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Weil du fehlst (German Edition)

Weil du fehlst (German Edition)

Titel: Weil du fehlst (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Frey
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ebenfalls gesehen, und Mr Rosen winkte uns lächelnd zu.
    »Was Ms Wells nur an ihm findet«, murmelte Selma. »Beziehungsweise Mrs Rosen . Die beiden haben sich, lovestorymäßig, an dieser Schule kennengelernt. Und bamm, war sie schwanger. Und noch mal bamm, haben sie geheiratet. Dabei hätte sie jeden haben können mit ihrem Aussehen. Ein paarmal haben wir befürchtet, sie würde sich Mr Walenta schnappen, aber dann war es Mr Rosen.«
    »Liebe!«, rief der erste Poetry-Slam-Teilnehmer in diesem Moment. Auf seiner Brust klebte ein Teilnehmerschild mit der Nummer Eins. »Verdammt: Liebe! Liebe! Liebe!«
    Das Licht war ausgegangen, nur ein Scheinwerfer erhellte die Bühne.
    »Das ist Josh«, informierte mich Selma. »Ich bin zweimal mit ihm ausgegangen im vergangenen Frühling. Er ist nett, aber er kann nicht küssen. Trotzdem ist er sehr überzeugt von sich.«
    »Verdammte Liebe. Elende Liebe!«, rief Josh und sackte in die Knie. So ging es eine Weile weiter. Und nach Josh und seiner verdammten Liebe kam eine Tessie an die Reihe, und nach ihr eine Giulia, ein Hassan, eine Ally, eine Flavia.
    »Gefällt es dir?«, fragte Selma in der Pause.
    Dasselbe fragte mich Mr Rosen, dem ich am Getränkebuffett begegnete.
    Ich nickte und bezahlte meine Cola Zero.
    »Und, meinst du, die Theater-AG ist vielleicht doch etwas für dich?«
    Bevor ich antworten konnte, kam Mrs Rosen zurück. Sie steckte gerade ihr Handy wieder in die Handytasche.
    »Alles in Ordnung. Sie schläft«, sagte sie erleichtert und lächelte mir ebenfalls zu. Mr Rosen stellte uns vor.
    »Kassandra ist neu in Great Emeryville«, erklärte er. »Und das ist meine Frau. Sie hat nur rasch mit unserem Babysitter telefoniert und nachgefragt, ob unsere Tochter schläft.«
    »Sie ist erst sieben Monate alt«, erklärte Mrs Rosen. »Und sie bekommt gerade die ersten Zähne.«
    Selma hatte recht, Mrs Rosen war sehr hübsch. Sie war klein, hatte rote, hochgesteckte Haare und Sommersprossen. Sie war auf keinen Fall das, was man sich unter einer Mathematiklehrerin im herkömmlichen Sinne vorstellte.
    Nach der Pause kamen ein paar lustige Auftritte. Ein Jerome reimte zum Thema Schluckauf, ein Wladimir spickte sein Gedicht über das Leben als lebenslanger, frustrierter Single mit russischen Gesangseinlagen, eine Yuki Kikuchi verdrehte altbekannte, amerikanische Kinderverse, bis sie sich nur noch grotesk anhörten. Es gab viel Applaus.
    »Jetzt kommt Milt«, flüsterte Selma, die im Programmheft geblättert hatte. »Mit ihm war ich auch schon mal aus. Pass auf: Er ist der Hammer. Die letzten beiden Male hat er gewonnen!«
    Milt humpelte auf die Bühne und schaute eine Weile ernst und mit fast versteinerter Miene ins Publikum.
    »Das Humpeln ist nicht gespielt. Etwas mit seinem Bein stimmt nicht. Er ist ein sehr ernster Typ«, flüsterte Selma mir zu. Ein paar Leute um uns herum machten Pssst. »Er hat als Kleinkind einen Autounfall überlebt, bei dem sein Vater starb, musst du wissen.«
    Ich fröstelte, als ich das hörte. Warum auch immer.
    »Angst. Angst und Dunkelheit«, sagte Milt plötzlich leise, fast geflüstert. Seine Stimme klang belegt. »Angst und Dunkelheit und ein Bersten. Ein Bersten in mir. Um mich. Unter mir. Bodenlosigkeit …«
    Ich hielt die Luft an, weil ich plötzlich das Gefühl hatte, nicht mehr atmen zu können. Was, um Himmels willen, passierte mit mir? Was beschrieb dieser Milt da? Warum kam er nicht zum Punkt? Redete er von diesem Autounfall, den er als Kind erlebt hatte?
    Ich musste auf einmal an meine Wolke denken. Nein, sie war nicht da. Aber irgendwie war sie doch da. Nicht wie nachts in meinen verrückten Träumen. Und auch nicht wie vor ein paar Wochen auf dem Schulhof dieser Schule. Es war, als sähe ich sie diesmal wirklich. Aus einer anderen Perspektive, meine ich. Ich schaute sie von außen an. Für einen Moment. Wenigstens kam es mir so vor.
    Die Wolke wallte aufwärts und hing nun über uns, nein, was sage ich, über mir und deckte mich mit ihren lauten Schatten zu. Hüllte uns, nein mich, ein. Dröhnte in meinen Ohren, und das Licht verließ den Himmel. Alles wurde grau. Verschwommen. Und dann schwarz.
    Es war wie ein Déjà-vu. Ich kippte zur Seite, Selma legte erschrocken ihren Arm um mich, ich spürte Schweiß auf meinem Rücken und in meinem Gesicht. Dazu Tränen. Ich fror.
    »Was hast du? Oh, Kassandra, was hast du?«, sagte Selmas Stimme. Milt, oben auf der Bühne, verstummte. Licht flammte auf, als Selma und andere,

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