Weihnachtsmord auf Sandhamn ( 2 Kurzkrimis )
Kriminalkommissar bei der Polizei in Nacka und waren von Anfang an mit dem Fall Lina Rosén befasst. Was können Sie uns berichten?«
Der Polizist räusperte sich.
»Am Samstag, also am Tag, nachdem Lina zuletzt lebend gesehen wurde, fanden die Eltern das Fahrrad ihrer Tochter. Wir haben daraufhin die Insel mehrere Tage lang abgesucht, doch leider ohne Erfolg. Wir sind auf keinerlei Spuren von ihr gestoßen.«
»Wurden Sie dabei von der Bevölkerung unterstützt?«
»Ja, die Inselbewohner haben einen ganz außerordentlichen Einsatz geleistet. Viele haben sich als Freiwillige gemeldet, sodass wir mehrere Suchmannschaften zusammenstellen konnten, die die Insel durchkämmt haben.«
»Wie ist es möglich, dass jemand auf einer so kleinen Insel wie Sandhamn verschwindet?«
Im Gesicht des Kommissars spiegelte sich Resignation. Er seufzte leicht, ehe er antwortete.
»Eigentlich kann das nicht sein, da stimme ich Ihnen zu. Aber Tatsache ist, dass uns bis heute keine Anhaltspunkte vorliegen, die erklären könnten, wo Lina sich in den fast vier Monaten seit ihrem Verschwinden aufgehalten hat.«
»Könnte sie ertrunken sein?«
»Auszuschließen ist das nicht. Wie Sie bereits erwähnten, herrschte in der fraglichen Nacht ein heftiger Sturm. Falls Lina Rosén aus irgendeinem Grund mit einem Boot hinausgefahren sein sollte, kann es durchaus sein, dass sie gekentert ist. Wir wenden uns deshalb mit der Bitte an die Öffentlichkeit, uns alle Beobachtungen zu melden, die bei der Fahndung nach Lina Rosén helfen könnten. Derzeit treten wir mit unseren Ermittlungen auf der Stelle.«
Hasse Aro blickte direkt in die Kamera.
»Wer von Ihnen, liebe Zuschauer, Hinweise im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Lina Rosén geben kann, wird gebeten, sich umgehend an uns oder an die nächste Polizeidienststelle zu wenden. Linas Eltern haben eine Belohnung für denjenigen ausgesetzt, dessen Hinweis zur Aufklärung des Falles führt.«
Die Melodie des Abspanns erklang. Am unteren Bildschirmrand verkündete eine Einblendung, dass es sich um eine Wiederholung gehandelt habe und es nicht möglich sei, jetzt im Studio anzurufen.
Im Stockholmer Vorort Gustavsberg lehnte Thomas Andreasson sich auf dem Sofa zurück. Während er langsam den Rest Kaffee austrank, grübelte er über den Beitrag nach, den das Fernsehen gerade noch einmal gezeigt hatte.
Als wäre Lina Rosén in jener Novembernacht vom Erdboden verschwunden. Es hatte kräftig geregnet und gestürmt, einer dieser Herbststürme, wie sie im äußeren Schärengarten so häufig vorkamen. Erst nach mehreren Tagen hatte sich das Unwetter gelegt und das Meer wieder seine normale blaue Farbe angenommen.
Als ihnen der Ernst der Lage klar wurde, waren schon fast zwei Tage vergangen. Zunächst hatten Linas Eltern auf eigene Faust gesucht, ehe sie am Samstagabend die Polizei alarmierten. Laut Vorschrift durften polizeiliche Maßnahmen erst nach mindestens vierundzwanzig Stunden eingeleitet werden. Allzu oft hatte sich gezeigt, dass verschwundene Jugendliche sich bei Freunden aufhielten, ohne zu Hause Bescheid zu sagen. Deshalb waren Linas Eltern mit dem wenig beruhigenden Hinweis abgefertigt worden, dass ihre Tochter sicher innerhalb des nächsten Tages wieder auftauchen werde.
Als die Suche dann mit voller Energie aufgenommen wurde, war bereits wertvolle Zeit vergangen.
Eine Suchmannschaft der Polizei war in den Schärengarten geschickt worden, um die Insel zu durchkämmen. Sie hatten Spürhunde eingesetzt, aber das Unwetter hatte die Suche katastrophal erschwert. Die großen Niederschlagsmengen machten es den Hunden unmöglich, Witterung aufzunehmen. Der Regen hatte alle Spuren und Gerüche nachhaltig weggespült, die Insel war so sauber, als hätte jemand sie mit Wasser und Seife abgeschrubbt.
Im strömenden Regen hatten Thomas und seine Kollegen die ganze Insel abgesucht, unterstützt von Linas verzweifelter Familie und ihren Freunden und Nachbarn. Schließlich hatte er die erschöpften Eltern überreden können, nach Hause zu gehen und sich auszuruhen. Die Mutter war so blass gewesen, dass er befürchtet hatte, sie könnte jeden Moment zusammenbrechen. Es sei besser, wenn die Polizei sich ganz auf ihre Arbeit konzentrieren könne, hatte er argumentiert. Außerdem sollte möglichst jemand zu Hause sein, falls Lina doch noch auftauchte. Widerwillig hatten die Roséns eingelenkt.
Thomas erinnerte sich noch gut daran, wie der schneidende Wind unter die Kleidung gekrochen war und
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