Weihnachtszauber 02
...?“ Gray runzelte verdutzt die Stirn. „Erklären Sie mir das, wenn ich bitten darf!“
„Ich bin Amelia, Mylord. Amelia Ashford“, fügte sie belustigt hinzu, als Gray sie weiterhin mit verständnisloser Miene anblickte. „Ihre Stiefnichte und Ihr Mündel.“
So entgeistert – ja, förmlich entsetzt – war Gray über diese Enthüllung, dass es ihm nicht gelang, seine Verblüffung zu verbergen. Er starrte sie ganz unverhohlen an.
Diese hinreißend schöne Frau – eine Frau, mit der jeder Mann nur allzu gern das Bett teilen würde – sollte die Tochter der adeligen, verarmten Witwe sein, die sein Bruder kurz vor seinem Tod geheiratet hatte?
3. KAPITEL
Das kann nicht sein, da muss ein Irrtum vorliegen, dachte Gray fassungslos. Amelia Ashford ist ein Kind, erst siebzehn, diese Frau aber ...
Wenn er es jedoch recht überlegte, war Perrys Stieftochter vor zweieinhalb Jahren siebzehn Jahre alt gewesen. Das hieß, sie war nun in ihrem zwanzigsten Lebensjahr, nicht in ihrem achtzehnten!
Umstände, die außerhalb seines Einflusses lagen, hatten dazu geführt, dass er Perrys Gattin Celia nie kennengelernt hatte, ganz zu schweigen von ihrer Tochter Amelia.
Perry hatte ihn natürlich von seiner Hochzeit in Kenntnis gesetzt, ihm versichert, dass er glücklich war und welch große Freude es ihm bereitete, Stiefvater eines solch wunderbaren Kindes wie Amelia zu sein.
Gray hatte weder Zeit noch Gelegenheit gehabt, die junge Familie in Bedfordshire zu besuchen, da traf auch schon ein zweiter Brief seines Bruders ein. Perry berichtete ihm darin, dass er am Boden zerstört sei, weil seine Gattin unverhofft an Influenza erkrankt und verstorben sein. Kurz darauf wurde Perry nach Waterloo abberufen.
Als ihn nur wenige Wochen später die Nachricht ereilte, dass sein Bruder bei dieser letzten blutigen Schlacht gefallen war, hatte er nicht im Mindesten den Wunsch verspürt, seinem geerbten Anwesen einen Besuch abzustatten. Er wollte den Ort, der ihm den Verlust seines Bruders am deutlichsten vermitteln würde, weder sehen noch dort verweilen.
Aus diesem Grund hatte er die finanziellen Angelegenheiten und die Verwaltung des Anwesens in die Hände seines Anwaltes gelegt und sich ausschließlich auf seine Verpflichtungen in London konzentriert. Mit den Angelegenheiten von Steadley Manor befasste er sich lediglich bei den beiden jährlichen Treffen, auf denen Worthington bestand, um ihn über die Situation auf dem Anwesen zu informieren.
Wie Gray nun mit Unbehagen feststellte, hatte er sich während all dieser Zeit nie Gedanken darüber gemacht, wie Amelia den plötzlichen Tod ihrer Mutter und den kurz darauf folgenden Tod ihres Stiefvaters verkraftet hatte. Und es war ihm auch nie in den Sinn gekommen, welch einsames Leben sie in den vergangenen Jahren geführt haben musste, so abgeschieden im ländlichen Bedfordshire.
Er betrachtete sie unter gesenkten Lidern und versuchte, das Bild des jungen Mädchens, das er sich von ihr gemacht hatte, mit dem der wunderschönen Frau in Einklang zu bringen, die lediglich mit einem Nachtgewand bekleidet vor ihm stand.
Eine junge, begehrenswerte Frau, die Bilder von Schlafzimmern und ineinander verschlungenen Körpern auf zerknitterten Laken vor seinem inneren Auge erstehen ließ.
Verflucht, Amelia Ashford stand unter seiner Obhut. Sie war daher die letzte Frau, bei der er solch frivole Gedanken hegen sollte; die letzte Frau, die er in seinen Armen hätte halten dürfen.
„Was denkt sich Ihre Gesellschafterin Miss Little eigentlich dabei, Ihnen zu erlauben, lediglich mit einem Nachtgewand bekleidet im Haus herumzulaufen und eine geladene Pistole auf einen vermeintlichen Einbrecher zu richten?“, fragte er schroff.
Woran Lord Grayson in dem Augenblick des Schweigens auch gedacht haben mag, es war gewiss kein angenehmer Gedanke, befand Amelia beklommen, als sie seinen schneidenden Ton gewahrte. „Bedauerlicherweise war Miss Little unter den Ersten, die Ihr Haus verlassen haben.“
Amelia hatte es kein bisschen bedauert, dass die zierliche, zerstreute Miss Little vor einigen Monaten mit beleidigter Miene Steadley Manor verlassen hatte. Ihre unaufhörlichen Ermahnungen waren sehr lästig gewesen. Ständig hieß es: „Nein, Amelia, so benimmt sich eine Dame nicht.“ Oder: „Nein, Amelia, das ist nicht sehr damenhaft.“ Oder schlimmer noch: „Nein, eine Dame schaut einen Gentleman nicht in dieser Weise an, Amelia“, falls sie einmal einem der attraktiven jungen Männer beim
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