Weihnachtskatze gesucht
rummümmeln. Auch die beiden mageren Esel machten keine Anstalten, nach ihr zu treten, sondern betrachteten sie nur mit milder Aufmerksamkeit.
Mit weitaus größerem Interesse aber bohrte sich ein gelbgrüner Blick in ihr Nackenfell, das sich auch prompt sträubte.
Dann gab es auch schon einen Plumps neben ihr, und ein riesiger Grautiger funkelte sie herrisch an.
»Das ist Mac, Kleine – er spielt sich hier als Boss auf«, erklärte Tinka von oben herab.
Richtig, der spielte sich auf.
Brummte auch schon drohend.
»Willste Zoff?«, fragte SueSue leise.
»Klar!«
»Kannst haben!«
Scrrratsch – zischte ihre Kralle durch die Luft, und nur ein zügiger Sprung zurück verhinderte, dass Macs Nase vor Blut troff.
|11| »Du scheinst nicht viel Hilfe zu brauchen, Curly«, meinte Tinka. »Macht das unter euch aus. Das Revier ist groß genug, dass ihr euch aus dem Weg gehen könnt.«
Aus dem Weg gehen war nun nicht die Option, die SueSue für sich gewählt hätte. Dazu hatte sie viel zu lange einem eigenen Revier vorgestanden.
Als Mac sich von seinem ersten Schrecken erholt hatte, ging er erneut zum Angriff über. Dummkralle, schloss SueSue und sauste an ihm vorbei. Er hinterher. Sie unter dem Esel durch, über den alten Hund, Holztreppe hoch.
Da am Eingang umdrehen – ein Kreischen.
Fellflusen flogen.
Dann rein. Holzbalken rauf, ein paar ausgesuchte Unflätigkeiten auf den Verfolger prasseln lassen.
Der konterte, aber sie war lauter.
Viel lauter.
Noch eine gehetzte Runde durch die Scheune. Diesmal Mac vorweg, sie hinterher. Einen ordentlichen Flusen aus seinem Schwanz gezogen.
Er dreht sich um, faucht.
Sie auf die Hinterbeine. Kreischt.
Er jodelt. Kampfgesang.
»Lass stecken, Mann«, sagt SueSue, dreht sich um und geht weg,
Langsam, betont gleichgültig.
Er hinter ihr her. Langsam, betont gleichgültig.
Sie über die Schulter: »Für’n Dreibeinigen nicht schlecht, Mac.«
|12| »Für ’ne Kleinohrige auch nich.«
»Pfff.«
»Sind wohl dein schwacher Punkt, was?«
»Pfff.«
SueSue blickte sich um, nun, da die ersten Feindseligkeiten beendet waren. Was sie sah, gefiel ihr. Eine luftige Scheune mit einem Heuboden, Körbe hier und da, bewohnt von allerlei Artgenossen, die sie entweder müde oder aufmerksam anblinzelten. Unten ein Futterplatz, Näpfe mit Trockenfutter, etwas Spielzeug. Auch das hatte es schon lange nicht mehr gegeben.
Sie trottete zwischen den verschiednen Lagern herum und fand eine Schachtel unten auf dem Boden in der Nähe des Tors. Mochte man oben auch den besseren Überblick haben, hier unten war die Flucht schneller möglich. Man lernte, auf solche Feinheiten zu achten.
Zufrieden trampelte SueSue die Decke in der Kiste in Form und bezog ihre neue Lagerstatt.
Eigentlich nicht schlecht, das Quartier. Auch wenn es etwas entwürdigend war, wie sie hierhergebracht worden war. Aber sie hatte sich ja selbst aufgemacht, einen warmen Platz zum Überwintern zu finden. Ihr bisheriges Revier war nicht geeignet, frostklirrende Tage zu überleben.
Zufrieden gönnte sie sich nach der wilden Verfolgungsjagd eine Runde Dösen.
Als sie wieder zu Bewusstsein kam, war der Abend hereingebrochen. Doch ganz so dunkel schien es hier nicht zu sein. SueSue musste zweimal blinzeln, bis sie erkannte, was da die Helligkeit spendete, die durch das Scheunentor |13| fiel. Es war dieser große Baum mitten im Hof. Das war ja irre – der leuchtete!
Als ob Hunderte von Glühwürmchen darin saßen.
Glühwürmchenzeit war doch gar nicht, oder?
Neugierig hüpfte sie aus ihrer Schachtel und strich um den Baum herum. Er roch wie Tanne, ganz normal. Und die Lichter waren keine Glühwürmchen.
»Na, Curly, bewunderst du unseren Weihnachtsbaum?«
Tinka kniete neben ihr nieder und streichelte ihren Rücken. Zufrieden machte SueSue einen Buckel und schnurrte leise.
Weihnachtsbaum – natürlich. Das hatte sie fast vergessen.
Ein Weihnachtsbaum! Beinahe sehnsüchtig schaute sie in das flimmernde Geäst.
An Weihnachten hatte sie gute Erinnerungen. An eine warme Heimstatt, gutes Essen, eine liebevolle Frau. Nur die blöde Schleife – aber das war ja nun auch Geschichte.
Tinka war nett, auch wenn ihre Ohren sehr klein waren. Sie rief jetzt auch alle zum Futtern in die Scheune. Gemächlich trollte SueSue hinter ihr her und überließ großmütig dem dreibeinigen Mac den Vortritt.
Es war genug für alle da.
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2. Die Ausstellung
S alvia lutschte an ihrem schwärzlichen Daumen. Der Ilex hatte es
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