Weil Ich Euch Liebte
was?«
»Ich weiß nicht«, wimmerte sie. »Ich bin so erschrocken!«
»Ich weiß, ich weiß. Kleines, ich muss sehen, ob du verletzt bist.«
Sie schniefte und nickte und ließ zu, dass ich sie auf Armeslänge von mir schob. Ich hielt nach Blut Ausschau, sah aber nirgendwo welches.
»Dich hat also kein Glas erwischt?«
»Ich hab hier gesessen.« Sie zeigte auf den Computer. Ihr Schreibtisch stand neben dem Fenster. Der Scherbenregen war an ihr vorbei ins Zimmer geprasselt.
»Erzähl mir, was passiert ist.«
»Ich saß da, und auf einmal hab ich ein Auto richtig schnell vorüberfahren gehört, und dann gab es einen Riesenkrach, und das ganze Glas kam herein. Da hab ich mich schnell im Schrank versteckt.«
»Das war sehr gescheit von dir«, lobte ich sie. »Wirklich schlau.« Ich zog sie wieder an mich.
»Was war denn das?«, fragte sie. »Hat wer auf unser Haus geschossen? War das ein Schuss?«
Das herauszufinden, dafür waren andere zuständig.
»Tja«, sagte Rona Wedmore. »So sieht man sich wieder.«
Sie kam ein paar Minuten nach den Streifenwagen der Polizei Milford an. Die Straße war abgeriegelt und ein gelbes Polizeiabsperrband um unser Grundstück gespannt worden.
»Die Welt ist ein Dorf«, erwiderte ich.
Zuerst unterhielt Wedmore sich ein paar Minuten mit Kelly. Dann wollte sie mich alleine sprechen. Als sie Kellys ängstlichen Blick sah, rief sie eine Streifenpolizistin herbei und fragte Kelly, ob sie Lust hätte, sich einmal einen Polizeiwagen von innen anzusehen. Ich versicherte meiner Tochter, dass es in Ordnung sei, mit der Polizistin zu gehen, und sie ließ sich wegführen.
»Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte Wedmore.
»Aber woher denn, Detective?«, gab ich zurück. »Hat doch nur gerade jemand versucht, meine Tochter umzubringen.«
»Mr. Garber, ich weiß, Sie sind jetzt sehr aufgeregt. Wenn Sie es nicht wären, würde ich mich fragen, ob mit Ihnen etwas nicht stimmt. Aber lassen Sie uns einen Schritt nach dem anderen machen, damit wir erkennen, was wir wissen und was nicht. Was wir wissen, liegt auf der Hand: Jemand hat auf Ihr Haus geschossen und das Fenster im Zimmer Ihrer Tochter zertrümmert. Aber das ist auch schon alles, was wir mit Sicherheit sagen können. Es sei denn, es gibt etwas, das Sie wissen, mir aber nicht gesagt haben.«
Ich atmete ein und aus.
»Eigentlich ist es sogar ziemlich unwahrscheinlich, dass jemand es auf Ihre Tochter abgesehen hatte, wenn man sich anguckt, wo sie saß, als der Schuss fiel. Man hätte sie von der Straße aus gar nicht sehen können. Noch dazu waren die Vorhänge fast ganz zugezogen. Und noch etwas: Kelly ist erst acht, also nicht sehr groß, und niemand, der von der Straße aus in diesem Winkel durch ein Fenster schießt, kann ernsthaft erwarten, jemanden, der so klein ist, tatsächlich zu treffen.«
Ich nickte.
»Trotzdem hat jemand auf dieses Fenster geschossen. Haben Sie irgendeinen Verdacht, wer das getan haben könnte?«
»Nein«, sagte ich.
»Gibt es niemanden, der ein Hühnchen mit Ihnen zu rupfen hat? Niemanden, den Sie gegen sich aufgebracht haben?«
»Es gibt mehr Leute, die eine Wut auf mich haben, als ich zählen kann, aber keinen, der auf mein Haus schießen würde. Wenigstens glaub ich das nicht.«
»Officer Slocum wäre wahrscheinlich einer auf der Liste derer, die Grund haben, wütend auf Sie zu sein.« Ich sah sie an, sagte aber nichts. »Ich war bei der Feier. Wir haben uns dort kennengelernt. Und ich weiß, was Sie getan haben. Ich weiß, dass Sie Officer Slocum eine gelangt haben.«
»O Mann, glauben Sie, er war das?«
»Nein«, sagte sie scharf. »Das glaube ich nicht. Aber wen haben Sie in letzter Zeit sonst noch geschlagen und schon wieder vergessen? Muss ich eine Liste machen?«
»Ich hab’s nicht vergessen – hören Sie, ich steh ein bisschen neben mir, ja?«
»Klar.« Sie schüttelte den Kopf. »Sie können von Glück reden, wissen Sie das?«
»Was? Weil jemand auf meine Tochter geschossen hat?«
»Weil Sie sich nicht wegen Tätlichkeit gegen einen Polizisten verantworten müssen.«
Daran hatte ich auch schon gedacht.
»Er wollte nichts gegen Sie unternehmen. Ich habe persönlich mit ihm darüber gesprochen. Wenn mir jemand bei der Gedenkzeremonie für meinen Ehemann einen Kinnhaken verpassen würde, dem würde ich einen Prozess anhängen, dass er nur so mit den Ohren schlackert.«
»Warum tut er’s nicht?«
»Keine Ahnung. Ich habe nicht den Eindruck, dass Sie beide dicke Freunde sind.
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