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Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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hat wohl niemand dran rumgefummelt, der war schon zweimal nicht ganz dicht. Der Techniker müsste schon da sein.“
    „Du bist nicht in der Schule?“
    „Ich bleibe bis zum Begräbnis zu Hause, es ist mehr als genug zu tun. Und danach … Ich brauche die Schule nicht, ich könnte Mutter helfen.“
    „Das wird sie nicht wollen.“
    „Stimmt.“
    Mir kommt eine Idee: „Wo bewahrt ihr Scheren, Zangen oder Ähnliches auf?“
    Martina ist wirklich nicht schwer von Begriff. „Sie meinen wegen des Computerkabels?“
    Sie führt mich in den Schuppen, zu einem Schrank mit Werkzeugen. Ich sehe mir alles an, was in Frage kommt: Keine Schere, keine Zange ist entsprechend verbogen.
    „Die meisten Rebscheren liegen im Keller.“
    Wir gehen durch den Hof Richtung Kellergasse, auch hier erste Zeichen von Frühling: Büsche treiben aus, über allem ein Hauch von Optimismus. Martina holt den großen Schlüssel zum Vorkeller aus einem Ziegelvorsprung in der Seitenwand, geht voran, kramt im Halbdunkel in einem Plastikbehälter herum, bringt ihn nach draußen. Wolken ziehen rasch, in zehn Minuten kann es regnen oder es kann die Sonne strahlen. Die eine Schere ist tatsächlich verbogen, allerdings an der Spitze … Niemand würde so ein Kabel durchschneiden. Dennoch nehme ich sie vorsichtig, um keine Spuren zu verwischen, und stecke sie in meine große Tasche. Martina hat nichts dagegen. „Ich glaube nicht, dass jemand von uns das Kabel durchgeschnitten hat“, meint sie bloß.
    „Jemand könnte sich die Schere ausgeborgt haben.“
    Ich sehe einen dunkelblauen Ford zum neuen Keller fahren.
    „Der Techniker“, vermutet Martina, „ich muss zurück, unser Westösterreich-Lieferant will ein paar zusätzliche Bestellungen durchgeben, das Mail sollte schon da sein, und wenn Vaclav nicht rechtzeitig weiß …“
    „Der Weinverkauf geht gut?“
    Martinas Gesicht verschließt sich. „Noch besser als vorher. Die vielen Berichte … Sogar im Fernsehen haben sie was über … meinen Vater gebracht.“
    Ich gehe die Kellergasse entlang, sie wirkt verlassen, unecht wie eine kitschige Filmkulisse. Ich biege in die Zufahrtsstraße zum neuen Keller ein, begegne Tomek auf dem Traktor, er winkt. Für Augenblicke scheint es, als wäre gar nichts geschehen. Als könnte hier gar nichts geschehen, das die tägliche Routine bricht.
    Eva Berthold redet verärgert auf den Techniker ein. „Ist mir egal, was mein Mann gesagt hat, jetzt treffe ich die Entscheidungen. Wenn Sie den Tank nicht dicht bekommen, dann bestehe ich darauf, dass er ausgetauscht wird.“
    „Aber …“
    Sie trägt schwarze Hosen, einen schwarzen Pullover und ist noch blasser als vor einigen Tagen. Sie wirkt, als hätte sie, Schlafmittel hin oder her, schon lange kein Auge zugetan. Die beiden nehmen mich wahr, Eva kommt auf mich zu, scheint sich zu freuen. „Also: Schauen Sie, dass der Tank endgültig dicht wird“, wirft sie über die Schulter zurück.
    Im Gesicht des Technikers steht Wut. Es ist wohl nicht ganz leicht, sich in diesem Männerbusiness als Frau zu behaupten.
    „Am Samstag ist das Begräbnis, kommen Sie? Als Freundin, meine ich.“
    Ich nicke. Ich kann schlecht ablehnen, auch wenn ich mich üblicherweise vor Begräbniszeremonien drücke. „Wie geht es Ihnen?“
    „Der Alltag hält mich aufrecht.“
    „Ihre zwei großen Aufträge – schon etwas gehört?“
    „Wie man es nimmt. Ich habe natürlich sofort mit den Verantwortlichen gesprochen, schlecht, wenn sie vom Unglück aus den Medien erfahren. Sie haben mir herzlich kondoliert und gemeint, man werde sich in den nächsten Wochen melden, wenn ich es wolle, gehe alles weiter wie bisher. Aber: Entschieden ist noch nicht.“
    Das „Unglück“ nennt sie es. „Wer sind eigentlich die Mitbewerber?“
    „Das ist etwas seltsam. Oder vielleicht auch nicht. In beiden Fällen ist es das Weingut Kaiser, Sie wissen …“
    Kaiser-Wein kennt wirklich jeder. Seit Jahrzehnten TV-Werbung, Großweingut mit eigener Sekterzeugung, aber irgendwie … doch etwas aus der Mode, habe ich den Eindruck. Die Kaiserperle haben in den Siebzigern alle getrunken, die nicht allzu viel von Wein verstanden haben. Der Betrieb muss ganz in der Nähe sein …
    Eva Berthold nickt. „Ja, gleich hinter der Hügelkette, in Großhofing.“
    „Sie kennen die Besitzer?“
    „Wie man sich eben kennt in der Branche, von Weinverkostungen und so. Wobei die Geschäfte bei ihnen ein junger Kellermeister führt, Frankenfeld, verarmter Adel, die

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