Weihnachtsmord auf Sandhamn ( 2 Kurzkrimis )
für die Jungen. Bevor sie hier eingezogen waren, hatten sie Küche und Bad komplett erneuert, was auch dringend notwendig gewesen war. Sie hatten auf übertriebenen Luxus verzichtet, aber durch die Renovierung wirkten die Räume funktionell und einladend.
Das Beste am Haus war jedoch die sonnige, verglaste Veranda im altmodischen Stil, deren Fensternischen sie mit Mårbacka-Geranien bepflanzt hatte. Von der Veranda aus, die nach Westen zeigte, konnte man sogar das Meer sehen, wenn man sich Mühe gab. Vor allem sah man jedoch die Brand’sche Villa, die sich auf dem Hügel auftürmte und Noras Haus aussehen ließ wie eine kleine Kate.
»Hallo, wir sind wieder da!«
Nora lauschte nach oben zu Henrik hinauf, aber im Haus blieb alles still. Sie hatte die leise Hoffnung gehabt, dass er Adam inzwischen geweckt und angezogen hatte, während sie mit Simon unterwegs war, aber offensichtlich schliefen die zwei immer noch. Obwohl Henrik es gewohnt war, viele Stunden ohne Schlaf auszukommen, wenn er im Krankenhaus Bereitschaftsdienst hatte, schlief er im Urlaub viel und gerne. Oder vielleicht gerade deswegen.
Mit einem Seufzen ging sie die Treppe hinauf.
»Buuh!«
Nora zuckte zusammen, als Adam hinter der Badezimmertür hervorsprang.
»Hast du dich erschrocken?« Er strahlte übers ganze Gesicht. »Papa schläft noch. Aber ich habe mein Bett schon gemacht.«
Nora umarmte ihn. Sie konnte seine Rippen unter dem T-Shirt fühlen. Wo war ihr pummeliges Baby geblieben, und woher kam dieser kleine, magere Fratz?
»Komm, du musst vor dem Schwimmunterricht was essen.«
Sie nahm ihn an die Hand und ging hinunter in die Küche. Während sie die frischen Brötchen auspackte, die sie unterwegs gekauft hatte, deckte Adam den Tisch.
»Denk an dein Insulin, Mama«, mahnte er.
Nora lachte ihn an und versuchte, noch eine Umarmung zu ergattern. Er war ein typischer großer Bruder, verantwortungsvoll und mitdenkend. Seit er so groß geworden war, dass er begriff, wie wichtig es für eine Diabetikerin wie sie war, vor jeder Mahlzeit und zu regelmäßigen Zeiten ihr Insulin zu nehmen, hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, sie daran zu erinnern. Manchmal nahm sie es nicht so genau damit, besonders zu den Zwischenmahlzeiten, wenn sie nicht zu Hause waren, aber dann wurde er richtig besorgt und schimpfte seine Mutter mit erwachsenem Ernst aus.
Sie öffnete den Kühlschrank und holte den Ständer mit den Ampullen heraus. Mit übertriebener Geste hielt sie eine hoch und zeigte sie Adam.
»Jawohl, Herr General. Befehl ausgeführt!«
Geübt zog sie die Spritze auf und setzte sich die Insulindosis in eine Bauchfalte direkt unter dem Nabel. Zu ihrer Erleichterung schienen weder Simon noch Adam eine Diabetes-Veranlagung zu haben, aber ganz sicher konnte man erst sein, wenn sie größer waren.
Mit einem Ohr hörte sie, dass Adam zu Henrik ins Schlafzimmer gelaufen war und sich alle Mühe gab, ihn zu wecken, indem er auf dem Bett auf und ab hüpfte.
Sie hatte nichts dagegen. Wenn sie die Frühschicht mit Simon übernahm, konnte Henrik wenigstens dafür sorgen, dass Adam zum Schwimmunterricht kam. Außerdem wollte sie ja mit Thomas Kaffee trinken.
Leseprobe: Die Toten von Sandhamn
Leseprobe
Viveca Sten, Die Toten von Sandhamn
Widmung
Für Leo, die One-Man-Show der Familie!
Kapitel 1
Samstag, 4. November 2006
Kapitel 1
Marianne stand im Flur und sah sich um. Alle Schuhe lagen wild durcheinander. Automatisch bückte sie sich und stellte sie ordentlich hin, fein säuberlich nebeneinander. Dann starrte sie auf die Reihe, in der Linas helle Timberlandstiefel fehlten.
Die Lücke erschreckte sie. Warum war Lina in der Nacht nicht nach Hause gekommen?
Nachdenklich hob sie eine Mütze auf, die achtlos hingeworfen in einer Ecke lag. Ihre Tochter verstreute ihre Sachen überall, nie konnte sie Ordnung halten. Sie hätte wenigstens anrufen können, wenn sie schon auswärts übernachtete.
Hoffentlich war ihr nichts passiert.
Der Gedanke krallte sich in ihr fest, und Marianne schnappte nach Luft.
Was, wenn sie mit dem Rad gestürzt war und sich verletzt hatte? Um diese Jahreszeit konnte man leicht stürzen. Die schmalen Schotterwege wurden rutschig im Herbst. Sie hatte Lina ermahnt, vorsichtig zu sein, wenn sie zu Familie Hammarsten nach Trouville fuhr.
Unruhe packte sie, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte. Es war, als wollte das Herz mit ihr durchgehen, es klopfte immer schneller, und um sie herum begann sich alles zu drehen.
Ganz ruhig,
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