Weihnachtskatze gesucht
so lange unbeaufsichtigt lassen.«
»O Mann, ja, entschuldige. Ich bin so doof. Na, dann lasst uns hochgehen zu dir.«
Ein bisschen verdutzt war Salvia schon, denn Mona war normalerweise nicht so konfus. Aber möglicherweise hatte der Weihnachtsstress auch bei ihr Spuren hinterlassen. Sie ging voran und schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf. Ging durch den kleinen Flur, betrat das Wohnzimmer und blieb stocksteif stehen.
Mitten auf dem Teppich saß eine kleine braune Katze mit lockigem Fell und sah sie mit großen grünen Augen an.
»SueSue«, krächzte sie. Und dann etwas normaler: »SueSue?«
|139| Die Katze erhob sich und trippelte auf sie zu.
Salvia beugte sich zu ihr hinunter.
»SueSue?«
»MauMau.«
Als sie auf Salvias Arm saß, rammte sie ihren Kopf gegen ihr Ohr und schnurrte.
Salvia schniefte.
»Auf dem Gnadenhof hab ich sie gefunden«, grummelte Steve und stand einigermaßen betreten neben dem Weihnachtsbaum. SueSue zappelte wie verrückt und verlangte, auf den Boden gesetzt zu werden. Salvia gehorchte und wurde ihres Staunens kaum Herr. Warum sahen sich ihre Gäste so verlegen an? Warum stromerte SueSue zur Schlafzimmertür? Warum kratzte sie wie verrückt daran?
Salvia sah von einem zum anderen.
»Ich muss dir was erklären«, sagte Steve.
»Nein, du hast sie zurückgebracht. Du glaubst gar nicht, wie dankbar ich dir bin.«
»Wart’s ab. Also, vor vier Tagen habe ich ihre Spur gefunden. Aber als ich sie holen wollte, verschwand sie plötzlich. Niemand auf dem Gnadenhof wusste, warum sie auf einmal weggelaufen war und wo sie sich versteckt hielt.«
»Aber sie ist trotzdem hier.«
»Ja, mir ist es gelungen, ihr Versteck zu entdecken. Sie hatte sich in die Hütte eines alten Hundes verkrochen und nachts heimlich von seinem Napf gefuttert. Auf die Idee ist niemand gekommen.«
Salvia lachte ein bisschen unsicher.
|140| »Nein, klingt ungewöhnlich.«
»Es war noch etwas ungewöhnlicher. SueSue hat sich während ihrer Zeit auf dem Hof offensichtlich mit zwei Katern angefreundet. Einem dreibeinigen Grautiger namens Mac. Der – ähm – lebt jetzt bei mir. Und einem blinden Kartäuser. Der – ähm – lebt jetzt bei dir.«
Mona machte die Schlafzimmertür für SueSue auf, die Kleine verschwand. Es kruschelte und kratzte unter dem Bett. Dann kam sie wieder hervor und mit ihr ein grauer Kater, der vorsichtig Pfote vor Pfote setzte.
Salvia starrte den Grauen fassungslos an.
SueSue starrte sie an und gab ein fragendes »Mau?« von sich.
Salvia blickte von einem zum anderen, dann kniete sie nieder und nahm dem Kater die staubige, zerfetzte grüne Schleife aus dem Maul, die SueSue im vergangenen Jahr um dem Hals getragen hatte.
»Du bist SueSues Weihnachtgeschenk an mich, Kater?«
Er schnüffelte vorsichtig an ihrer Hand.
»Tinka, die Betreuerin im Gnadenhof, nannte ihn Mutzel«, murmelte Steve. »Aber irgendwie will mir der Name nicht passen.«
»Nein, der passt nicht.« Salvia betrachtete den Kater und strich ihm sacht über das samtige graue Fell. »Was mag dich nur auf den Gnadenhof gebracht haben?«
»Ein Junge hat ihn im Garten seiner Eltern gefunden. Er trägt einen Chip, aber die Besitzer wollten ihn nicht zurückhaben. Es taugte nicht mehr für Ausstellungen, blind, wie er ist.«
|141| »Manchmal …«
»Ja, manchmal.«
Der Kater brummelte vor sich hin, drehte aber seinen dicken Kopf in Salvias Hand.
»Und wie heißt du wirklich?«, fragte Salvia leise.
»Orrrr«, antwortete er, und SueSue, die sich an ihn drängte, maunzte: »Muuuuzzzz!«
»Ormuz, der Weise. Ja, das scheint sehr passend. Einverstanden, Ormuz?«
Der Kater fuhr ihr mit der Zunge über die Hand und leckte ihr dann gründlich den Zeigefinger ab. Salvia lächelte. Dann sah sie zu Steve hoch. Der lächelte auch.
In dem Augenblick erkannte sie, dass das Flattern in ihrem Magen nicht vom Hunger kam.
»Leute, es gibt Ente. Mit ganz viel Salbei. Ich denke, sie reicht auch für zwei weitere Freunde in dieser Runde.«
SueSue und Ormuz lagen unter dem Weihnachtsbaum neben der grünen Schleife und dösten mit rund gefutterten Bäuchen.
»Gut, nicht?«, schnurrte SueSue.
»Mhm.«
»War nicht schlecht für einen Dreibeinigen, uns hierherzubringen?
»Mmhm.«
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Nachwort
Diese Geschichte hat eine Vorgeschichte, die ich Ihnen nicht verschweigen möchte. Wie immer hat eine Katze sie ausgelöst.
Es war im Frühjahr, als ein Fremdling begann, um unser Haus zu schleichen. Ein mageres, arg gezaustes
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