Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Weihnachtsmord auf Sandhamn ( 2 Kurzkrimis )

Weihnachtsmord auf Sandhamn ( 2 Kurzkrimis )

Titel: Weihnachtsmord auf Sandhamn ( 2 Kurzkrimis ) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
Vom Netzwerk:
gleichermaßen begabt, die von einem spannenden Berufsleben träumten. Jetzt, fünfzehn Jahre später, führte sie ein Leben wie eine Hausfrau in den Fünfzigerjahren, nur dass sie zusätzlich noch berufstätig war.
    Angepasst, gefügig und bescheiden. Und betrogen.
    Nora schüttelte sich wütend. Was war sie nur für eine dumme Gans gewesen. Das war genau der richtige Ausdruck.
    Sie seufzte tief und lehnte sich mit geschlossenen Augen im Korbsessel zurück. Obwohl sie die ganze Nacht geschlafen hatte, war sie so müde, dass sie sich kaum aufrecht halten konnte. Ihre Muskeln schmerzten vor Erschöpfung.
    Irgendwie würde es gehen. Tausende Frauen vor ihr hatten eine Scheidung überlebt. Viele, viele Kinder kamen hervorragend mit einer getrennten Familie zurecht. Eine Woche bei Papa, eine Woche bei Mama, das jeweils andere Elternteil in Reichweite.
    Sie konnte die aufsteigenden Tränen nicht zurückhalten, aber ihr Entschluss stand fest. Sie würde sich von Henrik trennen.

Sandhamn 1911
    Sandhamn 1911
    Sie war das hübscheste Mädchen, das er je gesehen hatte. Ihre blonden Haare flossen ihr den Rücken hinab, und ihre Leibesmitte war so schmal, dass er sie mit beiden Händen hätte umfassen können.
    Sie hieß Vendela und kam von Möja.
    Ihre Eltern wohnten auf einem Hof am südlichen Ende der Insel, und sie hatte noch fünf Geschwister. Sie war achtzehn, fünf Jahre jünger als er, und ihre Augen hatten dieselbe Farbe wie der Junihimmel, wenn der Abend heraufdämmerte.
    Sie hatten sich am Dansberget versammelt, gegenüber vom noblen Klubhaus des KSSS , wo die Klippen blank geschliffen und eben waren. Auf dem glatten Boden würden sie zu den Tönen von Arne Karlssons Geige und Bertil Södermanns Ziehharmonika den Reigen tanzen.
    Der Leuchtturm von Korsö ragte schräg gegenüber empor, und zu seinen Füßen lag ein herrlicher Schoner vor Anker.
    Die Abendsonne schien. Einige Stunden zuvor hatten sie den schönen Mittsommerbaum aufgestellt und mit Blumen und Birkenzweigen geschmückt. Nun ragte die laubumkränzte Stange weit über die Häuser des Dorfes hinaus, ein Zeichen dafür, dass der Sommer endlich gekommen war.
    Überall standen kleine Gruppen von aufgeregten jungen Leuten. Sie waren von Runmarö, Harö und Möja gekommen. Dass sie viele Stunden brauchen würden, um nach Hause zu rudern, bekümmerte sie nicht, so war das eben, wenn man an einem Fest auf einer anderen Insel teilhaben wollte. Außerdem dämmerte der neue Tag meist mit einer milden Brise herauf, in der man die Segel setzen konnte.
    Gottfrid trug seinen besten Anzug, ein Kleidungsstück, das seinem toten Vater gehört hatte, aber deswegen nicht weniger stattlich und elegant war. Die Mutter hatte ihn für den Mittsommerreigen sorgsam gewaschen und geplättet. Sie hatte ihn schon eine Woche zuvor an sich genommen und ihn fest unter Verschluss gehalten, bis sie ihn endlich herausrückte.
    Gottfrid schwitzte in der warmen Abendsonne, aber ihm wäre nie in den Sinn gekommen, auch nur einen Knopf zu öffnen. Dazu war später immer noch Gelegenheit, wenn er eine oder zwei Runden auf der Tanzfläche hinter sich gebracht hatte und ihm von Mazurka oder Hambo heiß geworden war.
    Auf dem Weg zum Dansberget waren ihm auf der Strandpromenade Sommergäste begegnet, die am Wasser entlangspazierten. Die eleganten Damen trugen helle rosa Sommerkleider und schützten sich mit zierlichen Sonnenschirmen vor dem grellen Licht. Die Herren trugen Strohhüte und englische Klubjacken, trotz der Wärme.
    Er hatte den Blick gesenkt und war weitergeeilt. Obwohl die Mutter immer noch Fremdenzimmer vermietete, scheute er die Gäste aus der Hauptstadt. Sie sprachen anders als die Inselbewohner, ihre Stimmen hatten einen befehlenden Klang. Und sie machten große Augen, wenn sie die Schiffe bewunderten, die im Hafen ankerten.
    Zu dieser Jahreszeit waren sie überall. Sie tranken Kaffee in Anna Löfgrens Konditorei oder Lilly Bomans Café und wohnten im Turisthotell oder bei Sands. Abends ließen sie sich an schön gedeckten Tischen im Klubhaus des KSSS oder im Restaurant Solhem nieder und nahmen ihre Mahlzeiten ein. Die Herren tranken einen Schnaps oder zwei und nannten einander »lieber Freund«. Die Damen lächelten fein hinter ihren Sonnenfächern und nippten an ihren Getränken, während sie entzückt über die Scherze ihrer Gatten lachten.
    Die großen Koffer, die am Kai aus den Dampfschiffen geladen wurden, riefen erstaunte Reaktionen bei den Einheimischen hervor. Wie konnte

Weitere Kostenlose Bücher