Weil deine Augen ihn nicht sehen
Blödeste, was wir tun können. Du musst einen Brief an den neuen Manager des Klubs schreiben, wie auch immer der jetzt heißt, und ihm darin mitteilen, dass du einen ganzjährigen Job in Florida angeboten gekriegt hast und dass du dich melden würdest. Wenn du einfach so verschwindest, werden sie sich fragen, was passiert ist.«
»Angie, ich weiß, wie die beim FBI arbeiten. In diesem Augenblick suchen sie nach allen Leuten, mit denen Lucas
je Kontakt hatte. Vielleicht steht unsere Nummer ja in seinem Adressbuch.«
»Komm mir bloß nicht damit. Er hat dich nie angerufen und sich auch nie von dir anrufen lassen, wenn ihr über eure ›geschäftlichen‹ Pläne gesprochen habt, es sei denn, ihr hattet beide eure Prepaid-Handys.«
»Angie, wenn einer von uns auch nur einen einzigen Fingerabdruck in diesem Wagen hinterlassen hat, werden die Bullen in ihren Datenbanken darauf stoßen.«
»Du hast Handschuhe getragen, als du den Wagen geklaut hast, und als du Lucas’ Wagen zu seiner Wohnung zurückgefahren hast, auch. Außerdem, selbst wenn sie welche finden sollten, wir sind beide von der Bildfläche verschwunden. Du bist jetzt seit fünfzehn Jahren als Clint Downes bekannt. Also hör auf damit, hör auf, hör auf!«
Kathy war beinahe eingeschlafen. Als Angie die Stimme erhob, glitt sie von ihrem Schoß herunter, stellte sich vor Angie und Clint und schaute zu ihnen auf.
Plötzlich änderte sich Angies Stimmung, und sie sagte: »Ich bin sicher, dass Stevie mir mit der Zeit immer ähnlicher werden wird, Clint. Du scheinst das mit dem Dampf sehr gut gemacht zu haben. Sie scheint jetzt besser Luft zu bekommen. Aber ich werde trotzdem den Verdampfer die Nacht über laufen lassen. Außerdem hat sie ein paar Cornflakes gegessen, das wird ihr gut getan haben.«
»Angie, sie braucht richtige Medikamente.«
»Darum werde ich mich schon kümmern, mach dir keine Gedanken.« Angie erzählte Clint nicht, dass sie im Badezimmerschrank gewühlt und ein paar Penizillinkapseln und Hustensaft gefunden hatte, die von Clints übler Bronchitis im letzten Jahr übrig geblieben waren. Sie hatte Kathy von dem Hustensaft gegeben. Wenn das nicht hilft, werde ich eine Kapsel aufbrechen und in Wasser auflösen, dachte sie. Penizillin hilft so ziemlich gegen alles.
»Warum musstest du unbedingt Gus zusagen, dass wir uns heute Abend treffen? Ich bin hundemüde. Ich hab keine Lust, auszugehen.«
»Du musst dich mit ihm treffen, weil diese Nervensäge jemanden braucht, an den sie hinlabern kann. Auf diese Weise wirst du ihn los sein. Du kannst ihm sogar erzählen, dass du einen neuen Job annehmen wirst. Du musst nur aufpassen, dass du nicht nach ein paar Bier anfängst, ihm etwas von deinem alten Freund Lucas vorzuheulen.«
Kathy drehte sich um und lief ins Schlafzimmer. Angie stand auf, um ihr zu folgen. Sie sah zu, wie Kathy die Decke aus dem Kinderbett zog, sich darin einwickelte und auf den Boden legte.
»Hör mal zu, Süße, wenn du müde bist, gibt es ein Bett, in dem du schlafen kannst«, fuhr Angie sie an. Sie nahm das Mädchen, das sich nicht wehrte, auf den Arm und wiegte sie hin und her. »Hat Stevie seine Mommy lieb, hmmm?«
Kathy schloss die Augen und wandte den Kopf ab. Angie schüttelte sie. »Ich hab es langsam satt, von dir so behandelt zu werden, wo ich doch immer so nett zu dir gewesen bin. Und fang ja nicht wieder mit deiner Geheimsprache an.«
Das durchdringende Geräusch der Türklingel ließ Angie erstarren. Vielleicht hatte Clint doch Recht. Vielleicht sind ihm die Bullen tatsächlich schon auf die Spur gekommen, dachte sie, vor Angst wie gelähmt.
Durch die angelehnte Tür hörte sie, wie Clint sich mit langsamen, schlurfenden Schritten zur Haustür bewegte und öffnete. »Hallo, Clint, alter Junge. Hab gedacht, ich hol dich ab und erspar dir das Fahren. Du kannst Angie sagen, nach zwei Bier ist heute Abend Schluss bei mir, heiliges Ehrenwort.« Es war die dröhnende Stimme von Gus, dem Klempner.
Er hat den Verdacht, dass irgendetwas faul ist, dachte Angie wütend. Bestimmt hat er beide Mädchen weinen gehört und ist neugierig geworden. Kurz entschlossen
wickelte sie die Decke fest um Kathy, so dass nur noch ihr Hinterkopf mit den kurz geschnittenen braunen Haaren zu sehen war, und trat ins Wohnzimmer.
»Hi, Gus«, sagte sie.
»Oh, Angie, hi. Das ist das Kind, auf das du aufpassen musst?«
»Ja. Das ist Stevie. Das ist derjenige, den du gestern Abend hast weinen hören. Seine Leute sind bei einem
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