Weil du mich beruehrst
nicht an Gerards Avancen interessiert war. Doch seit Ian wieder da war, schien Gerards Anziehungskraft auf sie alles nur noch nebulöser zu machen. Dabei sehnte sie sich nach einer klaren Sicht auf die Dinge.
»Francesca möchte gerne allein sein, wenn sie arbeitet«, erklärte Ian, als Gerard gerade zu sprechen anhob – um zu protestieren, hätte Francesca vermutet. »Sie kann sich sonst nur schlecht konzentrieren.«
Um den Schmerz zu verbergen, der sie durchzog, als Ian das laut aussprach, was sie ihm einmal in einem intimen Moment gestanden hatte, führte sie die Tasse erneut zum Mund. Es fühlte sich sehr seltsam an, gleichzeitig verbunden zu sein mit ihm und durch seine Taten deutlich auf Abstand gehalten zu werden. Das war plötzlich kaum mehr auszuhalten. Es schnürte ihr die Luft ab. Sie wollte nur noch alleine sein.
»Es stimmt«, erklärte sie Gerard entschuldigend. »Wenn Menschen um mich herum sind, werde ich ganz steif.«
»Dann gehen wir eben.« Gerard zuckte mit den Schultern. »Ich habe auch eine ganze Reihe Fragen an dich, Ian.«
»Großvater hat bei Higsby’s letzten Monat auf ein altes Motorrad mit Boxer-Motor aus dem Zweiten Weltkrieg geboten. Wollen wir uns das mal anschauen?«, hörte sie Ian Gerard vorschlagen, als sie zur Tür gingen.
»Fährt es denn noch?« Francesca war froh, in Gerards Stimme einen interessierten Unterton zu hören. Ian gab sich zumindest Mühe. Wahrscheinlich fühlte er sich wegen der Strenge seinem Cousin gegenüber schlecht. Ian hatte ihr immer erzählt, dass Gerard und er sich nahestanden. Wenn sie nicht miteinander auskamen, lag das wahrscheinlich an Ians unangebrachter Eifersucht.
»Nach ein paar kleineren Arbeiten.« Ian öffnete die Tür, und Kälte zog herein. »Ich kann das Häuschen im Auge behalten, aber schließe die Tür trotzdem ab, wenn wir fort sind«, rief er Francesca noch zu.
Francesca verdrehte die Augen.
»Francesca?«, forderte er sie in seiner rauen, überwältigenden Stimme auf. Sie hielt seinem Blick widerstrebend stand. »Den Schlüssel zwei Mal rumdrehen. Bitte.«
»In Ordnung.« Sie murmelte ihr Einverständnis und hätte alles zugesagt, was ihn schneller aus der Tür hinausgebracht hätte. Es schien ihr, als hätte sie seit ihrem Auftauchen im Salon heute Mittag noch nicht ein einziges Mal ihre Lungen vollständig mit frischer Luft versorgt. Nachdem sie hinter den beiden Männern die Tür zugeschlagen und sie zugeschlossen hatte, holte sie dies nach.
Länger konnte sie es nicht aushalten. Sollte Ian nicht in Kürze aus Belford abreisen, wäre sie diejenige, die gehen würde. Es war schlicht eine Frage des Überlebens.
Aber könnte sie das wirklich? Könnte sie nach so vielen Monaten der Sorge, nach so vielen unerträglichen Nächten, in denen seine Abwesenheit ein Loch in ihre Seele gebohrt hatte, wirklich von ihm fortgehen?
Wenn er es kann, kannst du es auch.
Irgendwie half dieser trotzige Gedanke ihr kein Stück weiter.
Ian und Gerard kamen von ihrer Erkundung der Außenanlagen zurück, doch glücklicherweise verlieh ihr die Konzentration auf die Zeichnung ein gewisses Maß an Verteidigungsbe reitschaft.
Zumindest glaubte sie das.
Jemand klopfte leise an die Tür, schloss dann aber gleich mit dem Schlüssel auf. Ian. Er wusste, sie würde in ihre eigene, kleine Welt versunken sein. Sie saß auf einem Stuhl vor dem Panoramafenster und blickte sich abgelenkt um. Er ging zum Kamin. Wild sah er aus und attraktiv, mit dem Arm voller Holzscheite und seinem kurzen, vom Wind zerzausten Haar. Er schaute ihr in die Augen, sagte aber nichts, sondern entfachte mit dem Holz das Feuer neu. Sie wandte sich wieder dem Skizzenblock zu, der in ihrem Schoß lag und auf dem sie ihre Hand abgelegt hatte, und nahm halbbewusst Gerard wahr. Er stand für einen Augenblick auf der Türschwelle und beobachtete sie, bevor er wieder hinausging und die Tür hinter sich schloss.
Der Gedanke, dass Ian und sie nun allein in dem Gartenhäuschen waren, beanspruchte ihre ganze Aufmerksamkeit. Unbehaglich schluckte sie. Ihre Konzentration war von der Aussicht vor ihr und dem sich entwickelnden Bild auf dem Papier zu den von Ian verursachten Geräuschen hinter ihr gewandert. Worüber hatten Gerard und er gesprochen? Würde er mit ihr reden wollen, jetzt, wo sie alleine waren?
Sie hörte das scharrende Geräusch seiner Stiefel auf dem Marmorboden an der Feuerstelle. Er hängte das Schüreisen zurück auf den Halter, mit dem dumpfen Klang von Metall auf
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