Weihnachtsglanz und Liebeszauber
haarscharf vor meinem Radl über die Straße flitzte. So langsam zweifelte ich an mir und meinem Mut – oder hatte vielleicht ich einen Sprung in der Schüssel?
Endlich bog ich ins letzte, ins oberste Sträßchen ein. Nur noch drei Häuser lagen an meinem Weg. Das war gut so, denn außer dass das komische Gefühl in meinem Rücken anhielt, war mir kalt.
Wow!
Da, genau vorm Gartentörchen des letzten Hauses zur linken Seite stand eine Straßenlaterne und beleuchtete den Eingang. Und – über der Tür des Hauses hing eine Girlande. Sie war so dick und auch so lang wie die, die uns geklaut worden war.
»Das ist sie«, flüsterte ich, obwohl ich allein und weit und breit kein Mensch zu sehen war. »Ich schwör’s, sie ist es! Die Länge stimmt. Und die Lichterkette auch.«
In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Weiter als bis zur Suche hatte ich Dussel nicht gedacht. Was war mit Beweisen? Keine vorhanden. Trotzdem schob ich mein Rad ins Gebüsch auf der anderen Seite, rieb meine Ohren, bis sie nicht mehr so gefühllos waren, und schritt dann energisch vors Gartentor. Dort klingelte ich.
Nichts tat sich.
Ich klingelte ein zweites Mal.
Wieder blieb alles still. Und dunkel im Haus.
Je länger ich auf die Girlande starrte, umso unsicherer wurde ich. In jedem Blumengeschäft, in jeder Gärtnerei konnte man eine Girlande in passender Länge erstehen. Diese hier passte exakt um die Haustür herum. Konnte doch sein, dass sie auf Maß gearbeitet war?
Ich gab mich noch nicht geschlagen, denn in keinem Zimmer brannte ein Licht, und alle Rollläden waren noch oben, was mir sagte, dass die Bewohner nicht zu Hause waren.
Ich stellte mich auf Zehenspitzen und prüfte, wie die Girlande befestigt war: Sie hing an Drahtschlaufen, und die wiederum an Haken – genau wie wir es auch machten. Allerdings schien mir plötzlich, als wären die Birnchen der Lichterkette größer als unsere.
Und wenn schon … Ich hob die Girlande an der rechten Seite an. Die erste Drahtschlaufe glitt aus dem Haken, die zweite auch, und da, als ich mich um die dritte bemühte, hörte ich das Auto.
Mist aber auch!
Das Auto fuhr den Berg herauf. Im Nu flitzte ich zu meinem Radl und verbarg mich hinterm Busch – hier fingen nämlich schon die Wiesen an. Das Auto kam vor der Garage des Hauses zum Stehen, der Fahrer öffnete das Tor mit der Fernbedienung, das Auto glitt hinein, das Tor schloss sich.
Puh, das war knapp gewesen!
Im Haus gingen die Lichter an. Dann wurde die Haustür geöffnet, eine Frau in einem sehr flotten Kostüm trat heraus und holte die Post aus dem Kasten. Sekunden später kam ein Mann, bückte sich, und die Lichter an einer kleinen Tanne leuchteten auf. Und die über der Eingangstür auch.
Alle Birnen, die an der Tanne und die an der Girlande, gingen an und leuchteten in Rot, in Gelb, in Grün, in Blau.
Das war total geschmacklos, fand ich. Kitsch in Reinkultur.
Mann war ich froh, dass ich nicht die falsche Girlande beschlagnahmt hatte!
13. Dezember
A n diesem Tag, dem Donnerstag, wartete Jan wieder an derKreuzung und sagte anstelle einer Begrüßung: »Ally, du stehst in der Zeitung.«
»Iiich? Wegen des armen alten Esels?«
»Ne, weil du die Taschendiebin festgehalten hast.«
Rese quietschte. »Davon hast du uns aber nichts gesagt!«
»Na und? Man muss ja nicht alles an die große Glocke hängen, oder?«, entgegnete ich bescheiden, obwohl ich eigentlich ziemlich stolz auf mich war.
»Für meine kleine dünne Schwester mit den Wischmopphaaren ist das Festhalten von Taschendieben überhaupt nichts Besonderes«, sagte Rese schnippisch. »Wo ist die Sache denn passiert?«
»Auf dem Weihnachtsmarkt«, antworteten Jan und ich gleichzeitig.
»Oho! Das bedeutet, dass ihr zusammen wart?«, kombinierte Rese blitzschnell. An ihrer Stimme merkte ich, dass sie sich fürchterlich darüber ärgerte. Garantiert würde sie Jan so lange nerven, bis er auch mit ihr über den Weihnachtsmarkt bummelte.
Aber Jan war Rese gewachsen. »Die Bremsen an deinem Rad, Rese! Sind die wieder in Ordnung?«
Natürlich gab sie nicht zu, dass die Bremsen schon immer in Ordnung gewesen waren, aber dass sie zumindest heute einwandfrei funktionierten, konnte sie nicht leugnen.
»Und wurde das Hofverbot für den Bruder deines Freundes aufgehoben, Rese?«, forschte Jan weiter.
Ich grinste in mich hinein. »Nein«, gab Rese zu. »Aber das macht mir nichts aus.«
»Echt?« Jan tat so, als sei er fürchterlich überrascht. »Ich an
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