Weihnachtszauber 01
nachdenklich. Das Wort weckte angenehme Gefühle und ließ auf ein bequemes Leben schließen. Andererseits fehlte ihm jeder Beigeschmack von Aufregung und Abenteuer. „Gut“, stellte sie fest, obwohl sie fand, dass ‚zufrieden‘ überhaupt nicht zu Sebastian passte.
„Für mich ist es jedenfalls gut genug“, entgegnete er. Dann wandte er sich ab, sodass sie sein Gesicht nicht mehr sehen konnte.
Selbst wenn er sich nicht um Selbstbeherrschung bemühte, war es meist schwer, aus seinem Gesichtsausdruck Rückschlüsse auf sein Befinden zu ziehen. Fast immer wirkte seine Miene offen und entspannt. Und die blauen Augen taten ein Übriges, um den Eindruck von Unbekümmertheit zu vermitteln. Deshalb hielten die meisten seiner Mitmenschen ihn – fälschlicherweise – für einen netten, dabei jedoch recht oberflächlichen Gentleman ohne Geheimnisse. Tatsächlich jedoch war es beinahe unmöglich, zu ihm durchzudringen. Clara wusste das aus eigener Erfahrung. Sie hatte es versucht und war gescheitert. Ebenso wie alle anderen, die sich jemals darum bemüht hatten, an sein Herz zu rühren. Der Duke of Fleet ließ niemanden an sich heran.
Diese seltsame schwierige Freundschaft, die sie mit ihm verband, war das Beste, das sie sich erhoffen konnte. Aber lohnte sich die Anstrengung überhaupt? Sie spürte, dass es an der Zeit war, eine Entscheidung zu treffen.
„Wenn diese Rakes und Mitgiftjäger Ihnen solche Probleme bereiten, würde ich Ihnen raten, sich an Ihre Schwägerin zu wenden.“
Fleets Worte rissen sie aus ihren Gedanken.
„Ich bin ziemlich sicher, dass Lady Juliana jedem Schurken in London gewachsen ist.“
„Das wäre tatsächlich die ideale Lösung, wenn Juliana nicht völlig von ihren Zwillingen in Anspruch genommen würde. Wir alle werden noch vor Weihnachten nach Davencourt übersiedeln. Doch bis dahin, fürchte ich, bin ich völlig auf mich allein gestellt.“
„Nur unterstützt von der guten Mrs. Boyce.“
„Sie haben ja selbst erlebt, von welch unschätzbarem Nutzen sie für mich ist“, meinte Clara ironisch. „Ich mag sie sehr. Aber leider glaubt sie, es gehöre zu ihren Aufgaben, mich unter die Haube zu bringen. Deshalb bietet sie mich – sozusagen –
jedem Gentleman, jedem Mitgiftjäger und jedem Rake zum Geschenk an. Die Herren betrachten mich vermutlich als hübsche Weihnachtsüberraschung.“
Fleet schaute sie an. Seine blauen Augen blickten jetzt so warm, dass Clara ein heißer Schauer über den Rücken lief. „Eine hübsche Weihnachtsüberraschung, wahrhaftig! Ich kann gut verstehen, warum ein Gentleman auf diese Idee verfällt.“
Kampflustig hob Clara das Kinn. „Euer Gnaden, da Sie sich weigern, mir die erbetenen Ratschläge zu geben, werde ich Ihnen nicht gestatten, mit mir zu flirten.
Ich denke, Sie sollten mich heimbringen.“ Sie blickte sich um. „Offen gestanden habe ich keine Ahnung, wo wir sind.“
Der Weg war hier so schmal, dass die Pferde wieder langsamer laufen mussten.
Dicht stehende Büsche verhinderten, dass man zu den Seiten hin etwas sehen konnte. Und hohe Bäume streckten ihre Äste so weit aus, dass sie selbst jetzt, da sie keine Blätter trugen, die Sicht auf den größten Teil des Himmels verdeckten. Clara fand es plötzlich beunruhigend, in dieser Wildnis ganz allein mit Fleet zu sein.
Er schenkte ihr ein überraschend sanftes Lächeln. „Betrachten Sie dies als einen kostenlosen Ratschlag, Miss Davencourt. Achten Sie immer auf Ihre Umgebung!
Jeder Rake wird versuchen, Sie von Ihren Freunden und Bekannten zu trennen, um Sie ungehindert kompromittieren zu können.“ Er hob die Hand und berührte mit drei Fingern leicht ihre Wange.
Clara wollte den Blick senken, verwirrt darüber, dass die kleine Berührung wie Feuer brannte. Doch einen Moment lang war sie zu keiner Bewegung fähig.
„Wenn er erst einmal allein mit Ihnen ist“, fuhr der Duke fort, „dann wird er nicht zögern, Sie zu küssen.“
Eine halbe Ewigkeit schien zu vergehen, während sie einander tief in die Augen schauten. Sehnsucht und Bedauern erfüllten ihr Herz. Kann ein Gentleman eine junge Dame so ansehen, wenn sie ihm nichts bedeutet?, fragte sich Clara. Konnte Fleet sie so ansehen, ohne wirklich etwas für sie zu empfinden? Er würde natürlich zugeben, dass er Verlangen nach ihr verspürte. Ein solches Geständnis fiel ihm leicht.
Liebe hingegen war etwas, zu dem er sich nie bekennen würde.
Ihr Körper sehnte sich plötzlich so sehr nach dem seinen, dass sie meinte,
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