Weihnachtsglanz und Liebeszauber
tu meine Pflicht auch ohne Hektor.«
7. Dezember
P etzen ist echt das Hinterletzte, aber mitten in der Nacht war ich aufgewacht und hatte mir überlegt, wie ich Rese – Jan Jörk hin oder her – so das Fürchten beibringen könnte, dass sie die Finger von ihm lassen würde. Nicht, dass ich den Typ wollte, ne, aber es gab ja vielleicht mal einen Nachfolger von Jan, einen Jungen, der nicht sofort die Fliege machte, wenn meine Schwester mit den getuschten Wimpern klapperte und mit dem Po wackelte.
Da Jungs aber total auf Klappern und Wackeln abfahren und ich auf diesem Gebiet nichts Überwältigendes zu bieten hatte, musste ich anders an die Sache rangehen.
Wie schaffe ich Rese? fragte ich mich und beschloss, zuerst mal meine Ma um einen Tipp zu bitten. Unauffällig natürlich.
So kam’s, dass ich am Morgen aus dem Bett sprang, sobald ich sie in der Küche hörte. »Sag mal, Ma, was würdest du tun, wenn jemand, der viel schöner ist als du, dir jeden Jungen vor der Nase wegschnappen würde? Ich meine«, setzte ich hinzu, »das ist natürlich nur so ’ne Frage.«
»… vier, fünf, sechs, sieben.« Meine Mutter löffelte Kaffeepulver in den Filter der Kaffeemaschine, dann drehte sie sich schwungvoll um. »Ally«, sagte sie. »Ally, in einem solchen Fall ist das Problem nicht das schöne Mädchen, sondern der Junge. Wenn er nämlich nur Augen für äußere Schönheit hat, ist er es nicht wert, dass du auch nur einen Finger krumm machst.
Ist er aber ein echt toller Kerl, dann wünscht er sich ein Mädchen, mit dem er Pferde stehlen kann. Schönheit allein langweilt ihn, glaub mir das.«
Meine Mutter steckte einen Löffel ins Marmeladenglas. »Aber natürlich wäre es ziemlich dusslig, nur dazustehen und zu warten, bis sich der Junge über seine Gefühle klar geworden ist. Man muss schon zeigen, was man so drauf hat.«
»Echt? Was hab ich denn so drauf, Ma?«
»Ally – « In diesem Augenblick fing Hektor an zu jaulen, und wie auf Knopfdruck erschienen mein kleiner Bruder Nick und, eine Sekunde nach ihm, Benno. Verdammt, konnte man seine Mutter nicht mal ein paar Minuten für sich haben?
An der Kreuzung bog wieder ein verrückter Radler knapp vor mir auf die Straße ein, wieder legte ich so ’ne Vollbremsung hin, dass ich fast übern Lenker kippte, wieder brüllte ich: »Du Volltrottel! Du Idiot!«, und wieder war es Jan. Jan Jörk, der Wikinger.
»Hey, Ally! Warte mal ’ne Sekunde!«
»Wozu?« Wie wild trat ich in die Pedale. Der Junge war schneller als ich. Er fuhr vor mich, stellte das Rad quer, und obwohl ich es wirklich nicht wollte, musste ich anhalten. »Hau ab!«
»Ally! Bist du sauer?«
»Klar bin ich sauer.«
»Wegen deiner Schwester?«
Ich schwieg. Wenn er nicht kapierte, dass ich sauer war, weil er sich von Rese hatte abschleppen lassen, war ihm nicht zu helfen.
»Hör mal, du weißt doch, dass Rese beklötert ist«, sagte er rasch.
»Na und? Trotzdem bist du gestern mit ihr abgezogen.«
Inzwischen schoben wir die Räder und gingen nebeneinander her.
»Du hast dich gestern geschminkt, sagte Rese.« Jan tippte sich an die Stirn. »Ich fand das voll bescheuert, und mit den roten Augen hast du ausgesehen wie …«
»… ein Vampir?«, half ich ihm auf die Sprünge.
»Neee. Das hätte mich nicht gestört. Ich dachte, du wärst eben doch wie deine Schwester. Voll beklötert eben.«
Ich riss die Augen auf. »Wie bitte? Ich bin nicht wie meine Schwester!«, protestierte ich wütend. »Das ist ja mein Unglück, du Depp!«
Jetzt riss Jan die Augen auf. »Das ist nicht dein Ernst, Ally.«
»Doch! Ist es!«
»Ich dachte, du wärst anders.« Er stieg aufs Rad. »Dann schmink dich eben wie die Rese!«, rief er wütend über die Schulter zurück und sauste bei Dunkelgelb über die Kreuzung.
Fassungslos starrte ich ihm hinterher. Was war denn das? Hatte ich mich verhört oder was?
Langsam stieg ich auf und radelte Richtung Schule. Als ich in den Hof einbog, war mir klar, dass ich mich blöd benommen hatte. Saublöd sogar. Ich hatte alles vermasselt – der Junge dachte jetzt, ich wäre wie Rese. Nicht so schön, aber genauso deppert. Eitel eben. Von tausend Freunden umringt. Kein Mädchen, mit dem man Pferde stehlen konnte.
Ich stellte mein Rad in den Ständer, und während ich es abschloss, bemerkte ich das verrostete Uraltmodell daneben. Hm. Niedergeschlagen schlich ich ins Klassenzimmer.
Am Nachmittag hatte Jan Reitstunde. Das wusste ich, und Rese wusste es auch. Von meinem Fenster
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