Weihnachtsmord auf Sandhamn ( 2 Kurzkrimis )
Hand hielt er sich am Bett fest, während er sich mit der anderen auf den Brustkorb schlug, als wollte er ihn zwingen, den Leben spendenden Sauerstoff aufzunehmen.
Als es endlich geschafft war, spuckte er einen großen Klumpen Blut in den Eimer, der neben dem Nachtgeschirr auf dem Fußboden stand.
»Wie kommst du mit dem Fischen zurecht?«
Gottfrid senkte den Blick auf seine Füße.
Seit die Schwindsucht des Vaters so schlimm geworden war, dass er nicht mehr arbeiten konnte, musste Gottfrid zum Lebensunterhalt der Familie beitragen. Im Sommer konnten sie Zimmer an die Feriengäste vermieten, ansonsten war das Geld, das er verdiente, alles, was ihnen zum Leben blieb.
Seinem Onkel, dem Bruder seiner Mutter, gehörten die Fischernetze und der Kahn, ein kleines Ruderboot mit Segel. Der Onkel bekam die eine Hälfte des Verdienstes und Gottfrids Familie die andere. Ab und zu durfte Gottfrid ein paar Münzen für sich selbst behalten, wenn der Fang besonders reichlich gewesen war.
Er musste um halb zwei in der Nacht aufstehen, um mit Onkel Olle hinauszufahren, und manchmal schlief er noch halb, wenn er in seine Kleider stieg. Sobald sie die Netze heraufgeholt hatten und zurück auf der Insel waren, stand er am Hafen und verkaufte den Fang an die Mägde, die herunterkamen, um frischen Fisch fürs Mittagessen zu besorgen.
»Wir haben letzte Nacht zwei Grundnetze bei Rörskär ausgelegt.«
»Dorsch?« Die Kraft des Vaters reichte nicht für einen ganzen Satz.
Gottfrid nickte und richtete sich auf, stolz über den Fang. Die verschlissene knielange Hose wurde langsam zu klein, sie rutschte ein wenig hoch, wenn er sich bewegte. Der Pullover war auch zu klein, die Ärmel endeten ein gutes Stück über dem Handgelenk. Erst gestern hatte die Mutter bekümmert seine Kleider gemustert und sich darüber beklagt, wie schnell er wuchs.
»Morgen gehen wir auf Maränen, bei Skarprunmaren.«
Bisher waren die Nächte windstill gewesen, wie so oft im Sommer, und sie hatten die ganze Zeit rudern müssen. Das war immer noch besser als im Herbst, denn da stürmte es meist die ganze Zeit.
»Ein Sandhamnsorkan bläst nicht für die Leute, der bläst für den Teufel«, pflegte der Onkel zu murmeln, während er sich im heftigen Wind mit dem Segel abmühte. Dann legten sie große Steine auf dem Boden des Bootes aus, damit es ruhiger im Wasser lag. Aber oft mussten sie zurück in Landnähe, um das Wasser auszuschöpfen, wenn große Brecher in das Boot geschlagen waren.
Deshalb beklagte sich Gottfrid nie über windstille Nächte. Schon als Fünfjähriger hatte er gelernt, wie man richtig ruderte, mit entspannten Muskeln, sodass die Arbeit sich auf Rücken und Beine verteilte.
Er roch den Duft von Kaffee. Mutter hatte gesagt, dass sie ihm eine Tasse eingießen wollte, bevor es Zeit wurde hinauszufahren, um neue Netze auszulegen.
»Liest du jeden Tag im Katechismus?«
»Ja, Vater.« Das stimmte nicht, aber er wollte den Vater nicht unnötig reizen.
»Das ist gut.«
Der Vater sank zurück ins Kissen. Die großen Hände, die früher so schnell zuschlagen konnten, lagen kraftlos auf der Bettdecke.
Wieder übermannte ihn ein Hustenanfall. Als er vorbei war, lag er mit geschlossenen Augen da. Gottfrid schlich sich aus der Kammer. Aus den Augenwinkeln sah er, wie der Vater sich über den Bettrand beugte und einen Schleimklumpen in den Eimer spuckte.
Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern.
Kapitel 5
Samstag, 23. Februar 2007
Kapitel 5
Sie hatten in Mölnvik angehalten und eingekauft und dann gleich nach dem Mittagessen die Waxholmfähre nach Sandhamn genommen.
Henrik war nicht zu Hause gewesen, als sie morgens aufgewacht war. Was für eine Erleichterung; sie hätte es nicht ertragen, ihm zu begegnen, geschweige denn den Kindern gegenüber so zu tun, als wäre alles in bester Ordnung.
Trotz ihrer Empörung hatte Nora sieben Stunden durchgeschlafen, tief und traumlos. Simon war unter ihre Decke gekrochen und hatte sie geweckt. Als sie seinen warmen Körper spürte, war sie gleich ruhiger geworden. Er wurde bald acht, war aber immer noch sehr verschmust, und sie hatte die Nase an seine Schulter gedrückt und tief geatmet.
Adam und Simon sind alles, was zählt, dachte sie. Etwas Wichtigeres gibt es nicht.
Nun saß sie auf der Fähre und trank Kaffee, während sie durch den winterlichen Schärengarten fuhren. Die Kälte, die schon seit dem Jahreswechsel andauerte, hatte das Meer zufrieren lassen, was nicht oft vorkam. Ein Eisbrecher
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