Weihnachtszauber 02
herausfand, ist der Stolz ein sehr unzulänglicher Gefährte.
Welchen Trost würde sein Stolz ihm in all den Jahren spenden, die noch vor ihm lagen?
Um zu gewinnen, was er in so vielen einsamen Nächten erträumt hatte, musste er nur Bellas Hand ergreifen – und all die Freuden festhalten, die er mit seiner Zustimmung verdienen würde.
In Reichtum und Armut, in Gesundheit und Krankheit will ich dich lieben und ehren ...
In diesen Worten lag das Wesen aller Ehegelöbnisse.
Mit dem ersten Teil des Versprechens hatte Bella sich offenbar abgefunden. Um sein Recht auf den zweiten Teil zu sichern, musste er nur die Gewissheit ihrer Liebe akzeptieren, ganz egal, was die Zukunft bringen mochte. Und wer konnte schon wissen, was das sein würde?
„Hör doch“, flüsterte sie.
Und als er der mitternächtlichen Stille des großen, schlafenden Hauses lauschte, in dem er das Licht der Welt erblickt hatte, erkannte er, was Isabella bereits vernommen hatte. Dank einer Laune des Winterwinds oder wegen der kristallischen Klarheit der eiskalten Luft wehten Glockenklänge aus der alten normannischen Dorfkirche herauf.
Weihnachten, die Zeit voller Wunder.
O ja, lieber Gott, eines wird mir noch vergönnt.
Tränen verschleierten seinen Blick. Blindlings griff Guy nach der schmalen Hand, die ihm alles nur erdenkliche Glück verhieß. Sogar – sollte dieser Tag jemals anbrechen –
ein Geleit im Dunkel, das ihm nie wieder leer erscheinen würde.
EPILOG
„Pst ...“
Trotz der Warnung betrat Guy das Zimmer. Der dicke türkische Teppich dämpfte seine Schritte. Bella hielt das Baby im Arm. Durch das Fenster hinter ihr schien Mondlicht herein, tauchte sie in eine Gloriole, und sie sah wie eine Madonna mit ihrem Kind auf einem mittelalterlichen Meisterwerk aus. Er kniete vor dem Sessel nieder und streichelte das flaumweiche Haar seines Sohnes.
„Hat die Nanny dich geholt, Bella?“, flüsterte er.
„Nein, ich wusste, dass er wach war.“ Sie nahm Guys Hand und zog sie an die Lippen, drückte einen Kuss darauf und ließ sie wieder los.
„Wie konntest du das wissen?“, fragte er lächelnd.
Ihr Blick kehrte zu dem Baby zurück. „Weil ich es immer weiß.“
„Ob er wach ist oder schläft, er wird gut versorgt. Und du brauchst deine Nachtruhe.“
„Ja, aber manchmal bin ich mir nicht sicher, ob es ihn wirklich gibt. Und dann – muss ich ihn einfach festhalten und mich vergewissern.“
„Glaub mir, mein Liebling, es gibt ihn tatsächlich.“
„Nicht nur ihn. Auch dich.“
Guy lachte, nur ein leiser Hauch in der Stille. „Wie ein Kind fürchtest du, man würde dir ein Geschenk, das du bekommen hast, wieder wegnehmen.“
„Eher will ich wie ein Soldat jeden einzelnen Moment genießen, solange ich noch lebe.“
Als sie sich erhob, stand er auf, um ihr Platz zu machen. Vorsichtig legte sie seinen Erben in die kunstvoll geschnitzte Rosenholzwiege, in der die Wakefield-Babys schon seit mehreren Generationen schlummerten. Eine Zeit lang standen sie davor und beobachteten, wie ihr Sohn sich entspannte und in den Tiefschlaf versank, den nur die wahrhaft Unschuldigen erzielten.
Schließlich wandte Isabella sich zu ihrem Ehemann. Er griff nach der Hand, die sie ihm reichte, und küsste die Fingerspitzen. Wie immer erregte ihr Duft seine Sinne, ein exotisches Aroma, das stets – sogar im schwachen Mondschein – das Bild ihrer besonderen Schönheit heraufbeschwor.
„Komm ins Bett, meine Liebste“, flüsterte er.
Sie nickte. Ihre Hand immer noch in seiner, führte sie ihn aus dem Kinderzimmer.
Im schwach erleuchteten Flur hielt die Kinderfrau Wache, und Isabella wandte sich zu ihr. „Jetzt schläft er.“
„Sehr gut, Mylady. Soll ich Ihnen Bescheid geben, wenn er wieder aufwacht?“
Guy hielt den Atem an, als seine Gemahlin im Halbdunkel seinen Blick suchte.
Dann drückte sie die Hand der Frau. „Nun schläft er gewiss bis zum Morgen. Und falls er wach wird, überlasse ich ihn Ihren tüchtigen Händen, Rose.“
„Danke, Mylady. Gute Nacht, Mylord.“ Die Nanny knickste vor Guy, bevor sie auf Zehenspitzen ins Kinderzimmer schlich. Leise schloss sie die Tür hinter sich.
„Sie ist wirklich sehr zuverlässig“, betonte Guy.
„Ja, ganz sicher. So wie ich mir sicher bin, dass unser Kleiner die ganze restliche Nacht friedlich schlummern wird.“
„Bist du eine Hellseherin, Liebes? Von diesem bemerkenswerten Talent hast du mir nie erzählt.“
„Nicht sonderlich bemerkenswert. Sonst hätte es mich vor dir
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