Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
stutze. Vaclav, Ana und Tomek kommen aus dem Nachbardorf. Wäre es möglich, dass Vaclav Rache geübt hat, weil er sich ihm nicht unterworfen hat, weil er da geblieben ist?
Unwahrscheinlich. In den Dörfern hinter der Grenze geht es wohl weder wilder noch zivilisierter zu als hier. Das Motiv wäre einfach zu schwach.
Frankenfeld dreht sich zu mir um, er scheint nicht gerade froh, mich zu sehen.
„Franjo ist tot“, sage ich zu ihm ohne lange Einleitung. „oder wissen Sie das schon?“
Er sieht mich ungläubig an. Aber es gibt bekanntlich auch gute Schauspieler. Selbst wenn er wie heute am Kragen und am Ärmel seines Hemdes schwarze Schlieren hat, wirkt er immer gepflegt und gut gekleidet, so als wäre der Schmutz nur ein schickes Accessoire zu seinem Kellermeister-Outfit. „Was ist geschehen?“
„Wo waren Sie heute zeitig in der Früh?“
„Sie sind wohl verrückt“, fährt er mich an, „ich habe Ihre Verdächtigungen satt. Was ist mit ihm geschehen?“
„Er ist unter dem Traktor zu liegen gekommen.“
„Also ein Unfall.“
„Es sollte zumindest so aussehen.“
„Ich muss zu Frau Berthold.“
„Sie bleiben hier. Franjo hat im vergangenen Jahr auf dem Weingut Kaiser gearbeitet. Sie haben ihn wiedererkannt. Ich habe Ihren Blick gesehen. Franjo wusste viel über die illegalen Dinge, die dort laufen. Aber es war zu spät, ihn deshalb zu ermorden. Er hatte uns bereits davon erzählt.“ Ich lasse alles heraus, was wir wissen. Frankenfeld hört mir zu.
„Vollkommener Unsinn“, sagt er, „vielleicht wollte er Ihnen eine Freude machen mit diesen Märchen? Es hat Unregelmäßigkeiten bei der Bezahlung gegeben. Dafür wollte er sich offenbar rächen.“
„Sie streiten ab, mithilfe von Chips teuren Barriquewein imitiert zu haben?“
„Selbstverständlich bestreite ich das. Das war nicht so. Und wir haben auch nicht Billigwein als Qualitätswein verkauft. Franjo war kein Experte. Vielleicht hat er ein paar Dinge verwechselt. Natürlich bekamen wir auch Weinlieferungen in Tanks aus dem Ausland, aber die …“
„Wir? Sehr interessant!“
„Ich habe fünf Jahre bei Kaiser gearbeitet.“
„Und bei den Betrügereien mitgemacht. Oder haben Sie sie sogar eingefädelt?“
„Nein“, sagt Frankenfeld, „da hat es nichts gegeben.“
„Und jetzt sind Sie dabei, Evas Betrieb auszuspionieren.“
„Sie haben eine blühende Phantasie, aber Sie lesen die falschen Bücher.“
„Warum sonst haben Sie plötzlich hier angeheuert?“
„Ich habe die Familie und ihre ewigen Streitereien nicht mehr ausgehalten, reicht das?“
„Vielleicht sind Sie auch bewusst auf die Suche nach einem geschickt worden, der geplaudert hat. Immerhin: Der Reporter vom ‚Weinviertler Boten‘, Gerold, die Bankmenschen – sie wissen bereits von den Praktiken im Weingut Kaiser. Auch wenn sie alle so tun, als wäre es egal.“
„Das ist doch erlogen!“
„Wie praktisch für Sie, dass der Zeuge tot ist, nicht wahr?“
Ich muss zu laut gewesen sein, Jirji und Josef kommen her.
„Tot?“, fragt Jirji.
„Franjo …“, antworte ich leise, „Franjo ist unter den Traktor gekommen.“
Wir sind alle erschüttert. Aber Vesna scheint Franjos Tod am meisten mitzunehmen.
„Wir müssen trotzdem den Veltliner abfüllen“, sagt Eva am Nachmittag. Es ist wohl besser, sich abzulenken, weiterzumachen. Sie hat Zuckerbrot und später auch das Team der Spurensicherung zum Graben gebracht.
„Ich halte nicht aus“, ruft Vesna und rennt davon.
Ich hinter ihr drein, finde sie am Tisch beim Schuppen, an dem sie an den lauen Sommerabenden oft mit Franjo und den anderen gesessen ist.
„Komm mit“, sage ich.
Sie steht auf, wir gehen aus dem Hof in die Kellergasse. Heute ist hier mehr Betrieb als üblich, vor einem der Keller steht ein Maischewagen, man kann es riechen: Der erste Wein wird gepresst. Auch Evas Kunden haben bereits nach Sturm, dem gärenden jungen Wein, gefragt. Aber sie will lieber zuwarten. Vesna geht schnell, ich kann ihr kaum folgen.
„Du hast Franjo sehr gemocht, nicht wahr?“
„Gemocht ja, aber sonst war nix.“
Es klingt beinahe bedauernd. „Weißt du etwas, das du uns, das du mir nicht erzählt hast?“
„Nichts, das es ist. Habe dauernd Ahnung, muss etwas sein, aber ist nichts, das kommt.“ Wenn Vesna aufgeregt ist, verschieben sich bei ihr Worte und Grammatik. „Ich überlege ganze Zeit“, fährt sie fort. „Was ist mit Unfall im Keller mit Barrique? War das erstes Mal, man wollte ihn
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