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Weil sie sich liebten (German Edition)

Weil sie sich liebten (German Edition)

Titel: Weil sie sich liebten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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Rundgang würde mit einem Mittagessen in der Kantine enden, im
Allgemeinen das bestechendste Verkaufsargument bei vierzehnjährigen Jungen. Die
Kantine in Avery war einer Mensa sehr ähnlich eingerichtet, mit mehreren Theken
und vielen verschiedenen Angeboten. Schüler mit großem Hunger konnten sich unbegrenzt
Nachschläge holen. Mit der Aussicht auf Spareribs, Tacos und Makkaroniauflauf
mit sechs Gläsern Milch und vier Stück Schokoladenkuchen zum Nachtisch war für
die halbwüchsigen Jungen das Geschäft in der Regel besiegelt.
    Owen hob den Blick zu seiner Frau und sah sofort wieder weg. Annas
Miene veränderte sich nicht. Mike spürte in diesem Moment ein Ringen zwischen
Mann und Frau, einen Kampf, der vielleicht schon seit vielen Monaten geführt
wurde, von dem dies hier nur ein kleiner Teil eines möglicherweise größeren
Kampfes zwischen Ehepartnern war oder, genauer, des Kampfes, der zwischen allen Paaren ausgetragen wurde und nur in seinen
Einzelheiten differierte.
    Von Anna Quinneys Standpunkt aus gesehen war Mikes unvorhergesehene
Rutschpartie auf ihren Hof ein selten glücklicher Zufall gewesen.

Silas
    I ch hab nicht – ich hab es nicht gewollt.
Nein, das stimmt nicht, ich hab es doch gewollt, das ist die Wahrheit. In den
paar Minuten, die es gedauert hat, hab ich es gewollt. Ich war betrunken. Das
ganze Zimmer hat sich gedreht, und Musik lief, und jetzt nie wieder. Nie
wieder. Du bist fort. Du kommt nicht mehr wieder, und ich hab alles kaputt
gemacht. Wir waren zu sechst, zwei sind gegangen, warum ich nicht auch? Warum
hab ich mir nicht deinen Namen vorgesagt oder an dich gedacht? Stattdessen hab
ich nur auf die Musik gehört und auf die Wut. Dabei warst da doch du, immer,
immer, wie konnte ich das einfach weglassen, was wir beide zusammen hatten? Nie
habe ich mich so gut gefühlt. Du bist die Einzige. Wir hätten abhauen sollen.
Und sie haben alles aufgenommen, auf Band, du wirst das Band sehen. Ich weiß,
wie weh dir das tun wird, und das kann ich nicht aushalten. Nein, du darfst das
Band nie sehen. Ich muss mit dir reden, und du musst mir versprechen, dass du
niemals – aber warum solltest du mir das versprechen? Ich bin schuld. Ich war
dort. Ich hab es gewollt. Und jetzt gibt es nichts, was ich sagen oder tun
könnte. Du wirst so furchtbar traurig sein, und das kann ich nicht aushalten.

J. Dot
    I ch krieg das nicht auf die Reihe.
Überhaupt nicht. Ich kapier’s einfach nicht. So was passiert doch dauernd, oder
nicht? Ich mein, es passiert andauernd . Man besäuft
sich und macht irgendwelchen Blödsinn. Und dafür dann gleich das Fallbeil. Das
ist einfach – das ist beschissen, Mann. Echt beschissen.
    Und die größte Scheiße dabei ist, dass ich jetzt bestimmt in keine
Uni reinkomme. Ich hatte extra ein Zusatzjahr angehängt und jetzt mach ich
gerade noch mal eins. Ich komm mir inzwischen vor wie der älteste Knacker der
Welt. Ich wollte auf die Gonzaga. Ich wollte Basketball spielen. Basketball,
das war voll geil, Mann.
    Ich konnte lange nicht über das alles reden.
    Ein einziges kleines Mal Mist gebaut, und das soll einem den Hals
brechen? In der Presse haben sie mich den Anführer genannt. Das ist doch der reine Blödsinn. Wenn jemand der Anführer war, dann sie . Ich weiß, es hört sich irre an, und mein Anwalt wollte
nie, dass ich das auch nur andeute, aber das Ganze war ihre Idee. Klar, Mann,
wir waren die Älteren, wir hätten’s besser wissen müssen, aber wir waren total
breit und – ach, Scheiße – was soll’s? Warum antworte ich überhaupt auf Ihre
beschissenen Fragen? Damit der Nächste klüger ist? Soll ich Ihnen mal was
sagen? Der Nächste ist nie klüger.
    Und dann haben sie auch noch den Coach rausgeschmissen. Das war der
totale Irrsinn. Er hatte überhaupt keine Schuld an der ganzen Geschichte. Nur
weil wir zufällig alle in der Basketballmannschaft waren? Als wäre die ganze
Mannschaft ein verdorbener Haufen, und er wäre schuld dran. Hören Sie doch auf.
    Ich kapier’s echt nicht. Das Jahr hat dreihundertfünfundsechzig
Tage, und die ganze Zeit steht man unter einem Riesendruck, weil man auf eine
gute Uni will. Jeden Abend drei Stunden Hausaufgaben, dazu noch das tägliche
Training und die Spiele, der Samstagsunterricht … Und wenn man sich dann einmal einen Abend die Kante gibt und sich wie ein
Arschloch verhält, dann soll man dafür sein Leben lang büßen? Bis in alle
Ewigkeit?
    Überall haben sie mein Bild gebracht – in jeder Zeitung, bei CNN , in den

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