Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
Kainbacher zu Oskar.
Oskar zuckt mit den Schultern. „Kann ich verstehen.“
Wirtschaftsleute unter sich. Ich muss mich einmischen.
Aber Kainbacher ist schneller: „Auch er“ – er deutet mit dem Kopf zum Bankgebäude vis-a-vis, als würde dort nicht der Niederösterreich-Chef der Bank, sondern der liebe Gott persönlich sitzen –, „auch er hat seine Vorgaben.“
„Und wer entscheidet dann eigentlich?“, frage ich.
Oskar schüttelt den Kopf, macht mir Zeichen, mich einzubremsen. Ich hasse dieses Getue.
„Sie wollten mir noch etwas unter vier, Pardon, sechs“– herzlichen Dank auch, dass er mich überhaupt noch wahrnimmt – „Augen sagen“, erinnert Oskar seinen neuen Freund.
Kainbacher nickt. „Ich will nicht illoyal sein, aber … ich kenne die Familie Berthold schon so lange. Und es hat ja auch nichts mit dem Bankgeheimnis zu tun. Es hat mich verwundert, bis Eva, ich meine Frau Berthold, erzählt hat, dass sie zu ihnen in einem Konkurrenzverhältnis steht. Das Weingut Kaiser versucht in unseren Führungsetagen Stimmung zu machen gegen die Bertholds.“
„Was tun sie?“, fahre ich scharf dazwischen.
Kainbacher seufzt, greift in seine Hosentasche, fördert ein blütenweißes Taschentuch zutage, Stofftaschentuch – wo es das heute noch gibt?, vielleicht Vorschrift unter Bankdirektoren? –, schnäuzt sich. „Das Weingut Kaiser gehört zu unseren ältesten Kunden. Auch wenn nur ein kleiner Teil der Geschäftskonten über uns läuft. Es ist nichts Offizielles. Christoph Kaiser erzählt herum, dass niemand mehr bei den Bertholds kaufen wolle, dass die arme Eva, wie er sagt, der ganzen Sache nicht gewachsen sei, dass im Keller das Chaos herrsche, ein Tank sei ausgeronnen, alles mögliche. Das fördert nicht gerade die Bereitschaft, ihr weiteren Kreditaufschub zu gewähren.“
„Und Sie hören auf ihn?“
„Es geht nicht um mich. Mir sagt man ohnehin ein zu großes Naheverhältnis zu den Bertholds nach. Gleicher Ort, den Hans kannte ich seit Kindertagen, wir waren Jahrgangskollegen, haben gemeinsam Maibäume aufgestellt und andere gestohlen, all das eben.“
Ich gebe noch nicht nach. „Und da haben Sie als guter Freund die Bertholds in diesen Kredit getrieben?“
„Die Finanzierung … birgt ein gewisses Risiko, das stimmt. Aber wenn er nicht umgekommen wäre … Ich bin mir sicher, es hätte geklappt. Sonst hätte ich nicht zugestimmt.“
„Der Weinbaubetrieb funktioniert. Die letzte Ernte war ausgezeichnet.“
„Ganz abgesehen davon, dass die Großaufträge wackeln – Bankgeschäfte haben auch viel mit Stimmung zu tun. Es gibt bei uns eben viele, die es Eva Berthold nicht zutrauen. Und wenn dann noch die Kaisers kommen …“
Ich schreie fast: „Die haben ja ein massives Interesse daran, sie schlecht zu machen!“
Direktor Kainbacher rührt gedankenverloren im Kaffee. „Ja, das habe ich unseren Leuten auch gesagt. Aber was ist, wenn sie trotzdem Recht haben?“
Als er die Bar verlassen hat, klopfe ich mit der Faust so fest auf den Tisch, dass sich einige der Gäste erschrocken nach uns umdrehen. „Verdammter Feigling“, zische ich.
Für einen Moment scheint Oskar nicht zu wissen, ob er gemeint ist oder doch der Bankdirektor. „Ich finde es sehr anständig von ihm, dass er uns von Kaiser erzählt hat. Müsste er nicht.“
„Glaubst du, dass er sich für Eva bei seinen Bankkollegen ins Zeug legt?“
„Er will eben nicht übrig bleiben. Sie haben außerdem ohnehin ein Stück weit nachgegeben: Sie wollen einen weiteren Monat zuwarten.“
„Und was ist mit der Lebensversicherung? Die müsste ihnen doch ein Jahr lang oder so reichen? Sollen sie sich eben mit ihren wunderbaren Beziehungen darum kümmern, dass sie endlich ausgezahlt wird.“
Oskar räuspert sich. „Woran Eva nicht gedacht hat: Die Lebensversicherung dient ohnehin der Kreditabsicherung. Sie ist quasi automatisch der Bank verpfändet.“
„Und was noch?“
Oskar sieht mich an. „Du bist naiv. Der Hof. Der Keller. Der supermoderne Traktor, die Kellereimaschinen.“
„Das heißt: Eigentlich gehört ohnehin alles der Bank.“
„Nur, wenn sie die Kreditrückzahlungen nicht schafft.“
„Ich muss zum Weingut Kaiser. Ich brauche dringend Wein. Von mir aus auch Sekt.“
„Du kannst dort nicht einfach …“
„Die kennen mich nicht, ich werde einfach so tun, als wollte ich Wein kaufen, und sehe mich ein bisschen um. Kommst du mit?“
„Das ist nichts für mich. Außerdem muss ich in die
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