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Weil sie sich liebten (German Edition)

Weil sie sich liebten (German Edition)

Titel: Weil sie sich liebten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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kommen. Die Hunde hörten auf zu bellen,
sobald er die Tür aufmachte. Er bemühte sich um gute Freundschaft mit ihnen – So ist’s gut; braver Junge  –, während er rutschend und
stolpernd über den Vorplatz ging, wo er einen Basketballring über dem offenen
Garagentor bemerkte, ein Skateboard in einer Ecke der Veranda und, neben dem
Haus, ein mit einer blauen Plane zugedecktes Quad. Es gab offenbar einen
halbwüchsigen Jungen im Haus, schloss er. Er lernte Silas an diesem Tag nicht
kennen, dafür seine Mutter, Anna, die ihm an der Haustür entgegenkam. Er
erkannte sie sogleich als die Frau, die ihm gut zugesprochen hatte, als er
kopfunter im Sicherheitsgurt seines Wagens gehangen hatte.
    »Ich möchte mich bei Ihnen bedanken«, erklärte Mike, nachdem er sich
vorgestellt hatte und in das kleine Haus getreten war, »und würde Ihnen gern
den Schaden ersetzen, den ich an Ihrem Zaun und Ihrem Briefkasten angerichtet
habe.«
    Sie drückte eine Hand auf die Stelle, an der ihr haferbrauner
Wollpullover geknöpft war und wies zum Küchentisch. »Setzen Sie sich doch«,
sagte sie und setzte Wasser auf, sicher nicht nur, um dem Gast etwas anbieten zu
können, vermutete Mike, sondern auch, um etwas zu tun zu haben.
    »Danke«, sagte er.
    Er zog seine Handschuhe aus, legte sie auf den Tisch neben ein
blaues Webset und knöpfte seinen Mantel auf. Er hatte den Eindruck, dass er
Anna Quinney, in Jeans und Pullover, vor ihrer morgendlichen Dusche gestört
hatte; ihr hellbraunes Haar war auf einer Seite etwas plattgedrückt und auf der
anderen ein wenig zerzaust. Sie hatte breite Hüften und lange Beine, ausgewogene
Konturen. Und, soweit er sehen konnte, einen schönen Busen unter dem
haferbraunen Pullover. Sie war nicht geschminkt, jedenfalls bemerkte er nichts
dergleichen. Ihr Alter schätzte er auf ungefähr vierzig.
    »Kaffee oder Tee?«, fragte sie.
    Da er angesichts des Wasserkessels auf Pulverkaffee tippte, bat er
um Tee. Sie lehnte sich an die Arbeitsplatte und verschränkte die Arme über der
Brust, offenbar eine Gewohnheitsgeste, die jedoch abwehrend wirkte.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte sie schließlich.
    »Erstaunlich gut«, antwortete Mike. »Zum Glück war nichts gebrochen.
Ich habe mir nur ein paar blaue Flecken geholt. Sonst geht es mir gut.
Bestens«, versicherte er, als wollte er keinen Zweifel aufkommen lassen.
    Sie lächelte erleichtert. Vielleicht hatte sie sich wegen einer
möglichen Klage Gedanken gemacht. »Wir haben Gary angerufen«, bemerkte sie.
    Gary war Gary Quinney, Polizeichef von Avery und außerdem Owen
Quinneys Bruder, das wusste Mike. »Er meinte gleich, Ihnen wäre nicht allzu
viel passiert. Wir waren hier in der Küche, als es knallte. Es war so laut,
dass wir zuerst dachten, ein Flugzeug wäre abgestürzt.«
    Mike hatte in dem Moment, als der Wagen sich überschlug, überhaupt
kein Geräusch wahrgenommen, aber er war ja auch vorübergehend bewusstlos gewesen.
    »Silas dachte, es wäre ein Erdbeben«, fügte sie hinzu.
    »Tatsächlich.«
    »Silas ist unser Sohn. Er ist vierzehn.«
    »Achte Klasse? Oder neunte?«
    »Achte«, sagte sie und nannte die höhere Schule am Ort. »Owen, mein
Mann, ist noch im Stall. Aber er kommt gleich.«
    Gut, dachte Mike. Über Geld redete er lieber mit einem Mann.
    Die Küche war nicht groß. In der Mitte stand ein runder Holztisch
mit vier kleinen Korbstühlen. Auf einem von ihnen saß Mike, dem offenen Kamin
so nahe, dass er nur den Arm hätte auszustrecken brauchen, um ihn zu berühren.
Aber der Korb mit getrockneten Blumen in der Feuerstelle sprach dafür, dass er
nicht gebraucht wurde. Auf dem Sims standen verschiedene kleine folkloristische
Gegenstände: ein hölzerner Christbaum, ein Landschaftsbild, das, wie er später
erfahren würde, Anna Quinney selbst gemalt hatte, und eine Blechlaterne. Der
Kühlschrank, in Armeslänge auf der anderen Seite des Raums, war mit einem
Mosaik aus Fotos, Zeitungsausschnitten und Reklamemagneten einheimischer
Geschäfte gepflastert, und mittendrin hing ein Kalender, auf dem Termine mit
Tinte eingetragen waren. Der Tisch war noch nicht ganz abgedeckt, in der Nähe
seiner Hand stand ein weißer Plastikteller mit einem Rest Toast und einem
Klecks roter Marmelade auf dem Rand. Trotz der Enge und des Durcheinanders,
oder vielleicht gerade deswegen, war die Küche gemütlich.
    Owen Quinney kam wie auf Kommando herein, als der Kessel zu pfeifen
begann. Mike stand von seinem Stuhl auf und stellte sich vor.
    »Oh, ich weiß,

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