Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)
Fackel erlosch, so daß sie nur noch ein wenig glühte.
Schließlich erreichten beide den Himmel. Die Sonne, die ihre Fackel brennend erhielt, ist leuchtend und heiß. Aber der Mond, dessen Fackel nur glüht, kann nur leuchten, ohne Wärme abzugeben. Im Himmel haben sie nun ihr Haus, das in zwei Räume geteilt ist.
Im großen Sommer geht die Sonne niemals in ihr Haus hinein. Sie ist Tag und Nacht draußen. Und die Erde wird dann herrlich, wenn der Schnee fortschmilzt und die Blumen aus dem Boden sprießen. In dieser Zeit verläßt der Mond niemals sein Haus.
Aber im Winter, wenn die Sonne ihre Wohnung nie verläßt, kommt die große Dunkelheit, und dann wird es den Menschen unheimlich. Der kalte Mond leuchtet dann ganz allein. Aber da er den Menschen auch auf andere Weise helfen soll, verschwindet er zeitweise. Dann muß er nämlich Fangtiere für die Menschen holen. Daher sagt man zum Neumond: »Hab Dank, daß du mit Beute gekommen bist!«
Während der großen Dunkelheit fahren die Menschen nicht auf Fang, sie besuchen sich dann nur gegenseitig und singen Trommelgesänge. Nur wenn ein Bär in die Nähe der Häuser kommt oder sich im Loch eines Eisberges versteckt, zündet man große Fackeln an und jagt ihn.
Wenn das Sternbild des Großen Bären der Morgendämmerung begegnet, werden die Menschen von übergroßer Freude erfüllt, denn dann kommt das Licht bald wieder.
Knecht Ruprecht
(Martin Boelitz)
Draußen weht es bitterkalt,
wer kommt da durch den Winterwald?
Stipp – stapp, stipp – stapp und Huckepack –
Knecht Ruprecht ist’s mit dem Sack.
Was ist denn in dem Sack drin?
Äpfel, Mandel und Rosin
und schöne Zuckerrosen,
auch Pfeffernüss’ fürs gute Kind;
die andern, die nicht artig sind,
die klopft er auf die Hosen.
Das Fest der Unterirdischen
(Wilhelm Hauff)
H err! ich bin aus einem Lande, das weit gegen Mitternacht liegt, Norwegen genannt; wo die Sonne nicht, wie in deinem gesegneten Vaterlande, Feigen und Zitronen kocht; wo sie nur wenige Monde über die grüne Erde scheint und ihr im Flug sparsame Blüten und Früchte entlockt. Du sollst, wenn es dir angenehm ist, ein paar Märchen hören, wie man sie bei uns in den warmen Stuben erzählt, wenn das Nordlicht über die Schneefelder flimmert.
In Norwegen, nicht weit von der Stadt Drontheim, wohnte ein mächtiger Mann, der mit Glücksgütern aller Art gesegnet war. Ein Teil der Umgegend war sein Eigentum, zahllose Herden weideten auf seinen Fluren, und ein großes Gefolge und eine Menge Diener zierten seinen Hof. Er hatte eine einzige Tochter, die Aslaug hieß, von deren Schönheit der Ruf weit und breit ging. Die vornehmsten Männer des Landes kamen und warben um ihre Hand, aber keiner war glücklich in seinen Bewerbungen; wer voll Vertrauen und Lust eingezogen war, ritt still und traurig wieder fort. Ihr Vater, welcher glaubte, sie wähle so lange, um den Besten herauszuwählen, ließ sie gewähren und freute sich ihrer Klugheit; doch, als endlich die Reichsten und Vornehmsten vergeblich, wie die andern, ihr Glück versucht hatten, so geriet er in Zorn, rief seine Tochter und sprach: »Bis dahin habe ich dir freie Wahl gelassen, aber da ich sehe, daß du jeden ohne Unterschied abweisest, und der beste Freier dir noch nicht gut genug deucht, so will ich nicht länger Nachsicht mit dir haben. Soll mein Geschlecht aussterben und mein Erbe in fremde Hände fallen? Ich will deinen Sinn brechen! Bis zum Feste der großen Winternacht gestatte ich dir Frist, hast du dann nicht gewählt, so will ich dich schon zwingen, dem deine Hand zu reichen, den ich dir bestimme.«
Aslaug liebte einen Jüngling, der Orm hieß, und ebenso schön als tapfer und edel war. Sie liebte ihn mit ganzer Seele, und wollte lieber sterben, als einem andern ihre Hand reichen. Weil aber seine Armut ihn nötigte, an dem Hofe ihres Vaters zu dienen, so mußte sie ihre Neigung geheimhalten; denn ihr Vater war zu stolz auf Macht und Reichtum, als daß er seine Einwilligung zu einer Verbindung mit einem so unbemittelten Manne gegeben hätte.
Als Aslaug sein finsteres Antlitz sah und seine zornigen Worte vernahm, ward sie leichenblaß; denn sie kannte seine Sinnesart und zweifelte nicht, daß er seine Drohungen erfüllen werde. Ohne ein Wort zu erwidern, ging sie zurück in ihre stille Kammer, sann und sann, wie sie das dunkle Wetter, das über sie herzog, abwenden könnte, aber sie sann vergeblich. Das große Fest rückte immer näher, und mit jedem Tage wuchs ihre
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