Weil ich Layken liebe
Stunden Hausaufgaben machen.« Er hebt den Becher an die Lippen.
Ich nehme ihn ihm aus der Hand, gieße den Inhalt in meine eigene Tasse und werfe den Becher in den Mülleimer. Dann hole ich einen kleinen Karton Fruchtsaft aus dem Kühlschrank und stelle ihn vor ihn hin.
Kel verdreht die Augen, stößt mit dem Strohhalm ein Loch in die Folie und trinkt geräuschvoll. »Hast du gar nicht mitgekriegt, dass Moms Kombi gestern Abend gekommen ist? Wir mussten die ganzen Kartons allein ausladen.« Er will mir offensichtlich ein schlechtes Gewissen machen.
»Zieh dich an«, sage ich. »In einer Viertelstunde müssen wir los.«
Nachdem ich Kel an der Grundschule abgesetzt habe, fängt es schon wieder an zu schneien. Ich hoffe, dass Will mit seiner Vorhersage, es würde bald wieder wärmer werden, recht behält. Ich hasse Schnee. Ich hasse Michigan.
In der Schule gehe ich als Allererstes ins Sekretariat. Mrs Alex hackt auf ihre Tastatur ein. Als sie mich bemerkt, verdreht sie die Augen.
»Lassen Sie mich raten? Sie wollen fürs Mittagessen lieber in Gruppe C eingeteilt werden?«
Anscheinend ist sie auch kein Morgenmensch. Vielleichthätte ich ihr Kels Kaffee mitbringen sollen. »Nein. Ich bin hier, weil ich fragen wollte, welche Wahlpflichtkurse für meinen Jahrgang in der dritten Stunde sonst noch angeboten werden. Ich möchte in einen anderen Kurs wechseln.«
Mrs Alex mustert mich über den Rand ihrer Brille. »Sind Sie nicht im Lyrikkurs bei Mr Cooper? Das ist einer der beliebtesten Kurse dieses Jahr.«
»Ja, genau da bin ich«, bestätige ich. »Und ich würde gerne wechseln.«
»Bis Ende der Woche können Sie es sich noch überlegen. Danach sind keine Änderungen mehr möglich.« Sie zieht einen Zettel aus einer Schublade und reicht ihn mir. »Welcher Kurs würde Ihnen denn stattdessen zusagen?«
Ich überfliege das Angebot für die dritte Stunde:
Botanik
Russische Literatur
Tolle Auswahl.
»Mal sehen …«, sage ich, als wäre ich Kandidatin in einer Quizshow. »Okay, dann setze ich zweihundert und entscheide mich für die Kategorie Russische Literatur.«
Mrs Alex verdreht die Augen und gibt etwas in ihren Computer ein. Ich schätze, solche lahmen Gags hört sie mehrmals täglich. Sie druckt mir meinen dritten Stundenplan innerhalb von zwei Tagen aus und reicht ihn mir zusammen mit einem gelben Formular.
»Lassen Sie das von Mr Cooper unterschreiben und bringenSie es vor der dritten Stunde hier vorbei, dann ist alles geregelt.«
»Super«, murmle ich und verabschiede mich.
Nachdem ich es geschafft habe, Wills Klassenzimmer wiederzufinden, stelle ich erleichtert fest, dass die Tür abgeschlossen ist. Da ein Wiedersehen mit ihm sowieso nicht auf meiner To-do-Liste stand, entscheide ich mich dafür, die Angelegenheit ohne ihn zu regeln. Ich ziehe einen Kuli aus meinem Rucksack, drücke das gelbe Formular gegen die Klassenzimmertür und will gerade dazu ansetzen, Wills Unterschrift zu fälschen, als mich eine Stimme unterbricht. »Das ist keine gute Idee.«
Ich fahre herum. Will steht hinter mir. Über seiner Schulter hängt eine schwarze Tasche und er hat einen Schlüsselbund in der Hand. In mir zieht sich alles zusammen, als ich ihn ansehe. Er trägt beige Chinos und ein schwarzes Hemd, das seine grünen Augen perfekt zur Geltung bringt und es mir schwer macht, den Blick abzuwenden. Er sieht so … erwachsen aus.
Ich gehe einen Schritt zur Seite, als er sich nähert, um die Tür aufzuschließen. Er betritt den Raum, schaltet das Deckenlicht an und legt seine Tasche auf den Tisch. Als ich ihm nicht folge, winkt er mich zu sich herein.
»Hier.« Ich lege das Formular aufs Pult. »Na ja, du warst nicht da, deswegen dachte ich, ich erspare dir die Mühe«, sage ich trotzig.
Will greift nach dem Blatt und wirft einen Blick darauf. »Russische Literatur? Ist das dein Ernst?«
»Die Auswahl war begrenzt. Entweder das oder Botanik.«
Er zieht seinen Stuhl hervor und setzt sich, greift nach einem Kuli, streicht das Papier glatt und setzt den Stift an. Dann zögert er und legt ihn hin, ohne unterschrieben zu haben.
»Hör zu, ich hab gestern viel nachgedacht … über das, was du gesagt hast«, beginnt er. »Es ist unfair, von dir zu verlangen, dass du den Kurs wechselst, nur weil ich damit ein Problem habe. Wir wohnen hundert Meter voneinander entfernt, unsere Brüder sind gerade dabei, die dicksten Freunde zu werden – vielleicht ist es sogar ganz gut, wenn du im Kurs bleibst. Dann haben wir die
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