Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)
Kinder herbei, und das Lämmchen und das Täubchen verloren auch die Furcht und näherten sich. Nach einem Weilchen sagte der Bär: »Seid doch so gut, ihr Kinder, und klopft mir den Schnee ein wenig aus meinem Pelzwerk heraus.« Sie holten den Besen und kehrten den Bären ab, der streckte sich hin und brummte ganz vergnügt. Sie wurden endlich ganz vertraulich, zausten ihm sein Fell mit den Händen, oder setzten ihre kleinen Füßchen auf ihn und walgerten ihn hin und her oder holten eine Gerte und schlugen damit auf ihn los. Der Bär ließ sich alles gefallen, nur, wenn sie’s gar zu arg machten, rief er: »Laßt mich nur am Leben,
Schneeweißchen! Rosenrot!
Schlägst dir den Freier tot!«
Als Schlafenszeit war und die andern zu Bett gingen, sagte die Mutter zum Bär: »Du kannst in Gottes Namen da am Herd liegenbleiben, so bist du vor dem Wetter geschützt.« Am andern Morgen, als es Tag war, ließen ihn die Kinder wieder hinaus, und er trabte über den Schnee fort in den Wald. Von nun an kam der Bär jeden Abend zu der bestimmten Stunde und legte sich an den Herd, und sie waren so gewohnt an ihn, daß die Türe abends nicht eher zugeriegelt wurde, als bis der schwarze Gast angelangt war.
Als das Frühjahr herangekommen und draußen alles grün war, sagte der Bär eines Morgens: »Nun muß ich fort und darf den ganzen Sommer nicht wiederkommen.« Sprach Schneeweißchen: »Wo gehst du hin?«
»Ich muß in den Wald und meine Schätze vor den Zwergen hüten, im Winter, wenn die Erde hart gefroren ist, da müssen sie unten bleiben und können nicht durchbrechen, aber jetzt steigen sie heraus, suchen und stehlen, und was sie einmal in ihre Höhlen getragen haben, das kommt so leicht nicht wieder an den Tag.« Da öffnete ihm Schneeweißchen die Türe, und als der Bär sich hinausdrängte, blieb er an einem Türhaken hängen, und ein Stück von seiner Haut riß auf, und da war es Schneeweißchen, als hätte es Gold durchschimmern gesehen, aber es wußte es nicht recht, weil der Bär eilig fortgelaufen war.
Nach einiger Zeit sagte die Mutter: »Geht, Kinder, und sammelt Reisig, unser Vorrat ist bald zu Ende.« Als sie draußen im Wald waren, sahen sie einen großen Baum, der gefällt auf der Erde lag, und an dem Stamm, zwischen dem Gras, sprang etwas auf und ab, sie konnten aber nicht unterscheiden, was es war. Sie gingen näher herzu und sahen einen Zwerg mit einem alten und verwelkten Gesicht und einem Bart, der ellenlang und schneeweiß war. Aber das Ende des Barts war in eine Spalte des Baumstammes eingeklemmt, und der Kleine sprang hin und her, wie ein Hündchen an einem Riemen, und wußte nicht, wie er sich helfen sollte. Er glotzte die Mädchen mit seinen roten, feurigen Augen an und rief: »Was steht ihr da, könnt ihr nicht herbeigehen und mir Beistand leisten!«
»Was hast du denn angefangen, du kleines Männchen?« fragte Rosenrot. »Neugierige Geschöpfe!« antwortete der Zwerg, »den Baum da habe ich mir spalten wollen, um kleines Holz zum Kochen zu haben, bei einem dicken Klotz verbrennt gleich das bißchen Speise, das unsereiner braucht. Ich hatte einen Keil hineingetrieben, aber das verwünschte Stück Holz muß zu glatt gewesen sein, er sprang wieder heraus, und da fuhr der Baum wie der Blitz zusammen, und ich konnte nicht geschwind wieder zurück, da ist das Ende von meinem schönen, weißen Bart steckengeblieben. Ihr habt gut lachen mit euren albernen, glatten Milchgesichtern, pfui! wie garstig seid ihr!« Die Kinder zogen an dem Bart, aber umsonst, er steckte zu fest. »Ich will laufen und Leute holen«, sagte Rosenrot. »Ei was«, schnarrte der Zwerg, »wer wird gleich Leute herbeirufen, das wäre mir gelegen, dumme Gänse! wißt ihr keinen bessern Rat!«
»Warte«, sprach Schneeweißchen, »ich will dir helfen«, holte seine Schere aus der Tasche und schnitt das Ende des Barts ab. Als der Zwerg sich frei fühlte, griff er nach einem Sack Gold, der unter dem Baum lag, brummte dabei: »Ungeschlachtes Volk! schneidet mir ein Stück von dem prächtigen Bart ab, lohn’s euch der Guckuck!«, schwang den Sack auf seinen Rücken und ging fort, ohne zu den Kindern ein Wort Dank zu sagen oder sie nur einmal noch anzusehen.
Ein andermal wollten Schneeweißchen und Rosenrot ein paar Fische zum Abendessen mit der Angel fangen. Als sie sich dem Bache näherten, sahen sie, daß etwas, wie eine Heuschrecke, in großen Sprüngen nach dem Wasser zu hüpfte, als wollte es hinein. Sie liefen herzu und
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