Weil Du an die Liebe glaubst
Papier zu Asche zerfiel. Mit Glück würde dies die letzte Verbindung gewesen sein, die er je mit der Familie Kenyon gehabt hatte.
Er hob seinen Kopf. Lucien hatte den besorgten Gesichtsausdruck, den Michael zuvor bei seinen Freunden gesehen hatte, wenngleich nicht in den vergangenen beiden Jahren. Er wollte Luce versichern, daß es keinen Anlaß zur Sorge gab, war aber zu erschöpft, um die richtigen Worte zu finden. Er sagte: »Ich erwarte nichts Wichtiges, aber falls du mich dringend erreichen mußt – ich werde mich auf der Isle of Skoal aufhalten, unter dem Namen Colin Melbourne.«
Sein Freund hob die Brauen. »Was hast du vor?
Täuschung ist gewöhnlich meine Spezialität.«
»Ist eher so eine Art Drachentöten.« Michael hielt inne, da er sich plötzlich seines Kindermädchens erinnerte. Fanny war ein gutmütiges Mädchen vom Lande gewesen, fast so etwas für ihn wie eine Mutter. In ihren Gutenachtgeschichten hatte sie den heiligen Georg und den Erzengel Michael zu einer abenteuerlustigen heldenhaften Gestalt namens heiliger Michael vereint. Michael träumte dann davon, Drachen zu töten, Jungfrauen zu retten und andere große Taten zu vollbringen.
Wenn er das tat, würde er gewiß die Billigung seines Vaters finden und die Hand der wunderschönsten Prinzessin der Welt bekommen.
Aber sein Vater war nicht sein Vater, und die wunderschöne Prinzessin war mit einem anderen Mann verheiratet. Schade nur, daß Fanny nicht genug Bildung gehabt hatte, um ihm von Don Quichote zu erzählen, der das wirkliche Vorbild für Michaels Leben war. Mit ernster Miene begann er eine Dampfmaschinengesellschaft zu beschreiben, in die er zu investieren gedachte. Lucien nahm den Themawechsel taktvoll hin, und es gab keine Diskussion mehr über den verstorbenen, unbeweinten Duke of Ashburton.
Erst als Michael an diesem Abend zu Bett ging, wurde ihm bewußt, welches Glück er hatte.
Catherine zu helfen war die perfekte Medizin in einer ansonsten freudlosen Zeit.
Ich wollte einen anderen Sohn. Statt dessen bekam ich dich.
Kapitel 20
»Da draußen steht eine Postkutsche«, berichtete Amy. Sie warf einen Blick über die Schulter. »Bist du sicher, daß ich nicht mitkommen kann?«
»Ganz sicher. Ich möchte mich vergewissern, ob dieser neue Großvater es verdient, meine Tochter kennenzulernen.« Catherine umarmte Amy. »Aber wenn er sich gut benimmt, stell dir vor, dann bist du vielleicht eines Tages Lady of Skoal!«
»Das klingt recht beeindruckend«, gab Amy zu.
»Wenn du den alten Gentleman magst, benachrichtige mich. Ich komme dann sofort.«
»Wir werden sehen. Ich verspreche, daß ich nicht zu lange fort sein werde.«
Catherine ging hinaus, begleitet von der ganzen Familie und beiden Hunden. Während der Kutscher das Gepäck einlud, sagte Anne: »Ich wünschte, du würdest nicht alleine reisen.«
»Mit einem Kutscher und einem Briefboten bin ich nicht allein. Außerdem ist das England, nicht Spanien. Ich werde sicher sein.« Noch mehr Schuld. Jetzt belog sie ihre beste Freundin. Es war eine Erleichterung, sich auf den Weg machen zu können.
Eine halbe Stunde später hielt die Kutsche an einer betriebsamen Kutschenstation, um Michael abzuholen. Nachdem sein Gepäck verstaut war, schwang er sich in das Fahrzeug und sagte:
»Wenn Sie nichts dagegen haben, lange Stunden zu reisen, sollten wir morgen abend in Skoal sein.«
»Das hoffe ich. Ich bin sehr gespannt auf diesen Großvater.« Die Kutsche war geräumig und sehr bequem, aber Michael war dennoch zu nahe, als daß sie innere Ruhe finden konnte. Sie hatte die Aura beherrschter Kraft vergessen, die er ausstrahlte.
Sie sprachen wenig, waren beide in ihre Gedanken vertieft. Obwohl sie keine Diener hatten, bewirkte Michaels angeborene Autorität sofortige Ehrerbietung, wann immer sie anhielten, und sie erhielten die besten zur Verfügung stehenden Pferde. Sie kamen sehr zügig voran.
Michael kannte die Straße gut, und Catherine stellte fest, warum, als sie ein Dorf in Wiltshire erreichten, das Great Ashburton hieß. Es war Markttag, und die Kutsche verlangsamte ihre Fahrt, als sie über den Marktplatz fuhren.
Schläfrig fragte sie: »Hat dieses Dorf etwas mit Ihrer Familie zu tun?«
Er schaute blicklos aus dem Fenster. »Ashburton Abbey, der Familiensitz, liegt etwa zwei Meilen von der Straße entfernt, die wir gerade passiert haben.«
»Gütiger Himmel.« Sie richtete sich auf. Ihre Müdigkeit war verflogen. »Dies ist Ihr Zuhause?«
»Ich bin hier geboren und
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