Wein & Tod - ein Mira-Valensky-Krimi
gebraucht haben, es geht ihnen nicht gerade gut. Deswegen haben sie wohl auch so rücksichtslos Stimmung gegen Eva Berthold gemacht. Ich bin an der Story dran – professionell, meine ich, für das ‚Magazin‘. Ich würde keine neuen Konten riskieren, wer weiß, wie lange das mit Kaiser noch gut geht.“
„Die laufen sowieso über die Zentrale.“
„Und noch etwas: Warum wollen Sie, dass Aichinger den Betrieb übernimmt? Was für Sicherheiten hat er Ihnen geboten?“
„Warum? Er ist unser Kunde, er hat sich interessiert. Und wir müssen eine Lösung finden. Welche Sicherheiten – es ist Ihnen wohl klar, dass ich darüber nicht reden kann.“
„Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich?“
„Auf keiner. Ich bin Bankmanager.“
„Sie waren ein Jahrgangskollege von Hans, sind mit ihm aufgewachsen.“
„Hans ist tot. So Leid mir das tut.“
„Ich weiß nicht, wie die Leute das sehen werden“, meine ich nachdenklich, „einer tüchtigen, erfolgreichen Winzerin und Witwe wird der Kredit fällig gestellt … Wenn man das schreibt … Könnte schon sein, dass da einige auf Evas Seite und nicht auf der Seite der mächtigen Bank sind.“
Kainbacher seufzt, dreht sich abrupt um und steigt ins Auto. Ich will mit Vesna reden, es wird eng, ich brauche eine gute Idee, aber ich finde sie nirgendwo. Ihr Motorrad ist auch verschwunden. Ans Telefon geht sie nicht, aber das hört sie auch nicht, wenn sie mit ihrem Ungetüm unterwegs ist. Erst später entdecke ich am Kühlschrank einen Zettel mit ihrer Handschrift unter einem der vielen Magnetsticker: „Muss nach Wien, komme spät. Vesna.“ Hoffentlich ist nicht noch etwas passiert.
Martina taucht auf, sie ist bleich im Gesicht. Offenbar hat Eva sie angerufen. Sie taumelt, fängt sich an einem der Rebstöcke im Hof. Sie hat viel zu wenig geschlafen in den letzten Wochen. Ich renne hin, stütze sie, rieche Schnaps, will sie beinahe wegstoßen.
Martina kichert. „Ich hab sie alle unter den Tisch gesoffen, Simon und die anderen Kotzbrocken. Weißt du, was sie gesagt haben? Sie haben mich verspottet, weil ich Winzerin werden will, diese Idioten. ‚Furchenscheißer‘, haben sie gesagt, die täten eine Furche nicht einmal erkennen. Und ich bin eine g’scherte Bäuerin. Und das nur, weil ich gesagt hab, dass ich nicht mit kann zu der Megabeachparty in Kärnten. Ich habe sie herausgefordert zum Schnapstrinken, ich weiß, wie Großvater das macht, wenn er alle unter den Tisch trinkt: Ganz schnell kippt er ihn, sodass er ihn gar nicht im Mund spürt, das habe ich auch gemacht. Jetzt liegen sie alle beim Keller und sind fertig. Ich hab den Georg und den Markus angerufen, die können die aufgeblasenen Idioten eh nicht leiden, die sollen eine ganze Menge Fotos von den besoffenen Deppen machen. Und dann bin ich heim. Ich hab genug von denen. Ich hab so genug.“
Ich halte Martina ganz fest, sie wird einfach ohnmächtig, ist viel schwerer, als ich gedacht habe. Alkoholvergiftung. Verdammt. Nicht auch das noch. Ich muss den Arzt anrufen. Toll, ein weiteres Gerücht im Dorf. Ich schüttle Martina, sie kommt wieder zu sich und kotzt mir vor die Füße. Und ich bin froh darüber. Kotz alles heraus, Mädchen. Hast du die Burschen wirklich unter den Tisch getrunken? Super, Mädchen. Komm, kotz weiter.
Eva findet uns beim Gebüsch in der Nähe des hinteren Tores, sie will schon losschreien.
„Sie hat Simon und seine Partybrüder unter den Tisch gesoffen, sie hat genug von ihnen, lass sie in Ruhe“, sage ich. „Was ist mit dem Kredit?“
„Ich hab die Kreditrate pünktlich bezahlt, der Direktor wollte ihn trotzdem fällig stellen, Kainbacher hat sich für mich ins Zeug gelegt seltsamerweise. Er hat gemeint, vielleicht könnte es sonst Medienberichte geben, dass sich eine Bank das florierende Weingut Berthold unter den Nagel reißen will. Er sagt, die Leute stehen auf Geschichten von tapferen Witwen, die gegen das harte Schicksal und vor allem gegen Großbanken ankämpfen. Sag, hast du da etwas damit zu tun?“
Ich grinse, war doch gut, dass ich Kainbacher abgefangen habe.
Es ist nicht mehr als ein weiterer Aufschub, aber das Beste, was momentan drin ist.
Am nächsten Tag tauchen im ganzen Ort Fotos von Simon und seinen Freunden auf, wie sie vor dem Keller darniederliegen.
Die Unterschriften lauten: „Wien, wie es kotzt“, oder: „Fünf Wiener Wabbler von 16-jähriger Jungwinzerin unter den Tisch gesoffen.“
Der ganze Ort lacht, alle wissen Bescheid und die Bertholds
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