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Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)

Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition)

Titel: Weihnachten - Gedichte und Geschichten: Eine Weihnachtsgeschichte, Nußknacker und Mausekönig, Der Schneemann, Die Eisjungfrau, Schneeweißchen und Rosenrot, ... denkwürdige Neujahrnacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Heine
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empfangen. Orm und Aslaug blieben eine Zeitlang zweifelhaft und mit einer gewissen Scheu stehen, doch, zuletzt vom Hunger überwältigt, holten sie die Speise herbei, und als sie sich gesättigt hatten, und in den letzten über die Insel hinstreifenden Abendstrahlen weit und breit kein menschliches Wesen zu erblicken war, gaben sie ihrer Müdigkeit nach und legten sich in die lang entbehrten Betten.
    Sie hatten geglaubt, in der Nacht von den heimkehrenden Eigentümern geweckt zu werden, doch, ihre Erwartung ging nicht in Erfüllung; sie schliefen ungestört, bis ihnen die Morgensonne in die Augen leuchtete. Auch in der Folge zeigte sich niemand, und es schien, als habe eine unsichtbare Macht das Haus im voraus für sie instand gesetzt. Sie verlebten den ganzen Sommer in vollkommener Glückseligkeit, zwar einsam, doch ohne die Menschen zu vermissen; sie hatten alles, was sie bedurften, die Eier der wilden Vögel und der Fischfang gewährten überflüssige Nahrung.
    Im Herbst gebahr Aslaug einen schönen Knaben. Mitten in der Freude über sein Dasein wurden sie durch eine wunderbare Erscheinung überrascht. Die Türe öffnete sich plötzlich, und eine alte Frau trat herein. Sie hatte ein schönes, blaues Kleid an; etwas Stolzes, aber auch etwas Seltsames und Befremdendes lag in ihrem Wesen. »Erschreckt euch nicht«, sagte sie, »daß ich so unerwartet bei euch erscheine, ich bin die Eigentümerin dieses Hauses und danke euch, daß ihr es so reinlich und wohl gehalten habt und ich alles in solcher Ordnung bei euch finde. Gerne wäre ich früher gekommen, aber es war nicht eher möglich, als bis dieser kleine Heide (dabei deutete sie auf das neugeborene Kind) zugegen war. Jetzt habe ich freien Zugang. Nur holt keinen Priester von dem festen Lande, der es tauft, sonst muß ich wieder fort. Wollt ihr euch aber in diesem Stück nach meinem Willen bequemen, so dürft ihr nicht bloß ferner hier wohnen bleiben, sondern ich will euch so viel Gutes tun, als ihr nur immer wünschen könnt. Was ihr anfangt, soll gelingen, ja, das Glück euch beständig auf den Fersen folgen. Erfüllt ihr aber jene Bedingung nicht, so seid gewiß, daß Böses auf Böses bei euch einkehren soll, selbst an diesem Kinde werde ich mich noch rächen. Bedürft ihr etwas, oder seid ihr in Gefahr, so nennt dreimal meinen Namen und ich will gleich erscheinen und euch Beistand leisten. Ich bin aus dem Geschlecht der alten Riesen und heiße Guru . Hütet euch aber, in meiner Gegenwart den Namen dessen zu nennen, den kein Riese hören darf, und wagt es nicht, das Zeichen des Kreuzes zu machen, oder es in einen Balken oder ein Brett im Hause einzuschneiden. Ihr könnt dieses Haus das ganze Jahr über bewohnen, nur seid so gut, und räumt es mir am Juleabend, wenn die Sonne am tiefsten steht, weil wir dann unser großes Fest feiern und weil dies die einzige Zeit ist, wo man uns vergönnt, lustig zu sein; wenigstens, wenn ihr nicht gerne hinausgehen wollt, haltet euch den ganzen Tag auf dem Boden so ruhig als möglich, schaut auch, so lieb euch das Leben ist, nicht in die Stube herab, bis Mitternacht vorüber ist. Hernach mögt ihr von allem wieder Besitz nehmen.«
    Als die Alte dies gesagt hatte, verschwand sie. Aslaug und Orm, beruhigt über ihre Lage, lebten ohne eine Störung vergnügt und heiter. Orm warf das Netz nicht aus, ohne einen reichlichen Zug zu tun, er schickte keinen Pfeil vom Bogen, der nicht sicher traf, was sie unternahmen, auch das Geringste, hatte ein sichtbares Gedeihen. Als Weihnachten herbeikam, reinigten sie das Haus aufs beste, stellten alles in Ordnung, zündeten Feuer auf dem Herde an, und stiegen bei herannahender Dämmerung auf den Boden, wo sie sich still verhielten. Als es dunkel geworden war, glaubten sie ein tönendes Zischen und Wiehern in der Luft zu hören, wie es Schwäne in der Winterzeit von sich zu geben pflegen. Über dem Herd, in dem Dach, war eine Lücke, die geöffnet und geschlossen werden konnte, teils um den Tag von oben einzulassen, teils um einen Zug für den Rauch zu erhalten. Orm hob den mit einer Haut überzogenen Deckel in die Höhe und streckte den Kopf hinaus. Welch ein wunderbarer Anblick bot sich seinen Augen dar! Die kleinen Inseln umher leuchteten sämtlich, es waren unzählige blaue Lichtchen, die sich unruhig bewegten, auf- und absprangen, dann nach dem Gestade hüpften, sich sammelten, und der großen Insel, wo Orm und Aslaug wohnten, immer näher kamen. Endlich langten sie an und ordneten sich in

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