Weihnachtszauber 02
die ganze Nacht so seltsam benommen hat. Den Kerl erwürge ich mit bloßen Händen!“
„So vorschnell würde ich ihn nicht verurteilen, Grosely“, mahnte Jack.
„Was zum Teufel treibst du denn? Wieso sprichst du mich mit meinem richtigen Namen an?“ Erbost fuhr White zu Jack herum. „Bleiben wir bei unseren Pseudonymen. Und jetzt halt den Mund, lass mich reden.“
„Du hast genug geredet“, erwiderte Jack kühl. Nun war der gelangweilte, lässige Lebemann endgültig verschwunden.
„Was?“ Die Falten auf Whites Stirn vertieften sich. „Ist das der Dank für den Gefallen, den ich dir erwies? Hätte ich den Cognac und das Geld bloß für mich behalten!“
„Noch besser wäre es gewesen, du hättest die Geheimnisse unseres Landes für dich behalten, statt sie den Franzosen zu verkaufen.“
Entgeistert schnappte White nach Luft.
„Oder dachtest du, davon wüsste ich nichts, Edmund?“
„Mein Gott, du warst es! Du arbeitest mit der Marine zusammen. Und du hast uns verraten.“
„Hier gibt es nur einen Verräter, und den schaue ich gerade an.“ Jack zog seine Hand aus der Manteltasche und enthüllte die Pistole, die auf White zielte. „Lass deinen Gehstock fallen und heb die Hände über den Kopf.“
Fluchend gehorchte White. „Mit dem Cognac verdiene ich ein bisschen Geld, das ist alles. Wenn da noch was anderes vorgeht, hat es nichts mit mir zu tun.“
„Während wir uns unterhalten, werden die Papiere, die du den Franzosen übergeben hast, an Bord der ‚Bien Aimé‘ in Sicherheit gebracht. Und Monsieur Crouvier wird den Namen seines Kontaktmanns wohl kaum verschweigen, wenn die Soldaten der königlichen Marine ihm gut zureden.“
„Was ist das? Eine raffinierte Taktik, mit der du die Gunst deiner Familie zurückgewinnen wirst?“
Jacks Miene verhärtete sich. Diese Anklage weckte neue Schuldgefühle, neuen Zorn ihn ihm. Sein Finger krümmte sich um den Abzug der Waffe.
„Nein!“
Unwillkürlich wandten sich Jack und White in die Richtung des Rufs. Nur wenige Schritte entfernt, stand Francesca an Deck.
Wie rasend hämmerte ihr Herz gegen die Rippen. Aber ihre Stimme klang ruhig und entschieden. Neben sich hörte Francesca Toms heiseren Schreckensruf. Dann packte er ihren Arm und versuchte sie zurückzuziehen. Doch sie wehrte sich dagegen und hielt ihre Stellung. „Tun Sie das nicht, Mr Black.“
„Sie bitten mich um das Leben dieses Schurken?“, fragte Jack ungläubig und wandte sich wieder zu White, den er immer noch mit der Pistole bedrohte.
„Er muss vor Gericht gestellt werden“, entgegnete Francesca. „Wenn seine Verbrechen erwiesen sind, wird er seine gerechte Strafe bekommen.“
„Da siehst du es“, betonte White. „Nicht einmal sie glaubt dir.“
Tom zerrte noch heftiger an ihrem Arm. „Komm, Francesca, du weißt nicht, was du tust. Grosely ist so schuldig wie die Sünde.“
Entschlossen schüttelte sie seine Hand ab und musterte den Mann, der Grosely genannt wurde. „Nur aus einem einzigen Grund bitte ich um Ihr Leben, Sir. Damit Mr Black nicht wegen Mordes verurteilt wird.“
White grinste spöttisch, dann wanderte sein Blick von Francesca zu Jack und wieder zurück. „So eifrig setzen Sie sich für ihn ein, Miss? Wie gut muss er’s Ihnen besorgt haben ...“
Brennende Hitze stiegt Francesca in die Wangen.
„Ganz im Gegenteil, Grosely“, erklärte Jack, „Miss Lindens Tugend ist unversehrt.“
„Mach dich nicht lächerlich! Ich habe euch gesehen. Erinnerst du dich?“
„Nur Schauspielerei.“ Jack löste den Finger vom Abzug der Pistole. Erst jetzt verstand White die Bedeutung von Francescas Nachnamen. „Linden? Ist sie ...“
„Tom Lindens Schwester.“
„Also deshalb kümmerte er sich so eifrig um das Mädchen. Steckt er mit ihr unter einer Decke?“
„Nein. Übrigens, ohne ihn hätte ich’s nicht geschafft“, antwortete Jack.
Verwirrt starrte Francesca ihren Bruder an. „Was geht hier vor, Tom?“
„Später, Fran.“
„Darüber möchte ich jetzt reden“, verlangte sie in entschiedenem Ton.
„Bitte, Miss Linden ...“, begann Jack. Was er sagen wollte, blieb unausgesprochen.
Stiefelschritte polterten über die Planken, eine höfliche Stimme erklang.
„Offenbar sind wir nicht zu spät gekommen, Mylord?“
Mehrere Marinesoldaten postierten sich hinter Lord Grosely, die Musketen im Anschlag.
„Genau im richtigen Moment, Sergeant Wilcox“, sagte Jack. „Jetzt gehört er Ihnen.“
„Begleiten Sie mich widerstandslos,
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