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Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Titel: Weihnachtsgeschichten am Kamin 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Friedrichsen , Ursula Richter
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Dezember durften wir schon um die Mittagszeit unseren Schraubstock verlassen. Der 2. Feiertag war für uns wieder ein Arbeitstag.
    So konnte ich bei meiner Mutter, die fünfzig Kilometer von Hamburg entfernt wohnte, das Weihnachtsfest verbringen. Die Bahnstrecke war einige Male durch Bombentrichter unterbrochen, so daß wir immer wieder marschieren mußten. Am späten Nachmittag kam ich zu Hause an und wurde schon ungeduldig und sehnsüchtig von meiner Mutter erwartet. Außer mir kam niemand. Vater und Bruder waren im Felde, und es gab schon seit Wochen kein Lebenszeichen von ihnen.
    Ich war nun total erschöpft und ausgehungert zu Hause angekommen und hatte nur den einen Wunsch mich auszuruhen.
    Aber es kam ganz anders.
    Am Verhalten meiner Mutter hatte ich schon bemerkt, daß sie etwas Außergewöhnliches mit mir vorhatte.
    In unserem Bekannten- und Freundeskreis gab es keinen einzigen Mann. Sie waren Soldaten, vermißt oder nicht mehr am Leben. Meine Mutter hatte nun die Idee, ich könnte die Kinder als Weihnachtsmann bescheren. Sie hatte es bereits überall verkündet. Mir blieb also gar keine andere Wahl. Die Verkleidung war schon hergerichtet, was zu der Zeit sehr schwierig war. Ehe ich mich versah, fand ich mich als Weihnachtsmann vor dem Spiegel wieder. Wirklich wunderschön.
    Meine Mutter hatte alle Pakete bei den Familien eingesammelt und sie in einen riesigen Kartoffelsack gesteckt.
    Nun schulterte ich den Sack und marschierte zu den nächsten Nachbarn. Die Kinder sagten artig ihre Gedichte auf, und ich fuchtelte mit der Rute herum. Die Kinder hatten mich nicht erkannt. Die Generalprobe hatte ich bestanden. Doch bevor ich mich verabschiedete, mußte ich einen Schnaps trinken. Glühend heiß rann er mir die Kehle hinab. Es war Selbstgebrannter Rübenschnaps.
    Nun klopfte ich bei der nächsten Familie. Die Kinder sahen mich etwas beklommen an, vielleicht hatten sie sich den Weihnachtsmann etwas anders vorgestellt. Größer und dicker vielleicht. Ich war klein und zu der Zeit ganz dünn. Nach dem üblichen Ablauf mit Gedichten und Weihnachtsliedern wurde mir ein wunderbarer Johannesbeerlikör gereicht, und da ich ihn so lobte, mußte ich noch einen zweiten trinken. Allmählich wurde ich etwas weich in den Knien, und die Zunge wurde schwer. Mit der nächsten Familie, die ich aufsuchte, waren wir verwandt und auch befreundet. Dort waren zwei kleine Mädchen zu bescheren. Die beiden Kleinen starrten gebannt auf meine Stiefel und sagten: «Du Weihnachtsmann, unsere Tante Meta hat ganz genau solche Stiefel wie du.» (Die Tante Meta war meine Mutter.) Die Mutter der Kinder rettete die Situation. Sie sagte ihnen, daß es viele derartige Stiefel gibt. Auch hier wurde ich mit einem Schnaps verabschiedet.
    Gott sei Dank hatte ich nur noch zwei kleine Päckchen in meinem Sack. Inzwischen war ich so beschwipst, daß es mir schwerfiel, den Kurs zu halten. Es war stockfinster draußen, und ich hatte große Mühe, das letzte Haus zu finden. An diese Bescherung kann ich mich auch nur verschwommen erinnern.
    Mit dem leeren Sack und in einem ziemlich schlimmen Zustand kam ich wieder zu Hause an. Meine Mutter hatte inzwischen unser kärgliches Mahl zubereitet und liebevoll den Tisch gedeckt. An unserem Tannenbäumchen brannten zwei Kerzen, mehr gab es nicht. Alles drehte sich um mich, und ich fiel wie tot auf das Sofa.
    Das Festessen mußte auf den nächsten Tag verschoben werden, und unsere eigene Bescherung fiel sowieso aus, denn es gab nichts zu bescheren.
    Dieses war das einzige Kriegsweihnachten, an das ich mich oft und gerne erinnere. Die Geschenke für die Kinder waren so ärmlich und bescheiden, aber die Kinder waren glücklich darüber, daß ein richtiger Weihnachtsmann sie ihnen gebracht hatte.

    Manfred Richter

Das Festtagsessen

    Es war in der Adventszeit, als unsere Kinder Annika, damals zehn Jahre alt, und Gunnar, sechs Jahre, ganz aufgeregt ins Haus kamen und erzählten, daß die Gänse der Familie Twachtmann von gegenüber, die sonst immer laut schnatternd an den Zaun kamen, auf dem ganzen Hof nicht mehr zu sehen sind. Als wir vorsichtig zu erklären versuchten, daß Gänse zu dieser Zeit meist geschlachtet würden, um dann Weihnachten als Festtagsbraten auf den Tisch zu kommen, waren unsere Kinder empört. Diese Empörung steigerte sich zu einem lautstarken Protest unserer sonst so lieben Kinder, als meine Frau und ich nun schon fast schuldbewußt und kleinlaut erwähnten, auch wir hätten bei den Twachtmanns

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