegleiterinnen, die ich abfange, zunächst, wo sie denn hinfliegen. Erst dann gebe ich ihnen die Karte mit und sage Jana im Anschluss, wo mein nächster Flug hingeht. Jana und ich schreiben uns SMS, da sie beruflich diese Woche viel zu tun hat und ich ja sowieso unterwegs bin. Eine großartige Masche. So bleibt alles schön unverbindlich. Das schreit nach einer Belohnung. Schließlich habe ich eine tolle Frau kennengelernt, Sex mit ihr gehabt und werde sie wahrscheinlich auch wiedersehen. Der Sex war echt gut. Sehr gut sogar. Zumindest für mich. Und ich glaube, dass ich mich an einige überzeugende Lustschreie ihrerseits erinnern kann.
Und so zieht es mich am heutigen Abend mit Emile in ein paar Äpplerwirtschaften in Sachsenhausen. Zum Gemalten Haus, Wagner, Kanonesteppel und wieder zurück zum Wagner , der uns allerdings rausschmeißt, weil es schon so spät ist. Mehrere Bembel und Mispelchen später befinde ich mich wieder auf dem Heimweg und erkenne eine relativ große Streuung meiner Schritte.
Mann, was bin ich voll. Ich kann mich nicht daran erinnern, in den letzten zehn
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