Weil du ein zärtlicher Mann bist
seine Gefühle verletzen wollte. Außerdem, wenn hier jemand verletzt wurde, dann würde es mit Sicherheit sie sein. Weil sie sich nicht länger etwas vormachen konnte. Der Mann war ungewöhnlich attraktiv. Und er würde nicht mehr lange Single bleiben. Irgendeine andere Frau würde daherkommen und ihn sich schnappen.
Und sie? Sie würde sich auf ewig vor Kummer darüber verzehren, was hätte sein können. “Und jetzt bist du wütend auf mich.”
Er nickte und kam immer weiter auf sie zu. “Ja, da hast du verdammt recht, Corinne. Ich bin wütend.”
“Ich weiß.” Sie gestattete sich nicht, vor ihm Reißaus zu nehmen, griff aber für alle Fälle hinter sich zum Konferenztisch, um sich abzustützen. “Ich weiß es, aber …”
“Nein, ich glaube nicht, dass du es weißt.” Er blieb ganz dicht vor ihr stehen, sodass sie den Kopf zurücklegen musste, um ihm ins Gesicht zu sehen, doch noch wich sie nicht vor ihm zurück.
Sie wich vor niemandem zurück.
“Mir wird langsam klar, dass du gar nichts von mir oder meinen Gefühlen weißt”, sagte er. “Überhaupt nichts.” Er neigte den Kopf und betrachtete sie einen Moment. “Vielleicht bist du ja wirklich eine Eiskönigin, wie alle sagen.”
Der heftige Schmerz in der Brust, den seine Worte verursachten, verschlug ihr den Atem. Unbewusst sah sie an sich hinab, rieb sich die schmerzende Stelle und war beinahe überrascht, dort kein Blut zu finden. “Du denkst auch, ich bin eine Eiskönigin?”
“Dann schau mich wieder an und sag mir, dass du es nicht bist. Sag mir ins Gesicht, dass die Gefühle, die in mir toben, dich nicht kaltlassen. Sag es”, bat er leise und streckte die Hand nach ihr aus, um sie dazu zu bringen, ihn wieder anzusehen. Doch sie hielt den Blick gesenkt. Sie hatte genug von diesem Gerede. Und sie hatte genug von ihm, denn, verdammt noch mal, er verstand überhaupt nichts, und es wäre müßig, es ihm verständlich machen zu wollen.
Ihr ganzes Leben lang hatte sie sich vor anderen rechtfertigen müssen. Mit Ausnahme ihrer Familie. Die hatte sie immer so akzeptiert, wie sie war, und sie hatte geglaubt, dass sie irgendwann, eines Tages, die gleiche Akzeptanz von einem Mann erfahren würde. Und wenn das passierte, so hatte sie sich zumindest vorgenommen, wäre es der Mann, den sie heiraten würde.
Bis jetzt war sie so einem Mann noch nicht begegnet, und langsam fürchtete sie, dass es auch nicht geschehen würde. Noch eine bittere Enttäuschung, zu wissen, dass Liebe, die wahre Liebe, ihr für immer verwehrt bliebe.
“Corinne.”
Mikes Stimme war so weich, so drängend. Sie hob den Kopf, bereits halb versöhnt, da kam Stephen, gefolgt von Frank, ins Zimmer.
“Alle bereit?”, fragte Frank aufgeräumt und rieb sich die Hände. Nichts machte ihn glücklicher als eine der Simulationsübungen, etwas, was sie gleich nach der Besprechung vornehmen würden.
“Dann lasst uns anfangen”, meinte Stephen. Beide schienen sie die Spannung, die in der Luft hing, nicht zu bemerken.
Jimmy kam als Nächster herein. Er jedoch schien ein Gespür für Unstimmigkeiten zu haben, denn er ließ seinen Blick aufmerksam zwischen der Kommandantin und dem Piloten hin und her wandern. “Was ist los?”
“Nichts”, antwortete Corinne hastig. Viel zu hastig, verflixt. Sie merkte, dass ihr die Kontrolle zu entgleiten drohte, und wusste, dass sie sich jetzt zusammenreißen musste. “Wir bereiten uns nur auf die Besprechung vor und sind einige Punkte schon einmal durchgegangen.”
Jimmy zog misstrauisch die Augenbrauen zusammen. Und auch Frank und Stephen schienen jetzt etwas zu wittern.
“Haben wir was verpasst?”
“Ja, Doughnuts”, erklärte Mike lachend und schockierte Corinne mit seinem Rettungsversuch, zumal sie ihn beim letzten Mal deshalb gescholten hatte.
“Es gab Doughnuts, und ihr habt sie alle aufgegessen?” Stephen seufzte. “Dafür schuldest du mir was, Mike.”
“Wir haben zwei Gruppen von Leuten in diesem Team”, meinte Mike, wobei er Corinne ansah. “Die Schnellen und die Hungrigen.”
Frank lachte. “Nun, zähl mich zu den Hungrigen.”
“Verdammt”, stöhnte Jimmy gespielt enttäuscht und zog sich einen Stuhl unter dem Tisch hervor.
Stephen drohte Mike mit dem Finger. “Dann zahlst du heute das Mittagessen, mein Lieber. Inklusive Nachtisch.”
Corinne lachte jetzt auch, was allerdings ziemlich gekünstelt klang, und griff nach ihren Unterlagen. “Das Mittagessen spendiere ich. Wir müssen ordentlich Kalorien
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