Weihnachtszauber 02
waren.
„Außerdem sind Sie verletzt, Mylord“, fuhr sie nüchtern fort.
Verletzt ja, unfähig, männliche Begierde zu spüren – nein, dachte er.
„Und das durch meine Schuld. Gewiss haben Sie Schmerzen“, fügte sie mit gequälter Miene hinzu.
Sie hatte recht, wie Gray zugeben musste. Außerdem war es ihm unmöglich, den blauen Augen zu widerstehen, die ihn so flehentlich anblickten. „Also gut, Amelia“, sagte er und seufzte. „Gleich, nachdem Sie meine Wunde gereinigt und verbunden haben, werde ich gehen.“
„Sie sind sehr nachsichtig mit mir, Mylord“, sagte sie.
Nachsichtig oder nicht – Mündel oder nicht –, Gray war sich der Tatsache bewusst, dass er sich, von der Köchin Mrs Burdock einmal abgesehen, ganz allein mit Amelia in diesem Haus aufhielt. Ganz allein weilte er mit der schönen, reizvollen Amelia in ihrem Schlafgemach. Und sie hatte ihn schon einmal an diesem Abend in Erregung versetzt ...
Er legte den ruinierten Mantel ab, der so stark von Blut durchtränkt war, dass Amelia bezweifelte, man könne den Stoff je wieder davon reinwaschen.
Danach zog er Gehrock, Weste und Hemd aus und setzte sich aufs Bett, damit Amelia die tiefe Armwunde versorgen konnte.
Entgegen ihrer vorherigen Behauptung kamen Amelia nun doch Bedenken, ob es tatsächlich angebracht war, dass er sich in ihrem Schlafgemach aufhielt.
Zwar hatte sie nie zuvor einen unbekleideten Mann gesehen, dennoch war sie sich sicher, dass er ein ausgesprochen gut aussehender, muskulöser Vertreter des männlichen Geschlechts war. Das hatte sie natürlich bereits vermutet, als er sie zuvor in seinen Armen gehalten hatte. Nun aber, da sie seine nackte Brust vor Augen hatte, bestand daran kein Zweifel mehr.
Mehrere Narben zeichneten seine leicht gebräunte Haut.
„Haben Sie viele Duelle ausgefochten, Mylord?“ Leicht strich Amelia über die Narben auf seinem Rücken und seiner Brust und fuhr mit den Fingerspitzen über eine kreisrunde Wunde an seiner Schulter, die wohl von einer Kugel herrührte. Einige weitere tiefe Narben auf seinem Rücken und Oberkörper schienen von einem Degen zu stammen.
Gray warf ihr einen irritierten Blick zu. „Was verleitet Sie zu der Annahme, ich hätte mich duelliert?“
Die Antwort lautete, dass er ihres Wissens nicht, wie von einem zweiten Sohn erwartet wurde, der Armee beigetreten war. Stattdessen hatte er es seinem Bruder überlassen, zur Wahrung des guten Rufes der Familie den Waffendienst zu leisten, während er selbst es vorzog, in London ein Leben in Saus und Braus zu führen. Seine Eskapaden und Skandale, die Gerüchte über seine vielen Mätressen und seine große Spielleidenschaft waren sogar bis in den entlegensten Winkel von Bedfordshire gedrungen.
Es überraschte sie daher, dass seine Haut so gebräunt, seine Schultern so breit und kräftig waren. Und dass seine Muskeln in Rücken, Brust und Bauch so ausgeprägt waren, dass man jedes Mal sah, wie sie sich anspannten, wenn er sich bewegte. Ihr entging auch nicht, dass seine Brust von einem Flaum dunkler Haare bedeckte war, die sich ebenso lockten wie das Haar auf seinem Kopf.
Er duftete auch wunderbar – nach Aufenthalt im Freien. Erdig und irgendwie ungezähmt. Und er strahlte etwas aus, das sie nicht näher bestimmen konnte. Etwas, das sie unbändig fesselte und faszinierte.
Kühn erwiderte sie seinen Blick. „Vielleicht gründet meine Annahme auf der Tatsache, dass Sie ohne zu zögern eine Ihnen unbekannte Frau umarmt haben.“
„Ich glaube, Sie haben meine Wunde ausreichend gereinigt, Amelia!“ Seine Missbilligung war ihm deutlich anzumerken. Abrupt schob er ihren Arm zur Seite.
Amelia zuckte beschämt zusammen, als ihr bewusst wurde, dass sie seinen Arm schon vor einer ganzen Weile gebadet hatte und statt ihn zu verbinden, mit den Fingern über seine vernarbte Brust gestrichen war. Sie hatte das Gefühl genossen und wie gebannt das Spiel seiner Muskeln beobachtet, die sich jedes Mal unter der gebräunten straffen Haut anspannten, wenn sie ihn berührte.
Sie wandte sich ab und trocknete verlegen ihre Hände am Handtuch. „Ich werde nach unten gehen und einige saubere Bandagen holen.“ Ihre Wangen röteten sich, und sie senkte den Kopf, um seinem durchdringenden Blick zu entgehen. Sie legte das blutige Tuch in die Schüssel zurück und trug diese zum Waschtisch.
Die Kerze auf der Frisierkommode warf ihren hellen Schein auf Amelia und gestattete Gray einen Blick auf ihre vollen Brüste, die schlanke Taille und die
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