Weil Ich Euch Liebte
schmolzen Butter und Marshmallows, mischten alles in einer riesigen Schüssel und füllten es in eine Auflaufschale. Glücklich und zufrieden nahm Kelly sich jeden Tag einen Keks mit in die Schule.
Ungefähr einen Monat später war Kristen bei Kelly zum Spielen. Irgendwann fragte sie beiläufig, ob wir auch noch Schokochips in die Kekse tun könnten. So mochte sie sie ganz besonders gern. Kelly hatte jeden Tag ihre Kekse gegen Kristens Kartoffelchips eingetauscht.
Diese Geschichte fiel mir wieder ein, als ich in den Gang mit den Frühstücksflocken kam. Ich musste lächeln. Wie lange das schon her war. Es wäre bestimmt nett, an einem der nächsten Abende mal wieder solche Kekse mit Kelly zu backen. Irgendwann im Lauf der dritten Klasse hatte sie nämlich selbst Geschmack an ihnen gefunden.
Ich streckte die Hand nach einer Packung aus, genau in dem Moment, als jemand anderes – eine Frau Ende dreißig, Anfang vierzig – genau das Gleiche tat. Sie war in Begleitung eines Jungen. Dunkles Haar, Jeans und Jeansjacke, dazu Laufschuhe mit einem Muster aus Streifen und Kringeln. Ich schätzte ihn auf sechzehn, siebzehn.
»Verzeihung«, sagte ich zu der Frau und zog den Arm zurück. »Nach Ihnen.«
Erst jetzt sah ich sie an. Und gleich noch einmal. Ich erkannte sie sofort. Ebenso wie den Jungen bei ihr.
Bonnie Wilkinson. Mutter von Brandon, Ehefrau von Connor.
Die beiden Menschen, die gestorben waren, als sie in Sheilas Wagen rasten.
Dann musste der Junge ihr Sohn Corey sein. Seine Augen wirkten erloschen, als hätten sie alle Tränen seines Lebens bereits vergossen.
Bluse und Hose waren Bonnie Wilkinson viel zu weit, ihr Gesicht war grau und verhärmt. Sie öffnete den Mund und vergaß ihn zu schließen, als ihr klarwurde, wer neben ihr stand.
Ich zog meinen Wagen zurück, um den beiden Platz zu machen. Ich brauchte keine Rice Krispies. Jedenfalls im Moment nicht. »Bin schon weg«, sagte ich.
Da fand sie ihre Sprache wieder, wenn auch mit Müh und Not. »Warten Sie nur ab«, sagte sie.
Ich blieb stehen. »Wie bitte?«
»Sie bekommen auch noch, was Sie verdienen«, sagte sie. »Und nicht zu knapp.« Ihr Sohn durchbohrte mich mit seinem erloschenen Blick.
Ich ließ meinen halbvollen Einkaufswagen stehen und verließ den Laden.
Ich fuhr zu einem anderen Supermarkt und holte mir dort, was ich benötigte. Und statt Rice Krispies kaufte ich, was ich für eine Lasagne zu brauchen glaubte. Ich wusste, so gut wie Sheilas würde meine nicht werden, aber probieren wollte ich es.
Auf der Heimfahrt machte ich einen Umweg, um bei Doug Pinder vorbeizuschauen.
Mein Vater hatte ihn ungefähr zu der Zeit eingestellt, als ich meinen Abschluss in Bates machte. Damals war Doug dreiundzwanzig und damit ein Jahr älter als ich. Wir hatten jahrelang Seite an Seite gearbeitet, doch es war stets klar, dass ich eines Tages der Boss sein würde, auch wenn niemand damit gerechnet hatte, dass es so bald sein würde.
Dad beaufsichtigte damals gerade die Bauarbeiten an einem Einfamilienhaus in Bridgeport. Er hatte soeben einen Pick-up mit über zwanzig großen Sperrholzplatten abgeladen, als er sich an die Brust griff und zu Boden stürzte. Der Sanitäter sagte, Dad war schon tot, ehe sein Kopf das weiche Gras berührte. Ich fuhr mit ihm im Rettungswagen ins Krankenhaus und zupfte ihm die Grashalme aus dem schütteren grauen Haar.
Dad war vierundsechzig geworden. Ich war damals dreißig. Ich ernannte Doug Pinder zum stellvertretenden Betriebsleiter.
Doug war eine gute rechte Hand. Er war Experte für Schreinerarbeiten, doch er verstand auch sonst genug vom Baugewerbe, um Arbeiten überwachen und mit anpacken zu können, wenn Not am Mann war. Und während ich eher zurückhaltend war, war Doug ein extrovertierter und herzlicher Mensch. Er wusste besser als ich, was er sagen und tun musste, um die Leute bei Laune zu halten, wenn es irgendwo brenzlig wurde. Jahrelang hätte ich nicht gewusst, wie ich ohne ihn hätte zurechtkommen sollen.
Doch in den letzten Monaten war Doug nicht mehr der Alte gewesen. Er war nicht mehr der Mittelpunkt einer Party oder wirkte zumindest nicht echt, wenn er versuchte, es zu sein. Ich wusste, dass er zu Hause Probleme hatte, und brauchte nicht lang, um zu erkennen, dass sie finanzieller Art waren. Als Doug und seine Frau Betsy vor vier Jahren ein neues Haus kauften, bekamen sie eine dieser zweitklassigen Hypotheken, bei denen man so gut wie keine Eigenmittel brauchte und die eigentlich zu schön waren,
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