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Weihnachten mit Mama

Weihnachten mit Mama

Titel: Weihnachten mit Mama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Thanner
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noch analog lebten und noch nicht unentwegt Freunde und Verwandte fotografierten, um dann anschließend durch Myriaden von digitalen Bilddateien zu scrollen. Meine Mutter verschenkte ihre Fotoabzüge noch mit einem Lächeln; sie würde es abwegig finden, ihr ganzes Leben ins Netz zu stellen.
    Ich fand den Apparat in einer Schublade. Sogar zwei Filme. Na, dann kann ja nichts mehr schiefgehen!
    Woher nahm ich nur immer wieder diesen völlig unbegründeten Optimismus?
    Wir gingen zurück in den Salon. Wie ein Profi legte Papa einen der beiden Filme in die Kamera. Anstellen ließ sie sich nicht.
    »Was ist denn nun los? Ist etwa die Batterie leer? Das darf ja wohl nicht wahr sein … jetzt!«
    »Lass mich mal.« Robert nahm seinem Vater den Apparat aus der Hand und fummelte mit fachmännischer Miene, die aber immer widerspenstiger und verzweifelter wurde, daran herum.
    Es war Max, der Hilfe anbot, die wirklich hilfreich war.
    »Ihr müsst erst die Kappe abnehmen. Dieses Modell lässt sich nur einschalten, wenn die Kappe ab ist.«
    »Hat man so was schon gehört?«, murmelte Papa. »Ich kenn das Ding doch schon seit Jahren.«
    Auch mir kam es merkwürdig vor, doch was technische Dinge anbetraf, war ich von stupender Verblüffungsfähigkeit. Ich staunte immer wieder laienhaft, was ging und was nicht.
    »Wo ist denn das Blitzlicht?«, fragte Mama.
    »Ist das nicht eingebaut?«, erwiderte ich.
    »Nein, ist es nicht. Das ist ein eigenes Gerät, das man da oben aufsteckt … Könntest du bitte noch einmal nachschauen gehen? Wo der Fotoapparat war, müsste eigentlich auch das Blitzgerät zu finden sein.«
    Ich hatte kein Blitzgerät gesehen, da war ich mir ziemlich sicher. Weder in der Schublade noch sonstwo. Doch brav machte ich mich erneut auf den Weg in Mamas Reich.
    Ich kämmte das Boudoir mit einer Akribie durch, die sonst nur Ermittlungsbeamte bei einer richterlich angeordneten Hausdurchsuchung an den Tag legen. Ich spähte in jede Schublade, in jeden Schrank, in jedes Fach. Ich legte mich auf den Boden und ließ meinen Blick um dreihundertsechzig Grad durch den Raum schweifen. Ich durchwühlte sogar die Dessous meiner Mutter, mit überaus gemischten Gefühlen, als täte ich etwas Verbotenes, als überschritte ich eine Grenze, die ich nie und nimmer hätte passieren dürfen. Vergeblich.
    War das Blitzgerät womöglich Bruno in die Klauen gefallen?
    Wo hast du das hingetan, du Hund?
    Doch Bruno war unschuldig, ausnahmsweise. Mama selbst musste das Blitzlicht in einem Augenblick frühseniler Umnachtung in einen Strumpf gesteckt haben, aus welchem Grund auch immer. Ich zog es aus diesem Strumpf und bedachte es mit einem ungläubigen, fassungslosen Blick.
    Na also.
    Ehrlich gesagt, halte ich wenig von Blitzlicht. Ja, manchmal geraten die Aufnahmen ohne das Geblitze ein bisschen zu dunkel. Aber das ist immer noch besser als diese grell ausgeleuchteten Szenen, die so unnatürlich aussehen. Denn nie und nimmer ist es im Raum so hell, wie der Blitz es insinuiert. Und die Gesichter der Aufgenommenen geraten unter der überhellen Ausleuchtung zu harten Visagen, in denen noch jede Falte und jede Pore so scharf zu erkennen sind, wie man sie niemals zu sehen wünscht.
    Aber, bitte, wenn die betagten Damen Aufnahmen wünschen, in denen ihre verblühende Schönheit restlos ausgeleuchtet ist – bitte sehr!
    Flugs trug ich das Blitzgerät in den Salon, wo es mir von Papa mit einem vorwurfsvollen »Wurde auch Zeit!« abgenommen wurde. Während er Fotoapparat und Blitzlicht in der dafür vorgesehenen Position zusammensteckte, entbrannte eine Diskussion über den richtigen »Standort« der Gruppe.
    »Stellt euch alle vor den Weihnachtsbaum!«, ordnete Mama an.
    »Was soll denn das?«, fragte Bernhard, der den Fotoapparat nahm, um durch den Sucher blickend den Aufbau der Gruppe zu überwachen. »Den sieht man doch gar nicht, wenn sich alle davor postieren.«
    »Man sieht schon noch was«, beharrte Mama. »Hier ist ja wohl niemand so groß wie dieses Prachtexemplar von Baum.«
    »Das Geglitzer an diesem Baum wird reflektieren … das Blitzlicht, meine ich … du wirst schon sehen.«
    »Wie wäre es dort … vor den Geschenken? Die muss man ja nicht sehen … Dafür wäre dann auf dem Bild rechts noch was vom Weihnachtsbaum zu erkennen.«
    Karins Vorschlag führte zu allen möglichen Fürs und Widers.
    »Ja, vielleicht …«
    »Aber …«
    »Das klappt doch nie und nimmer …«
    »Da ist kein Platz für alle …«
    Bernhard übernahm das

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